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Na— ;;
Attgemeine Aacglen gup.
7l— ; ;
—Da e Louisvilte g~ n
Das am 11, September Lozoville veran~
ſtaltete Friedensfeſt, hat die W daran Be~
theiligten volllommen befriedigt, obgleich es nicht an
Menſen frbitr wente detd entnenenvrretr tirtder
ausſprechen. Der „Louisville Anzeiger,“ dem wir
willig Glauben ſchenten/ ſagrdarubtr „Es herrſcht
nur eine Stimme daruůber: noch kein politiſches Er~
eigniß hat in Kentucky zu einer, das intenſivſte In~
tereſſe der Bexollkerung ſo erregenden, ſich ſo maſſen~
hast geſtaltenden Demonſtr atlon gefuhrt, wie dieſtͤ
im Geiſte der liberalen Bewegung durchgefuührte
politiſche Heſt —— u m c
Louioville hatte geſtern in der That ſeinen Feſttag;
und noch kein nationaleres Feſt iſt je bier oder an
irgend einem anderen Punklte der Union gefeiert wor~
den als dieſes. Die Bedeutung aber, welche der
große Erfolg dieſer Demonſtration fuͤr den jebigen
Wabhltampf hat, iſt Die: daß hiermit aufs Neue der
uͤberwaͤltigende Beweis dafur geliefert iſt, wie allgemein
und mit welchem Eifer, wir moͤchten ſagen, mit welchem
Enthuſtaͤmnso die Bevolkerung des Süůdens auf den
definitiven Abſchluß der Krlegopolitit durch definitives
Anerkennen der Kriegoerrungenſchaften eingeht, mit
welchem Enthuſiasmus ſie die, ihr von der liberalen
Bewegung gebotene Chance ergreift, durch vollſtaͤn
diges Wegraͤumen des alten Schuttes Bahn zu
brechen fuůr eine neue, beſſere Zukunft.“ Tauſende
und Tauſende von Fremden, ſchloſſen ſich der ſtabilen
Bevöoͤlkerung von Louisville an, um mit ihr das
große Feſt der Verbruͤderung zu feiern. Die vorzüg~
lichſten Stadtviertel prangten in reichlichem Flaggen~
ſchmuck. Um neun Uht Morgens began der Auszug
der Burger nach dem Feſtplahe, dem nabe den Waſ—
ſerwerken gelegenen Eigenthum der Grand Central
Exposition Company, dae im Beſit aller land~!
ſchaftlichen Reize einen Flaͤchenraum von uüber hundert
Acer einnimmt. Unter den Rednern verdienen Erx—
Gouvernenr Bramlette, Lewis D. Campall, General
G. B. Gordon, B. H. vOill, beſonders erwaͤhnt zu
werden. Am Nachmittage waren über 20,000 Per—~
ſonen auf dem Plahe anweſend. Seinen Culmina~
tionopuntt erreichte das Feſt am Abend, als die gange
Bevöllerung der Stadt auf den Beinen war, und die
Hauptſtraßen wie ein Feuermeer leuchteten. Der
Feſtzug der ſich gegen acht Uhr in Bewegung ſetzte,
um die reich geſchmückten und hellerleuchteten Straßen
zu durchziehen, war eine halbe Stunde lang und ent~
hielt 4 000 Faceltrͤger. Ueberall ſtiegen Raleten
empor, uͤberall wurde der Zug mit Hochrufen begrüßt.
Das Courthaus war brillan illuminirt, Rechts
vom Eingang zum Courthauſe war ein großes Bild
gut beleuchtet angebracht, auf welchem zur Linken
Ulyſſes Feuerholz zum Schůren des Brandes herbei
trägt; Graß Brown baͤlt auf einem andern Bilde
einen Pflug auf einem Amboß, Horace Greeley aber!
ſchwingt mit nerviget Fauſt einen Hammer. Im
Hintergrund befindet ſich eine Schmiede, auf deren
Herde die Flamme lodert. Carl Schurz trͤgt Waf
fen zur Schmiede und die Inſchrift lautet: „Schwer~
ter werden zur Pflugſchaar, Spcere zu Baumhacten.“
Als die erſten Symptome des neu beſeelten Enthuft
asmus der Greeley ·Partei, nennen wir bio heute die
gtroßartige Demonſtration in New York, an der ſich
10 —60,000 Menſchen betheiligten, die Maſſenver
ſammlung in Baltimore und Cincinnati, bei denen
je 20—25,000 Perſonen erſchienen, und das Frie~
densfeſt in Louisville· Moͤge der Erfolg der pa~!
triotiſchen Erwartung vollkommen entſprechen.
Am 12. September fand in Baltimore die Feier
der Schlacht bei,„North Point“ ſtatt. In Baltimore!
leben noch ungefähr 30, in Waſbington 25 Veteranen,
oie an der Schlacht Theil nahmen Der „Valt.
Deutſche Correſpondent“ ſagt mit Recht: „Ein in
terreſſanter Anblid war es, wie die greiſen Soldaten
von 1512 aus den Schweſterſtaͤdten, von der Laſt der
Jahre gebeugt, die duͤnnen Silberlocken im Winde
flatternd, langſamen, unſicheren Schrittes an den in
Jugendfriſche erſtrahlenden Geſichtern der in ſtram—
mer Haltung das Gewehr praͤſentirenden Mitglieder
ihrer Eokorte vorubermarſchirten.“ Es gereicht den
Bürgern von Baltimore zur Ehre, daß ſie noch immer
daß Gefecht von „North Point“ in dankbaren Anden
len behalten. Faſt 60 Jahre ſind ſeitdem vergangen.
Wie viel hat ſich ſeitdem veraͤndert! Intereſſant iſt
die Gegenwart fur jene Alten; nns aber erſcheint das
Merlwürdige in der Vergangenheit. Die Veteranen
bielten einen Umzug in der Stadt, und vereinigten
ſich dann mit ihren Freunden bei einem Feſteſſen in
der Nahe des Schlachtfeldes. Das Muluar fſeierte
den Tag durch eine Parade.
—Blumenbouquet, geſammelt in den Gaͤr~ /
ten der deutſchen Politiker im Norden und Weſten, ;
dem Sammelplah deutſcher Bildung, deutſchen Fort~ l
ſchrius und deutſcher reiheit und Bruderlichkeu:
Furſtlicher Todſchlaͤger, rͤudiges Schaaf, ſchabigſter
Hund unter·der Meute, Feigling, Molch, Zollner, ſ
beruũchtigter Staatobarbier, Schufte, Satrap, charat
terlos, geſinnungolos, willfaͤhriges Werkzeug, be~
ruchtigte Satrapen, Schmareher, Wetterfabne, Zoll
baͤusler, Shoddv, Krett und Pleti, Rotte, wahnſin
nige, Waffenſchacherer, Stiefelpuper, Hallunkerei,
ſcheinheilige Judaſſe, Verrath, ſtinkende Gemeinheit,
gleißneriſche Larve, Prangerpfabl, Feigheit, Erbaͤrm
lichkeit, emartete Natur, Neſt ſcheußlicher Krotodile, !
Otterngezucht welches untet Blumen lauert, Gift
zahn, ſcheußliche Brut, Franzofenfreund, Geſchente
Spekulant, Baͤderbummler, Seichbeutel, Grantanbe
ter, alte Huren, junge und alte Freudenjaͤger, Lola
Montez, Joſephine Mandfield, Journalol lrot
tution ;
Nicht allein in Amerila ſonderu auch an einzel
nen Orten in Deutſchland hat man Photographien,
der Verſtorbenen auf Graͤbern angebracht. Für die
ſen Zweck iſt die Vorzellan Photograpbie am beſten,!
weil Papierbilder, wenn ſie auch durch noch ſo ſtarte
Glaesplatten von der Luft abgeſchloſſen ſind, durch die
innere Feuchtigkeit des Steines ſchnell leiden. Es !
fragt ſich, ob die Sitte Nachabmung verdient.
——
Der Köonig von Schweden Karl XV iſt mit
Tod abgegangen. Derſelbt 1826 geboren iſt ein Sobn
Oscar I. und Entel von Bernadoͤtte (Karl XxlV.)
DSein einziges Kind, die Prinzeſſin Louiſe iſt mit dem
Kronprinzen von Daͤnemarl vermahli. Da er keine
maͤnnlichen Erben binterlaͤſt, ſo folgt ihm ſein Bruder
Oscar, Herzog von Oſtgothland auf den Thron.
Die Stadt Berlin hat dem Furſten Biomarck
das Ebrenbürgerrecht geſchenkt.
Diexmit dem Verkaufe der aus den Kirchendo·
manen in Italien berrührenden Beſitzungen beauf—
tragte General~Direftion der Domͤnen, bat ſoeben
ibren Ausweis pro Inli vero ffentlicht. Die von dem
Staate für die biober erfolgten derartigen Güterver
täͤufe eingelommenen Betraͤge ſind hienach folgende:
Verkäufe im Zuli 1872 3,896,649 Francs, 75 Cen~
times; im erſten Semeſter 15872 16,837,22 Franco,
95 Centimeo; vom 26. Oltober 1897 bios 31. Dez.
1871 344,602,651 France, 83 Centimes; mithin der !
Geſammterlos aus dem Kirchengüterverkaufe bis .!
Juli 1872 285,336,564 Francs, H Centimee. :
Weilheim. Bei einem bierſelbſt am Anteni
tage (18. Zuni) im Gaſthofe „zur Voſt“ ſtatgefnu-!
denen „Feſttnödeleſſen,“ erbielt Anton Patſchoti den 1
erſten, Anton Geiſenhofer den zweiten und der konial. :
Bahnmeiſter Lang den dritten vird~. Der erſtere
dieſer Herren verzehrte 26, der zweite 19, und derſ!
dritte 16 neun Loth ſchwere Knoödel. (Wohl bekommt~ 5
—Um Bied fur ihre hungernden Rinder zu erlan~
Fen fhnitt ſich kely u Rronſtadt (Sie~
en tgen unl rſthönes lan es Haar hart
amn Sa al au um ~G ilde: und be~
ahlte hicrwon he bv Gulden an den
Baͤcer. Alo dieſer erfuhr, als wetchẽ Weiſe die be~
drängte Wittwe zu dem Geld gelommen, ſchentte er
ihr die Schuld und Gulden dazu, brachte aber noch
: : en
Familie auf.
David Kaliſch, der humorvolle Dichter,
der Gründer des „Kladderadatſch,“ iſt verſchieden
am 21. Auguſt.
—Oberſt Stoffel, einer der verdienſtvollſten
franzoſiſchen Qrien. iſt aus der Armee entlaſſen
worden wahrſcheinlich weil er den Krieg mit
ſDetiſhtand myarteiiſch beurthente, und ver frn
zdſiſchen Citelkeit nicht ſchmeichelt.
~
Hr. Paul Schöüppe.
The „Sunday Dawn,“ein in Phila
delphia redigirtes Blatt, veroffeutlicht in
der Geſchichte des Dr. Paunl Schoöͤppe
eiuige der Liebesbriefe, welche Miß Maria
M. Steinecke an ihn richtete.
In den beiden erſten Briefen, Dee. 22.
und Dec. 23., redet ſie ihn an mit:
„Mein Thenuerſter,“ erſucht ihn um einige
giuiten „Mineralwaſſer“ und verbietet
ihm von der Verlobung uud dem Teſta
mente in dem ſie ihm ihr Bermögen ver
machte, zu ſprechen.
Den 24. Dee. nennt ſie ihn „Mein
theuerſter Geliebter“ und erſucht ihn bei
ſeinem Beſuche ein deutſches Buch mitzu—
bringen. ~
Den 29. Dee., bittet ſie ihren „Thener
ſten Geliebten,“ rhr ſobald wie möglich
ſeinen Beſuch abzuſtatten. 2
Den s. Zaunar, meldet ſie ihren
„Thenerſten Paul,“ daß der „dentſche
Wein,“ denn er ihr am vorhergehenden
Abende brachte, ihr ſehr gu! bekam und
bittet bei ſeinem erſehnten Beſuch ihr noch
mehr von derſelben Sorte zu bringen,
da ſie ſehr gut darauf geſchlafen habe.
Januar den 14, wird der Ehecontrakt
abgeſchloſſen. In dieſem verſpricht ſie
dein Dr. Schöppe SSOOO am erſten April
1869 zu bezahlen; ſie behält ſich die Ver
waltung ihres Vermögens vor, jedoch nmit
der Bedingung, daß Dr. Panl Schöppe
ihr einziger Erbe ſein ſolle, falls er ſie
überlebe.
ODen 15. Januatr, ſchreibt ſie ihrem
„Theuren Paul“ daßſie ſich unwohl sůhle,
bei ſeinem Beſuch ſolle er das ihm einge
händigte Teſtament mitbringen, weil ſie
einen Zuſat machen wolle.
Noch einmal ſchreibt ſie am 15. Januar,
ſata diesmal an ihren „Innig geliebten
Ehemaun,“ daß ſie Geld aus der Bank
gezogen, und die gewünſchte Summe für
ihn bereit halte.
Am 16. Januar, ſchrieb ſie „Mein
theuerſter Gemahl,“ kaufe uicht das Ei—
genthum, es iſtzu theuer; komm,, ich will
Dir mehr ſagen
Am s. Zaunar ſagt ſie, „Du mein
erkorener, theurer Gatte, nimm Dich mit
Deinen Werthpapieren in Acht, und ver
wahre ſie an einem ſichern Ort. Am 18.
Januar wird der Zuſatß zu dem am 3.
Dezember abgefaßten Teſtament gemacht
Sollten die Angehörigen irgend welche
Einwendung gegen das Teſtament ma
den. ſo ſei es ihr Wille, daß dem Rev.
F. Schoͤppe in Carlisle, und Herrn I.R.
Kelſo, Baltimore, die Entſcheidung über—
laſſen werde, und ſollten dieſelben ſich
weigeru als Schiedsrichter auſzutreten
ſo beauftrage ſie Dr. Paul Schoöppe und
Mrs. Sarah Rich in Baltimore mit dem
Schiedsrichteramt. In dem einem oder
andern Falle, könne noch eine dritte Per
ſon hinzugezogen werden, um eine Ver
ſtändigung zu erzielen.“
Jannar 21. 1869. „Mein theuerſter
Gemahl! Iſt es wirklich wahr, daß ich
geſtern Abend jene wnnevollen Stuuden
berlebie? Ich erwarte Dich hente um
dieſelbe Zeit. Ich will eine Aenderung
in unjerm Heirathsvertrag vornehmen.
Dir übergebe ich die unbedingte Verwal
tung meines Vermoögens. Sodgleich ſollſt
Du deu vollkummenen Beſib gutreten,
anſtatt darauf bis nach meinem Tode zu
warten. Du ſollſt nein Herr uud Ge-·!
bieter ſein, wie die heilige Schrift es fordert,
und ich will uichto ſein als Oein liebendes
und Dir ſich aufopfſerudes Weib.“
Zaunnar 22. 1860. Theurer Gatte!!
Beſtelle gefaͤlligſl ziwauzig Bouteilleu von
dem Mineralwaſſer, welches Ou mnr ver
orduet haſt. Ich trank das lehle Glas
dayon, nachdem Du mich geſlern Abend
verlaſſen hatteſt.“
Jannar 24 1869. „Mein theuerſter
Gatte! Ich weiß, es iſt gegen die Regel
Hich einzuladen, ur am Sonntage einen
Beſuch abzuſtatten Aber ich fühle mich
ſehr unwohl und möchte Dich gerue ſehen.“
Zanunar 26. 1869. Mein theurer.
Gatte! Schicke nuir gefaälligſt den Cre
ditbrieſ welchen Du von nur geſtern er ~
hielſt wieder zurück. Anſtatt deſſelben
will ich Dir eine Anweiſjung im Betrage!
von 300 Dollars an die „National Me
chanics Bank von Baltimore geben.“
Es ñiuden ſich noch zwei Briefe vor, von
denen Dr. Schöppe einen Theil abgeriſſen
hat; das Datum fehlt. Zu dem einen
jagi die Verſtoxbene: „Du weißt, daß!
ich währeud meiner Lebeuszeit die unbe
ſchränkte Verwaltung meines Vermögens
mir vorbehalten habe, aber nach meinem
Tode ſollſt Du Alles haben, wie mein
letter Wille es Dir zuſichert“ ln dem
andern konunt das folgeude vor:
weißt, daß Du mein eiuziger Erbe biſt,
der fruͤher oder jpaͤter mein ganzes Ver
moögen beſitzen wird. Nicht ein Wort
habe ich dabon meinen Verwandten in
Deiner Nachbarſchaſt geſagt, da Du, wie
ich ſelbſt, «wohl weiſt, daß im audern
Falle die Nachricht davon auf den Fitti
gen des Wiundes dem großen Publikum
würde zugetragen werden ;
Der lette Brief iſt datirt den 26. Zan
Am 27. Januar wurde ſie ploötzlich krant,
und am folgenden Tage ſtarb ñe.
DOr. Schoöͤppe nahm einen thaͤtigen Au
theil an den Pilichten welche Todesfaãlle
den Mitmenſchen auzerlegeu und beglei!
lete die Leiche nach Baltimore. wo ſie am
30 Januar 1860 beſtattet wurde. Diel
14
Verwandten ſcheinen an eineu unnalr
lichen Tod nicht gedacht zu haben bit e
bekannt wurde, Vhdi deſe Dr
Schöppe zu ihrem Univerſal Erben in
ſette. Was darauf geſchah, iſt im Mge“
neinen unſern Leſern bekannt. ;
Dr. Schöppe ſagt, daß wie er verhatet
wurde, betrug, ſeine Praxis 2,500 is
3000 o U deeheenente
neun Monaten hatte er ſich bereits 190
Dollars erworben. Drei zuverläſſige, m
Lande wohnende Zeugen, ſo ſagt er, de—
wieſen, daß er ld der in Deuhſch—
land berüũchtigte, ſteckbrieflich verfolgte
(möchten wir Paul Schöppe, zwei
erſhiedene Perjonen ſiud. So witde
auch bei dem zweiten, küůrzlich ee
Prozeß ans jene üblen Gerüchte kene
Rückſicht genommen.
Bei dem erſten Prozeß erklärten die
hervorragendſten Rechtsgelehrten in Ber
lin, in dem Gutachten daß man von
ihnen verlangte, das ganze Verfahren als
ungereimt und ungerecht; dazu wurde die
chemiſche Analyſe von der mediziniſchen
Facultät in Berlin als gänzlich unzuwver—
läßig bei Seite geſetzt.
Nie war die Aufregnng, Theilnahne
und der Unwille unter den Deuntſchen in
Amerika allgemeiner nnd thatkräftiger,
als in dem vor uns liegendem Fall des
Schöppe. Dennoch wurde das Todesur
theil ůber den llnglůcklichen ausgeſprochen.
ſEine Agitation für einen Beſchluß der
Lenmyldaniſhen Legislatur, um dem
Obergerichte die Competenz zu geben das
Weſen des Prozeſſes zu unterſuchen,
wurde von Gonverneur Gearyh mit ſeinem
Veto belegt. Die Geſezgebung ſtimmte
das Veto nieder. So wurde die Bill
ſzum Geſetz, aber zu ſpät für Schöppe,
da Geary das Geſetz (duech Zögern mit
ſſeiner amtlichen Unterſchrift) zurüůckgehal—
ten hatte, bis der Fall, den Schöppe vor
das Pennſylvaniſche Staatsobergericht
gebracht hatte, (eben weil Geary die von
der Legislatur beſchloſſene Competenz ihm
vorenthiglt), zurůckgewieſen war. Das
Todesurtheil ſchwebte jetzt über dem
Haupte des Dr. Schöppe, aber Geary
unterzeichnete es ucht, auch entließ er
nicht den Gefangenen ause der Haft. In
Ungewißheit über ſein Leben, ſchmachtete
der Unglückliche Jahreleng im Kerker,
während Tod oder Freibeit von den An—
ſſichten des Nachfolgers Geary's abhing.
Da ereignete ſich in Baltimore der Fall
der Mrs. Wharton, dir ebenfalls der
Giftmiſcherei angetklagt wurde. Bei die
ſem Prozeß wurde es feſtgeſtellt, daß die
Chemiker, deren Zeugnß im Schöppe—
Prozeß wenig bezweifelt wurde, unzuver—
läſſige und höchſt oberfͤchlich gebildete
Menſchen ſind. Ihre an den Tag getre—
tene Unfähigkeit ein zuverläſſiiges Urtheil
zu fallen, erinnerte das Publikum an
Schöppe. Von neuem traten ſeine
Freunde für ihn auf. Die Pennſylva—
niſche Geſetzgebung dem Andrange nach—
gebend, erließ ein Geſetz, nach welchem
das Gericht in Carlisle, Pennſylvanien,
leinen zweiten Prozeß vornehmen dürfte,
wenn es das für Recht halte.
Der zweite Prozeß endete mit der volli
gen Freiſprechung des Dr. Schöppe.
Schon wegen der Länge dieſes Artitels
lenthalten wir uns jedes Urtheils über den
berühmten Criminalfall, und h
ſes den Leſeru. Ob es Dr. Schöppe ge·
lingen wird, Beſitz von der ihm vermach
ten Hinterlaſſenſchaft zu erhalten, iſt noch
ungewiß.
Die Ameritaner auf dem Königsplatze in
Berlin.
. Cirens Myers! ſtehender Arti
kel der Republik Vermiſchte Nachrichten
in allen Deuntſchen Blättern ſeit Wochen
und Wochen. Kleritkale Wirren, gonver
nementale Maßregeln biſchöfliche Reni~
enzen, Fürſtencongreſſe, Milliarden An.
leihen über Cireus Myers unter dem
Strich. Oas nenne ich noch das Geſchaͤſt
verſtehen. Heute großer Umzug hier, und
morgen dort, die Elephanten, die den
Krönnungswagen des Kaiſers von Merxieo
ziehen, haben ſchon eine Berühmtheit er—
langt. Für die Unzahl von kleineren und
mittelgroßen Städten iſt das ja zu verſte
hen, aber daß man es auch den großen
Zlaädten und ſchließlich gar Berlin als
etivas Großarliges bietet, das ſpricht für
inen Grad von Natwwetaͤt der uns Ach
tung abnöthigt. Potsdam und Charlot
tenburg hatten neulich ein Blatt ihrer
Chromten mit dem Erſcheinen des Cireus
Myers zu fſüllen, nun kommt ſchließlich
anch Berlin an die Reihe Mit dem
„Umzug durch die Hauptſtraßen der
Stadt, den die großen Zettel verküunden,
war es doch nicht zu machen; wozu auch?
Die Platate thun es auch und die Auf
ſtellung des Cireus in wenigen Stunden
mitten im Gewühl des großſtädtiſchen Le~
„bens erſetzt den Effekt des Umzuges. So
war denn der Koönigsplatz am Donnerſtag
vom frühen Morgen an der Zielpuntt
einer ſchauluſuigen Menge; mit einem
Auſfgebot zahlreicher Arbelitskraͤfſte erhob
ſich bald ein rieſiges rundes Zelt und ein
kleineres viereckiges dahinter, den Bau
umgab eine ganze Wagenburg, die mei
ſten Wagen waren verhuͤllt, andere trugen
die Firma: “Grand Circus American.
Jedenfalls bekamen die Berliner ſchon au
ßerhalb des Circus genug und am Ende
ſo viel oder uoch mehr zu ſehen als im In
nern. Die Sonne begůnſtigte das Schau—
ſpiel und ſorgte für eſſeeivolle Beleuchtung
und als am Nachmitiag die Schule zu
Ende war, bot der Königspiatz das Bild
eines belebten Volksfeſtes. Zur „En—
ceinte“ der Wagenburg bildete der große
Fuhrpark einer „Probiant Colonne“ ein
Außenwerk. „Bier auf Eis! —, Warme
Würſte!“ ertönte es herüber und hinüber.
Ein lauter Hurrahruf durchbrach das
Murmeln der Menge: „Die Pferde und
die Clephauten kommen!“ In der That
erſchienen drei Clephanten und ein halbes
DHutzeud Schecken. Man hatte 120 Pjerde
erwartei, die der Zettel annoncirte. Als
ob das Alles mit einem Male entfaltet
werden tonute! Ob das wohl die Pferde
ſind, welche „der Oirector“ eigens den
wilden Stämmen in Amerita abgekanjt,
E
um ſie in Europa zu produciren? Wer
doch ſo viel von der Race verſtände, um
den buntſcheckigen Gaänlen das anzuſehen
mir kamen ſie recht abgetrieben vor.
Aber die Wagen, da gab es Etwas zu
ſchanen. Der da iſt von Lincoln und
das iſt der Krönungswagen de.s
Kaiſers von Netxieo. Drei
VBnrſche klettern eben·hinanf ein Vierter
nimmt innen Platz; „Nu bin ick der
Kaiſer von Amerika“ ruft er hinaus.
„Hurrah die Amerikaner!“ Spukhaft
ſchlüpften Geſtalten hin in das viereckige
Zelt, hier und. dort verſchwinden ſie auch
ſin den großen Wagen, znnächſt ſtehn.
Neuer Jubel, eine Entdeckung iſt emadn
und —,das ſind die ddhbc heißt
nun das Stichwort. Endlich wird die
Kaſſe geöffnet, hoch über dem gZelt weht
die amerikaniſche neben der deutſchen
Flagge den anſtürmenden Maſſen das
Willkommen zu. Der Baumeiſter des
Zeltes trägt den erſten Triumph da—
von denn daß der luftige Bau de m
Andrange widerſteht, beweiſt, daß er ge
nial conſtruirt iſt. Drinnen aber muß
man ſich erſt ein wenig acelimatiſiren. um
mit ſtaunender Bewunderung gewahr zu
werden, daß man ſich wirklich in Berlin
befindet. Ein graues rieſiges Zelt, welches
trotz ſeiner Höhe niedrig ſcheint, Flaggen—
tücher aller Staaten bilden eine Art von
Fries um die Decke „und des Himmels
Woltken ſchauen hoch hinein“ wenigſtens
ſo lange ſie keine Luſt verſpůren ſich auf
die Erde zu ergießen. Und nun denke
man ſich das Zelt mit einer dichtgedräng
ten Maſſe Kopf an Kopf gefüllt, es mögen
2000 Menſchen geweſen ſein und nur
durch jene Offenherzigkeiten in Wänden
und Decke ventilirt! Dicht vor dem
CEingange ſteht eine roth drappirte Tribüne
eine Kalſerkrone, darüber, das iſt die Hof
loge. An den Maſten, die das Ganze
tragen, prangen Wimpel in verſchiedenen
Nationalfarben und Zettel mit dem kate—
doreſhin Zurut: „Das Ranunchen
liſtnicht geſtattet.“ Um den Maſt
in der Mitte iſt ein machtiger Eiſenring
befeſtigt, aus welchem Gasflammen zün—
geln, doch iſt die Beleuchtung ſpärlich und
der Ruf: „Heller!“ findet Berückſichti
gung, denn eine Anzahl von Männern
in der Uniform ungariſcher Huſaren be—
ſeſtigt große Gefäße mit transportablen
Gas an die Maſten ringosumher dennoch
behält die Beleuchtung einen gewiſſen
magiſchen Charakter, der auf die etwas
fragwürdige Geſtalt des Taufſcheins der
weiblichen Mitglieder berechnet zu ſein
ſcheint.
Ueber das unzufriedene Publikum das
trotz allen Comforts immer noch Wünſche
übrig hat! Neben dem Baumeiſter des
„Cireus“ triumphiren aber nunmehr zwei
andere Größen. Ein dicker Mann mit
Namen Peter, und vom Orcheſter
ſder Trompeter. Der corpulente
ſHerr imponitte mir. Daß ſolch ein Ta—
ſlent von der Regierung unbeachtet bleibt
und es noch nicht zum Polizeipräſidenten
gebracht hat, iſt unverantwortlich. Es iſt
keine Kleinigkeit mit einer Fluth von Ber
en und noch dazu wenn ſie ſich einge—
keilt in drangvoll fürchterlicher Enge befin—
ſden, fertig zu werden. Unſerem Mann
gelang dies meiſterhaft, und als ich ſchüch
tern einen Collegen in meiner Nähe fragte,
ob dies auch ein Amerikaner ſei? erhielt
ſich die Antwort: „Wie, ſie kennen den
ſdicken Peter nicht?“ Ich kannte ihn
aber wirklich nicht und ſchämte mich, denn
ſolche Leute ſollte man billig kennen.
„Er theilte jedem eine Gabe“ dem freund—
liche, jenem barſche Worte aus. Dort
mitten unter der drängenden Maſſe ruft
ein Herr, eine ziemlich bekannte Berliner
Perſonlichkeit mit gutem engliſchen Aecent
ihm zu: ir! Sir, 1 betz you...
Worauf Herr Peter: „Ach becken Sie jar
niſcht! Sprechen Sie mit mir Deutſch,
Sie haben mich Vormittag ſchon genug
maltraitirt, Abends bitte ich mich zu ver
ſchonen.“ „Aber mein Herr, ich ſitze un
bequem und habe doch zwei Thaler be—
zahlt“ interpellirt ihn ein anderer. Wo
rauf Herr Peter in ganz veränderter Ton
art:
„Ich bitte freundlich zu berůckſichtigen,
daß Sie in einem gZelte eingeladen ſind
und dann der höchſte Platz koſtet einen
Thaler.“ Darob jener:
„Aber die verdammten Händler.“
„Bitte ſich mit dieſen auseinander zu
ſetzen.“
„Sie! Ich ſehe hier jar Niſcht! Des
is wol gleich injericht, des man niſcht
ſehn ſoll!“ ruft eine Stimme aus dem
Olymp. Hr. Peter! antwortet verbind—
lich: „Der Director zahlt jedem das En—
tree zurüek, der nichts ſehen kann. Mehr
köͤnnen Sie nicht verlangen.“ „Aber ick
muß noch Jeld zubekommen, des ich hier
ſtehe““ „Darauf ſind wir freilich nicht
eingerichtet Nun aber Ruhe, ſonſt werde
ich grob, ich habe das Talent dazu!“
Hr. Peter! ich verneige mich in Ehr—
furcht. Leider verſchwand mir der Brave
aus dem Geſichtskreiſe, aber nicht eher,
als bis die Geſellſchaft ſich beruhigt hatte.
„Muſibköh!“ſchallt es alsbald, und aus
dem Rembrandt ſchen Halbdunkel mir ge
genüber ertönt eine Horumuſit im veredel
ten Styl unſerer landläuſigrn,Bergleute“.
Aber der Trompeter macht ſeine Sache
vortrefflich. Auf ſeinen Schnltern ruht
der muſitaliſche Erfolg des ganzen Abends.
Ob es wahr iſt, daß die übrigen Birtno—
ſen in der „Hauskapelle“ eines berühmten
„Hygiciſten“ dreſſirt worden, muß ich da—
hin geſtellt ſein laſſen. Endlich beginnt
die Vorſtellung. Nicht mehr und nicht
weniger als 15, ſchreibe achtzehn, Pieeen
enthält das Programm, welches übrigens
vorweg Abänderungen für den Fall „un
vorhergeſehener Hinderniſſe“ entſchuldigt.
Aber vorgeſtern traten ſie nicht ein und
wir erlebten 18 Produetionen. Die
Glanzpunkte bilden die Gymnaſten
am Reck und die Elephanten u. die
Lö weu, alles Uebrige hält ſich auf der
breiten ausgetretenen Straße der Mittel
maßigkeit. Eine große Anzahl Clowns
erſcheint wie aus der Piſtole geſchoſſen, ich
glaube, es ſind ſͤmmtliche männliche Mit
glieder, aber nur Mſtr. Harmſtone iſt
unter den „Couſins“ eine hervortretende
Erſcheinung.· Die Damen ſiud ſammt
und ſonders über das „tanoniſche Alter“
hinaus und dürften ohne jede Gefahr als
h gerinnen den abreiſenden Jeſuiten in
nern folgen. Die Pferde mögen
eigens den Rothhäuten abgekanft ſein,
unis Berlinern ſcheinen ſie aber vicht weit
h·r Aber Equilibriſten und Gymnaſten
Alle Achtung! Die „perſiſche Sänle“
kann ſich ſehen laſſen. Mſtr. Felirx oder
Perey, kurz der auf der Spitze agirende
Aerobat, dreht ſich auf dem Magen im
Kreiſe, das kann der Zehnte nicht vertragen
und nun erſt der Rieſenſpringer Mſtr.
James Madigam kann beſondern
Ruhm beanſpruchen. Ihm wurde auch
eine Re d e voransgeſchickt, die natürlich
Herr Peter zu meiner Freude hielt.
Mann ſieht nicht umſonſt wie ein
Profeſſor ans. Seitdem bei Renz all—
abendlich, ehe Lulu ſich als Tochter der
Luft produeirte, die großen Worte von
dem Herrn im Frack geleiſtet wurden:
„Luln will machen jetzt die große Sprung
durch das ganze Cirens“ geht es nicht
mehr ohne Einleitungsreden vor ähnlichen
Künſten ab, alle haben das Wort der gro~
Ben Betty aus dem unſterblichen Opus
„Monſieur Hereules“zum Thema: „Ma
chen Se mal n Luftſprung!“ Herr Ma.—
digan machte es vortrefflich,. Da capo!
rief das Publikum, aber zweimal
ſpringt der Luftſpringer. Herr Peter
dagegen ſprach noch ein zweites Mal, er
leiſtete in guter Proſa das Schlußeouplet
das an die Nachſicht und das Wiederkom—
men der Leute appellirt zur Einleitung
des Löwen·Speectatels. Unwillkuůrlich trat
eine Erinnerung ans der Kinderzeit vor
meiner Seele; der alte Stallmeiſter Wolf
aus dem Cireus in der Sophienſtraße,
der vor dem letzten Stück des Programms
die Geſellſchaft recommaudirte und mit
den Worten ſchloß: „Morgen große Vor—
ſtellung, ſieben gedreſſirte Pferde!“
Der letzten Rede des Herrn Peter folgte
auf ſeinen Wink ein verdeckter Wagen,
der ſich alsbald in einen Löwen Käſig me—
tamorphoſirte. Drinnen ſaßen augen
ſcheinlich abgeſpannt und gelangweilt ei—
nige Löwen. Herr „John Kooper aus
Nordamerika“ erſchien, ſtörte die kang
weiligen Löwen auf und verfügte ſich,
nachdem ihm das gelungen, zu ihnen, um
ſie brüllend und ſchaäumend die hergebchra—
ten Kunſtſtücke machen zu laſſen, die
mit einem Knall ·Effeet in des Wortes
verwegenſter Bedentung ſchließen. In—
zwiſchen ertönte von draußen ein India
ner-Geheul, es galt dem dort prodneirten
Reiter- Unternehmen, der „Quadrille de
Police“, geritten von 12 Herren „im
Schutzmanns-·Coſtüm“, Ausfůhrung vor—
trefflich, denn die Maſſen wichen rechts
und links, Ausgänge fuür Fußgänger und
Anfahrt für Wagen ungeſtoört freilaſſend.
Langſam verliefen ſich die Maſſen, wie
unter getheilter Anſicht, die Einen entzückt
die Andern über das kleinſtädtiſche Unter
nehmen nud die thenern Preiſe ſchimpfend
/noch andere voller Bewunderung über
die Thatkraft der Amerikaner. Ploöͤtzlich
ru ich meinen Engliſhman, den
Herr Peter ſo ſchleunigſt germaniſirt hatte.
eilte hinter einem andern Herrn her,
dem er durchaus für einen Engländer gel—
ten wollte:
“Sir, I think so: Humbut....
“Not all all rief jener und hinter
drein auf gut Deutſch: „Laſſen Sie mich
zufrieden.“
Ob es Herr Peter geweſen ich konnte
es in der Dunkelheit nicht erkennen.
Dr. Moritz Gumbinner.
Atlanta.
(Eingeſandt.)
Atlanta, im September 1872.
Herr Redacteur!
Heiſa dideldumdei,
Geht luſtig her,
Bin auch dabei,
ſo heißt es gegenwartig unter den deutſchen Bewohnern
der,gate Cuy.“ Nicht nur ein Schühenvein hat ſich
gebildet, nein, auch eine neue deutſche Zeitung hat
uns ihre Anfwartung gemacht und Freund Meſfau
hat, wenn man dem Namen der Zeitung glauben darf
Atlanta Reſorm“) es ſich zur Aufgabe uns zu
reformiren.
Eine ſehr ſchwierige Stellung hat eine Zeitung hier
unbedingt, da die einflußreichſten Deutſchen ſich in
Politik ſchroff gegenuberſtehen, da obgleich die Demo
kraten numeriſch ſtärker ſind, ſo iſt doch die republika—
niſche Partei durchaus nicht ſchwach vertreten. Ob
Herr Meſſau Gewandheit genug an den Tag legen
wird um ſich das Wohlwollen beider Parteien zu er
ringen, muß die Zeit lehren, da das ſchoöne Programm
ſich in politiſcher Hinſicht keiner Seite zuzuneigen,
doch wohl eine Unmoglichteit iſt. Auch ein foreis
uer's clah hat ſich bier gebildet, bei dem die Deut~
ſchen eine bedeutende Rolle ſpielen. Die Grund
Idee dieſes Clubs iſt, daß da die Fremden hier
glauben, daß ihre rechtmaͤßigen Anſprüche nicht genug
berüctſichtigt werden, und da die Einbeimiſchen uns
bei jeder Gelegenheit vorgezogen werden, ſich dieſelben
unterſtützen wollen um zu ihrem vermeintlichen
Recht zu gelangen.
Es iſt ſicherlich wabr, daß die Nicht in Amerita
Gebornen bier in Atlanta wenig Vertreter in ſtäd
tiſchen und ſtaatiſchen Aemtern haben ; daß die Ameri
kaner uns aber abſichtlich zurückſetzen, möchte Ihr
Correſpondent aber do bezweifeln. Unſere Freunde
ſcheinen zu vergeſſen, daß Politik hier wie ein Ge
ſchaͤft betrieben wird und daß derjenige welcher an
den Wahlumtrieben nicht activen Antheil nimmt,
keine Ausſicht und nach amerikaniſchen Begriffen
auch gar kein Recht hat, auf irgend eine Ofſice An~
ſpruch zu machen. Sie wiſſen ganz genau, Herr
Redacteur, daß derjenige der ſein Augenmert ſelbſt
auf die aller niederigſte Stelle geworfen, die das
Volk zu vergeben hat, von ſeinen Freunden unterſtützt
wird, und gelingt es ihm das Ziel ſeiner Wünſche
zu erreichen, ſo iſt er natürlich verpflichtet, dieſen
Freunden Gegendienſte zu erweiſen, d. h., denſelben
ſo viele Ollices“ wie möoglich zu verſchaffen; nun
finden aber, (zu unſerer Ehre ſei es geſagt) die Aus
länder, mit etwaiger Ausnahme der Irländer, wenig
Geſchmact an politiſcher Drahtzieherei und die Folge
davon iſt, daß ſie, ebenſowenig wie derjenige Theil
der amerikaniſchen Bevolkerung, der ſeine perſonlichen
den öffentlichen Geſchäften vorzieht, faſt nie eine
Office erhalten können.
Ein reges Treiben herrſcht hier augenblictlich auf
dem freien Platz neben dem Bahnbof, eine grope
Rednerbühne iſt bereits errichtet und auch das Geſtell
auf dem ein Laub bedecktes Dach ruben ſoll, iſt be
reits fertig. Mit großer Erwartung ſiebt man der
Antkunft Schurz's, Gratz Brown ~c. entgegen. 2
feierlicher Empfang, den einige Verehrer unſeres
großen Lande mannes Schurz, veranſtalten wollten,
ſcheint indeſſen nicht zu Stande kommen zu wollen.
Auch im Oglethorpepark iſt Alles beſchäftigt, wie in
einem Bienenkorb mit Vorbereitungen zur kommenden
„late lair, von der man behauptet, daß ſie großar~
tiger werden ſoll, wie irgend eine Ausſtellung die noch
je in Georgia abgehalten wurde.
Cin Bedauern erregender Unfall hat unſern Lands ~
mann Theodor Agricola wieder betroffen, indem er,
innerhalb zweier Monate zum zweiten Male abbrannte.
Beim erſten Feuer war er gut durch Verſicherung ge~
deckt, dieſes Mal verlor er aber beinahe Alles, da er
nicht nur nitcht versichert war, ſondern auch ſeite und
ſeiner zahlreichen Familie Garderobe ~c., Mobiliar
ganz verloren ging. Ich glaube, daß Atlanta kaum
einen fleißigeren und thätigeren Mann aufzuweiſen
ſhat wie Agricola, aber das Unglück ſcheint wie ein
böſer Bann auf allen ſeinenUnternehmungen zu liegen.
Unſer evang. luth. Gemeinde geht ſtark mit dem
Gedanken um, ein Grundſtück fůr eine Kirche zu kau~
fen. Zum großen Dank ſind wir unſerm Paſtor
Köberle verpflichtet, der mit unſaͤglicher Mübe und
gutem Erfolge darauf hinarbeitete, den vielſeitigen
Anſprüchen unſerer Landsleute zu entſprechen. Leider
iſt ſeine Schule dieſes Semeſter nicht ſo beſucht wie
das vorhergehende, einige Kinder ſind in die „kigh
school,“ andere in die „tree shool geſchickt worden.
Aber Alle, Eltern ſowohl wie Kinder, ſprechen nur in
achtungsvollſter Weiſe von Herrn Paſtor Köberle.
Die Bauluſt iſt hier noch keineswegs im Erlöſchen,
und ſeit meinem letzten Schreiben ſind wieder präch~
tige Gebäude aufgeführt worden unter denen die
„Constitutions building“ und der Repuhblic block“
nicht die Unbedeuntendſten ſind.
Auch in commerciellen Kreiſen fängt an regeres
Leben zu herrſchen, die Meiſten unſerer Kauſleute
ſind in New York und die Kiſten die täglich ankom—~
men beweiſen, daß man ſich auf ein gutes Herbſtge—
ſchaft vorbereitet; wünſchend, daß dieſe Hoffnung
nicht getaͤuſcht werde, verbleibe ich
der Ihrige
Reinhard,
(Eingeſandt.)
aees
Redacteur der Savannah Abendzeitung.
Geehrter Herr!
Mit ziemlicher Verwunderung hat Einſender, wie
auch gewiß mancher andere Lejer Ihres achtungswür~
digen Journals, in deſſen jüngſter Nummer die Be—
merkung geleſen, daß ſich die „Deutſche Geſellſchaft“
ſihrer Zwecte noch nicht vollſtändig bewußt ſei. Dieſe
wohl aus, Ihrer eigenen Feder ſtammende Aeußerung
veranlaßt ihn daber auch, Ihnen in der Kürze Einiges
zu erwidern, daß er ſie aber im Voraus bittet, doch ja
nicht mißdeuten zu wollen.
Gemeiniglich bildet ſich eine Geſellſchaft nur, um
einen oder mehrere beſtimmte, gemeinſame Zwedcke zu
verfolgen, welche der Einzelne allein nicht zu erreichen
vermag, ſei es, daß es ihm dazu an Einfluß, an
Macht, oder an den nöthigen Geldmitteln fehlt.
Einer Korporation als ſolcher ſtehen ſchon vermöge
ihrer größeren oder tleineren Anzahl Mitglieder alle
jene Factoren in mehr oder minder bedeutendem Maß~
ſtabe zu Gebote, und da in den meiſten Fällen die
Wabhl der zu ergreifenden Maßregeln durch die
Stimmenmehrheit entſchieden wiro, ſo kann bei der
Ausführung immerhin auf wenigſtens verhältniß~
mäßig einheitlicheo und kraftvolles Handeln gerechnet
ccta deſſen Wirtſamtkeit natürlich mit der Zahl
ſder Mitwirkenden, bez. der Majorität, wächſt. Je
ſgroßer eine ſolche Geſellſchaſt iſt, deſto leichter wird es
lihr fallen, die Ziele, welche ſie ſich geſtectt, auch zu er—
reichen. Es iſt das alte Lied von dem Bündel
Stäͤbe, welches die ganze Philoſophie des Korpora~
tions ·Syſtems auch hier wieder veranſchaulicht.
Wie die Vergangenheit bewieſen, iſt es unſeren
deutſchen Mitburgern theils unmoglich, theils äußerſt
ſchwer geweſen, gewiſſe Zwecte, welche in ihrer Aller
Intereſſe waren, fur ſich allein zu erreichen. Auf die
Initiative mehrerer unſerer hervorragendſten und
einſlußreichſten Deutſchen bildete ſich in Folge deſſen
unter dem Namen der „ODeutſchen Geſellſchaft von
Savannah“ eine Verbindung, zu welcher jeder, in
ſChatham County lebende Deutſche, co ipso gehoͤrt.
ſCin Ausoſchuß, beſtehend aus mehreren Mitgliedern
dieſer Geſellſchaft, haͤlt regelmäßige Sithungen, um
ſüber die Wahl der Mittelzur Crrei
ſhung ihrer gwece zu berathſchlagen,
ſund, wenn ich nicht irre, ſo gehören Sie Selbſt zu
dem beſagten Comite. Seit einer ziemlich langen
Zeit werden dieſe Sitzungen allmonatlich abgehalten;
Sie waren, meines Wiſſens faſt immer zugegen, und
doch behaupten Sie, daß man im Ausſchuß der
„Deutſchen Geſellſchaft“ noch immer nicht wiſſe,
was man eigentlich vorhabe!?
Es ſcheint mir, daß Herr Nigbet die Zwecte der
Geſellſchaft in ſeiner trefflichen, beim Schützenfeſt
gehaltenen Rede, welche Ihre Zeitung auch abdructte,
zur Genüge dargethan hat. Oder verfolgt der
Verein andere Zwecte?
Sie, als einer der geachtetſten, einſlußreichſten und
gewiß auch beſt umerrichteten Vertreter des hieſigen
Deutſchthums ſollten uns, dem deutſchen Publikum,
das doch auch Ihrer Geſellſchaft zugehoöͤrt, etwas mehr
über die Abſichten des Ausſchuſſes mittheilen können,
wenn daſelbſt wirklich noch andere, als die in der
Rede erwähnten, gehegt werden; mißvaguen An
deutungen ſollten Sie uns nicht abſpeiſen, mit Andeu~
tungen, welche unter Umſtänden das Intereſſe des
Vereins, und folglich das aller Deutſchen gefährden
tönnten! Geben Sie doch Ihre Anſicht von der
Sache, ſo wie ſie iſt, und ſagen Sie uns, was für ge~
heime Pläne im deutſchen Ausſchuß eigentlich ge~
ſchmiedet werden!
Oder, wenn Sie überzeugt, daß wir vor VBerſchwoö~
rung und ploötzlicher Vergewaltigung sicher ſind, wenn
Sie wirklich meinen, der Verein tappe im Dunkeln
herum, wie cin Maulwurf, gehen Sie ihm mit Ihrem
Rathe in die Hand, weiſen Sie ihm den Weg, und,
wenn er der richtige iſt, ſeien Sie überzeugt, daß man
ihn gerne gehen wird! Mit Andeutungen, die man
als böswillige auslegen koönnte, iſt einer guten Sache
noch nie geholfen worden!
Genehmigen Sie die Verſicherung meiner Hoch—
achtung
Mitglied eo ipso.
Savannah, 16. September 1872.
H. Reichenberg.
Herrn Vr Banſemer,
Redacteur der „Savannah Abendzeitung“ hier.
———
Kitt für Eiſentheile, welche der Hitze
audgeſeht ſind. Um zerſprungene eiſerne
Ofenplatten, Feuerthuͤren ~e. zu kitten,
ſoll man nach einer im Dresdener Ge
werbeverein gemachten Mittheilung fein
gepulvertes Eiſen (Linatura lerri) mit
einer concentrirten Waſſerglaslöſung zu
einem dicken Brei anrühreu und danit
die zu verkittenden Theile oder Fugen
beſtreichen. Je ſtärter dann das Feuer
gegeben werde, deſto mehr verſchmelze der
Kitt mit den zu verbindenden Eiſentheilen.
——— ——
Weinkeller
unter dem Exehange Building. Eingang von der
Weſtſeite.
Importirte Rheinweine und Champagner
beſtaͤndig vorrͤthig. 56
Andrew Göbel.