Savannah Abend Zeitung. (Savannah [Ga.]) 1871-1887, July 10, 1872, Image 1

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Sarannah Abend Zeilung. Hrof. C. I. Banſemer, Redakteur. 2. Jahrgang. No. 12. Kette und Einſchlag. ECine Erzählung aus der Zeit der Baumwollennoth in Mancheſter von IJHF.Smith. (Fortſetzuna.) Einund ſeq~igſes Kapitel. Da John Benlley und Erneſt Welby durch einen längeren Aufenthalt in New— Orleans nicht die Aufmerkſamkeit auf ſich zu ziehen wünſchten, ſo nahmen ſie ihr Quartier bei einem Pflanzer, der mit dem jungen Amerikaner einigermaßen ver wandt war. Welcher n ennen Meinung Mr. Raymond auch zugethan ſein mochte ſo befand er ſich doch zu nahe an dem Sit des Generals Butler, um nicht die un qrenzteſte Auhänglichkeit an die Sache des Nordens zur Schau zu ſtellen. Mit Grundſätßen trug er ſich wohl wenig, deun er gehörte zu jenen Sybariten, wel— che das hoöchſte menſchliche Glück in Be— fricdigung ihrer Begierden ſuchen. Wir ürfen uns daher nicht wundern, daß der Hauptzug in dem Heimweſen dieſes Skla— venhalters den Charakter des Luxus und der Sinnlichkeit zeigte. Frank Raynond und ſeine drei Gäſte (denn auch Lin befand ſich unter denſel ben) ſaßen nach einem echt ſüdlichen Di— ner beim Nachtiſch. Eine Anzahl von Negerknaben, von denen der älteſte nicht über Fünfzehn zählte, beſorgten mit ängſt— lichen Blicken die Aufwartung; denn ihr Herr ſah iu ſeinen Sklaven nichts als Menſchenbieh, das verpflichtet war, ſeinen Launen und Lüſten zuͤ fröhnen, und that nicht karg mit der Peitſche. „Ich hoffe, der Spaziergang auß dem anderu Flußuͤfer hat ench gefallen,“ be— merkte der Wirth- „Es gibt drüben mehr Wald als hier, wo die Gegend zu flach iſt, um maleriſche Partieen zu bieten. Dagegen entſchädigt ſie durch ihre Frucht barkeit.“ „Ich fand es drüben recht intereſſaut,“ verſehtt John Bentley. „Und ich auch,“ ſagte Erneſt Welby. „Ah, ich kann mirss denken,“ rief Mr. Raymond mit einem ſchlauen Lächeln. „Ein Abenteuer.“ Die Gäſte räum— ten ein, daß ihnen etkwas derart begegnet ſei. „Wenn's kein Geheimniß iſt ſo möchte ich s wohl hören.“ „Ich habe keinen Grund es zu verheh— len,“ entgegnete Welby. „Als ich vor zwei Jahren in der Gegend von Cinein— nati auf Beſuch war, begegnete ich einem ſchönen Mädchen, der Tochter eines Eng länders, die zur Halbzucht gehörte.“ „Einer gelben Dirne alſo,“ bemerkte der Wirth. „Ja. Ihr Vater, ein reicher Farmer, hatte in einem Anfall tugendhafter Be— geiſternug ihre Mutter geheirathet. Na— türlich wurden ſie von der Geſellſchaft autgehloſſen „Will hoffen“ ſagte Raymond, ver ächtlich auf den Boden ſpielend. „Es wuͤhrte lange, bis ich an ſie kom— men konnte. Eines Abends traf ich ſie im Wald.“ „Ich errathe, was kommen wird.“ „Schwerlich, obſchon die Schuld nicht an mir lag. Ich war eben im kritiſchen Moment der Erklärung, als ich von einem jener Rieſen geſtoört wurde, deren gele—- gentliches Auftreten die Legenden der al— ten Welt beſtäͤtigt. Der Kerl hattte den Arm eines Goliath“ „Und brauchte ihnauch?“ „Und brauchte ihn,“ erwiderte Welby mit einem leichten Erröthen. „Ich war unbewaffnet, und Klugheit iſt bisweilen mehr werth als Muth. Ein Brief von meinem Advokaten nöthigte mich, am an deren Tag nach New-York abzureiſen.“ „Wieder Klugheit?“ unterbrach ihn ſein Wirth. „Nein, ſondern wirklich ein Brief. Die ſen Morgen habe ich ſie wieder geſehen.“ „Und ſie erkannte Sie?“ ; „Nein, ich hůtete mich davor,“ verſetzte der Wüſtling. „Da indeß unſere Ange— legenheiten meinen Freund Bentley und mich noͤthigen, u Gaſtlichkeit noch einige Tage in Anſpruch zu nehmen,“ der Pflanzen verbeugte ſich „ſo hätte ich wohl Luſt, wieder mit ihr anzubin den.“ „Wünſche Glück dazu,“ ſagte Mr. Ray— mond, ſein Glas leerend. „Darf ich wohl von dem kleinen Pa— villion am Ufer Gebrauch machen?“ „Der Schlüůſſel ſteht Ihnen zu Dienſt.“ „Und das Boot?“ ; „Auch das Boot. Nehmen Sie Dan mit. Er iſt an ſolche Angelegenheiten ge wöhnt, und man kann ſich auf ihn ver laſſen, Wie heißt ihre Herrbrinenin „Der Name ihres Vaters war Auſtin.“ „Hum, entgegnete der bedenk lich, „ich habe von dem Mädchen gehört der Nichte eines jener pſalmſingenden, heuchleriſchen Schurken, welche die Peſt der Gegend ſind. Nehmen Sie ſich in Acht. Schon vor Butlers Einzug in New-Orleans mußten wir Pflanze höf— lich gegen dieſen Kerl ſein, denn er beſitzt einen ünbegrenzten Einfluß ůber die far bige Bevölkernng. Seit er den Sklaven den Glauben beigebracht, daß ſie eine Seele beſitzen, kennen Sie keinen Willen als den ſeinigen. Wenner Wind erhält, ſo ſtellt er ſich gegen Sie.“ „Ich fürchte ihn nicht,“ verſetzte der junge Amerikaner im Tone des Selbſtver trauens. ; „Aber ich, “ſagte der Pflanzer. „Saib!“ „Ja, Maſſa,“ entgegnete der älteſte Negerknabe. „Sambo ſoll friſches Eis ſchicken. Hur tig; der Wein wird warm.“ „Sehre wohl,“ erwiderte der Knabe und entfernte ſich. Darf ich auch Sie nach der Beſchaf fenheit Ihres Abenteners fragen?“ fuhr der Pflanzer gegen Bentley fort. „Es gleicht dem meines Freundes ſo ſehr, daß es nicht der Müůhe verlohnt, da— von zu ſprechen. Auch ich habe in dem Dorf ein Franenzimmer geſehen, das ich vor vielleicht zwanzig Jahren in England kannte.“ „Ah eine alte Liebe?“ rief Ernſt Welby. „Ich zweifle ob jetzt noch viel Liebe zwi~ ſchen uns beſteht,“ entgegnete Bentley. „Wünſchen ſie ſich bielleicht davon zu überzeugen ?“ „O hnein. Ich wollte, ich wäre ihr gar nicht begegnet. Dieſes Wiederſehen ſcheint mir ein Zeichen von übler Vorbe dentung zu ſein.“ „Aberglauben!“ rief der junge Ameri~ kaner ſpoͤttiſch. „Ihr Engländer könnt euch der Märchen und Sagen der alten Welt nicht entſchlagen. Sie folgen euch in die Hinterwälder und umſpucken euch in der Wildniß wie in dem abgelegenſten Winkel eures Mutterlandes.“ Sambo, der ſchwarze Küchen- und Kel~ lermeiſter, war eine ſehr bedentende Per— ſon in Mr. Raymond's Hanushalt, da er ſich vortrefflich auf die Bereitung der Spei ſen und Konfituren, namentlich aber der Eiſe verſtand, die in dem ſchwülen Klima des Südens eine ſo angenehme Erfriſchung bieten. Der alte Mann hatte ſich ſchon öſters freikaufen wollen; aber ein ſolcher Schatz war nicht leicht wieder zu erſetzen, und ſo behielt Sambo ſeine Dollars und der Pflanzer ſeinen Sklaven. Gleich den meiſten Angehörigen ſeiner Raſſe war er ein wunderliches Gemiſch von Trene und Tücke, Nengier und Wichtigthuerei. Die Sklaven der Pflanzung fürchteten ſich vor ihm eben ſo ſehr wie vor ihrem Herrn und er verlangte von ihnen eine weit krie chendere Unterwürfigkeit, als dieſer. „Nigger“ und „Wollkopp“ waren die ge— wöhnlichen Titel, mit denen er ſie anre— dete. „Erlaub Maſſo Sambo, mehr Eis für der Tiſch,“ rief der Knabe, in das Sane— tum des großen Mannes hineinſtürzend. „Was Du ſag, he?“ „Mehr Eis für der Tiſch.“ Der Kellermeiſter erwiſchte den Spre—- cher am Ohr und begann wacker auf ihn loszudreſchen. „Inpernenter Nigger, wo Du lern Manier? Kommt in Gentle~ mans Zimmer, ohne zu klopf!“ „Maſſa preſſir,“ brüůllte der Bote. „Wein warm.“ „Preſſir bei Maſſa ſchon recht, aber bei Wollkopf ſehre ſchlimm. Was branch preſſir ein garſtige Niggerbub he, ſag mir, Du Strick? Dn denn gar nie Ma nier lern? Schwatz, was ich will, ſchwatz immer zu, Eſel.“ „Ich bitt 'um Pardon,“ verſetzte der Sünder demüthig. „Will's thun nicht mehre.“ „Merk Dir, ſagte der alte Neger, ihn loslaſſend. „Jetzt ſag, was Du verlang.“ „Mehr Eis. Wein zu warm.“ „Maſſa kann wart, “erwiderte Sambo. „Saib, von was er ſprech bei Tiſch?“ Der Bote ſah ihn ſchlan an. „Will Du red, ſchwarz Deuf, oder ich —“ „Was Ihr geb mir?“ antwortete der Knabe, ſich klüglich aus dem Bereich ſeines Tyrannen zurückziehend. Da Sambo wußte, es ſei vergeblich, wenn er ihn zu erwiſchen verſuchte, ſo ka— pitulirte er mit ſeiner Würde und deutete auf die Ueberreſte einer Ananastorte. „Ehre! „Ehre,“ widerholte der Kellermeiſter.“ „Brauch Ehre zweimal,“ verſetzte der Knabe. „Gib Maſter Sambo Ehre als Gentleman?“ „Als Gentleman, “entgegegnete Sambo von dem Kompliment geſchmeichelt. „Und nicht wieder ohrfeig Saib?“ „Heute nicht,“ lautete die Antwort. „Dann ich ſag· Maſſa und ſeine Freund ſprech von yaller gal. „Nicht Sogniski?“ rief Sambo in einem Anflug von Eiferſucht. „Nein, Maſſa. Pfarrer Auſtin's yal ler gal, ũüber die Fluß drüb. Klein wei— ße Yankee, ſie ſah vor zwei Jahr. Maſſa leih ihm Schlüſſel zu Pavillion. Weiße Mann ſie hol.“ ; „Wann?“ ; „Nicht weiß. Denk Morgen Abend. Dan nimm der Boot und geh mit.“ „Da, Du freßiger Torte hinſchiebend „Und da der Eiskübel. Wenn Maſſa gib Saib der Peitſch vor zu viel ſchwatz, ſo geicheb ihm recht.“ In der Angſt üůber dieſen nicht unwahr ſcheinlichen Vi verſchwand der Knabe, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und der Kellermeiſter blieb mehrere Minuten in Gedanken vertieft ſtehen. Er hatte in Abweſenheit ſeines Herrn einigen von Mr. Auſtin's religiöſen Borträgen ange wohnt und theilte die Berehrung, mit welcher die farbige Raſſe zu ihm aufblickte obſchon er nicht zu den regelmäßigen Mit gliedern ſeiner Gemeinde gehoörte. „Er Savannah, Ga., den 10. luli 1872. guter Maun,“ murmelte er vor ſich hin. „Was geh den Fremd yaller gal an? Bei Maſſa das ein ganz ander Ding da Sambo nie ſag nein; aber Fremde noch nie gab Sambo Dollar.“ Es iſt ſchwer zu entſcheiden, in wie weit das letztere Moment einen Einfluß übte; aͤber als am anderen Morgen ſich der Pflanzer beſchwerte, daß er am Tag zuvor nicht mit ſeinem Lieblingsſiſch bedient worden ſei, erbot ſich der Kellermeiſter, ſelbſt über den Fluß hinüber zu fahren und den betreffenden Einkauf zu machen. Mr. Raymond ertheilte Erlaubniß dazu, und Sambo, der zn klug war, um mit dem Pfarrer ſich perſönlich zu benehmen, benützte dieſelbe, um eine lange Zwie ſprache mit der Obſthändlerin Bene zu halten. Nachdem er ſeinen Emkaunf be ſorgt hatte, kehrte er hochvergtůgt über den Gedanken, daß dem kargen Yankee ein Bein geſtellt ſei, nach der Pflanzung zurück. Gleich den meiſten Anſiedleru in Amerika, war Sam ein großer Jagdlieb haber geworden, und pflegte nach der Hitze des Tages dieſem Vergnügen nach zugehen, welchem das dichte Gebüſch an dem Ufer des Miſſiſſippi lohnende Nah— rung bot. Seine Fran und ſeine Schwe— ſter pflegten ihm dann, wenn er heimkehrte, entgegen zu gehen. Sie fürchteten nichts für ihre Sicherheit, denn der ehrwürdige Mann, unter deſſen Dach ſie lebten, war bei der ganzen Bevölkerung zu beliebt, als daß man Gefahr für ſeine Gaſte hätte beſorgen ſollen. Am zweiten Abend nach Bentleys's Erſcheinen ans der andern Seite des Fluſſes sůhlte ſich Beſſie zu un wohl, um ihre Schwägerin auf dem ge— wohnten Gang zu begleiten, weßhalb ſie mit Mr. Auſtin's Zuſtimmnng denſelben allein antrat. Sie war noch kein Mile weit gekommen, als ihr die alte Bene be— gegnete. „O Miſſie! o Miſſie Blanche!“ rief das ehrliche Geſchöpf, „warum Ihr geh ſo allein? Mondſchein ſehre ſchlimm für weiße Lady ſehre ſchlimm.“ „Gewiß nicht für den Teint,“ verſetzte die nichts ahnende junge Fran lachend. „Wer weiß,“ verſetzte die Negerin ſcharf. „Bene froh, daß ſie Euch treff. Wo Miſ ſie Glyde?“ 3n Haus“ „Klug von Miſſie, zu bleib da.“ „Warum. Iſt Gefahr vorhanden?“ „IJetzt nicht, nun Bene bei Euch. Ihr doch nicht zu ſtolz, zu geh mit arm alt Niggerweib?“ Im Gegentheil; ich freue mich, eine Geſellſchafterin zu haben,“ verſetzte Blanche ihren Arm nehmend. „Gut; nun Ihr ſicher,“ ſagte die Alte geſchmeichelt. „Wie ſchad, es ſein ſo dun— kel. Halt! ich nur ein Biſſel pfeif.“ Sie that ſo, und ein mächtiger Hund kam aus dem Gebüſch auf ſie zugelaufen. „Jetzt, Miſſie, ich Euch ſag, was Ihr thun ſollt. Ihr mit mir geh zurück zu Mr. Auſtin.“ „Zurück?“ verſetzte Blanch. „Ich will ja meinem Mann entgegen.“ „Er Euch ſchon treff daheim. Hier nicht ſicher. Böſe Mann komm, zu ſeh nach Euch er Euch nehm auf die an— der Seit von Fluß.“ Betroffen von dieſer Nachricht wandte ſich die junge Frau plötzlich um und be— merkte einen Menſchen, der, eben aus einem Boot geſtiegen, raſch der Stelle zu— eilte, wo ſie ſtand. „Das er ſein,“ flüſterte die Negerin. „Nicht fürcht Bene ſeiun bei Euch.“ Einige Sekunden ſpäter ſtand der Verfolger Blanche gegenüber. Trotz der dazwiſchen liegenden langen Zeit erkannte ſie ihn augenblicklich wieder. „Es iſt eine augenehme Nacht zu einer Waſſerfahrt,“ ſagte der Wüſtling, ſie am Arm faſſend, „und ich möchte Geſellſchaft haben.“ Blanche ſtieß einen Schrei aus. „Weg da, böſe Mann,“ rief Leue „Was ihr woll von Miſſie?“ Erneſt Welby, der bloß die Farbe, nicht aber das Geſchlecht der Sprecherin in's Auge faßte, erhob ſeinen Arm, um nach ihr zu ſchlagen; doch im nämlichen Moment ſtieß der Hund ein wildes Knur ren aus.. „Laſſen Sie mich los,“ ſagte Blanche flehend. Die Antwort des jungen Amerikaner war eine Widerholung des Verſuchs, ſie nach dem Kahn hin ſchleppen, in wel— chem Raymond's Diener, der an ſolche Auftritte gewöhnt war unbekümmert um den Erfolg ruhig ſeine Pfeife ranchte. Die beiden Frauen begannen nun aus Leibeskräften zn ſchreien. Während dies geſchah, krochen mehrere ſchwarze Geſtal ten durch das Gebüſch heran. „Wollt Ihr gehen laß?“ ſagte die Ne gerin. ; Rie.“ „So komm das Blut von weiße Mann über ſeine eigene Kopf!“ rief die alte feier lich. „Es nur ſeine, nicht Benes Schuld.“ Sie wollte eben den verſteckten Negern das Zeichen geben, als ſich aus einiger Entfernung Sam's Stimme vernehmen ließ. Er hatte das Geſchrei ſeiner Frau vernommen und kam in rieſigen Sprün— gen den ſteilen Uferdamm heruntergeeilt welcher den Weg von dem Fluß trennte. „Helft mir, hren rief der Wüſtling dem Mann im Kahne zu. Der Angerufene wollte an's Land ſtei- gen; aber einer der Neger trat aus ſeinem Verſteck hervor und richtete den Lauf eines Gewehrs auf ihn. Dies bewog ihn ruhig wieder ſeinen Sitz einzunehmeu. „Nehmt Reißaus,“ ſagte Dan „Das Gebüſch wimmelt von Niggers.“ Ein Blick überzeugte Welby, daß nicht nnr ſein Verſuch fehlgeſchlagen war, ſon— dern daß ein längeres Zögern ſogar ſein Leben in Gefahr brachte Mit einem Fluch ließ er ſein Opfer los und eilte nach dem Kahn, der ſogleich mit ihm von hin— nen runderte Sam wollte ihm nach—~ ſchwimmen, und nur der entſetzte Ruf der Negerin, die ihn vor den Alligatoren warnte, konnte ihn zurückhalten. Er wandte jetzt ſeine ganze Aufmerkſamkeit Blanche zu, anuf welche der Schrecken ſo lähmend gewirkt hatte, daß ſie ſich außer Stande fühlte, zu gehen. Bald war eine Tragbahre angefertigt, uud ſie wurde unn von ihrem ſchwarzen Geleite nach der Wohnung ihres Onkels zurückgebracht, der kaum ſeinen Sinnen glauben konnte, als man ihn von dem Vorfall unter richtete. „Er kann nicht aus der Nachbarſchaft ſein,“ bemerkte der Geiſtliche. „Nein, nein,“ ſchluchzte ſeine Nichte. „Es war derſelbe ſchreckliche Mann—Du erinnerſt Dich des Waldes zwiſchen unſern Farmen, Sam, in welchem Du mich ſchon einmal vor ihm bewahrteſt.“ „Der Elende!“ rief Sam. „Und ich habe nicht einmal ſein Geſicht geſehen!“ „Was ſoll Geſicht, Maſſa?“ verſette Bene. „Er es nicht wieder zeig auf dieſe Flußſeit, wenn er ſein Leben lieb hab.“ Die Negerin wollte auf alle Fragen des Pfarrers nicht weiter enthüllen, da ſie ihrem Freund Sambo verſprochen hatte, ihn nicht zu verrathen. Auch hatte ſie dem Letzteren die Zuſage geben müſſen, daß dem Guſt ſeines Herrn nichts geſchehen ſolle; daher das Anſichthalten der von ihr gewarnten Neger, die ſonſt ganz anders gegen den Fremden verfahren waären. „Wenn er wieder komm,“ ſagte ſie, „ſo ſchwarz Mann ihn todt ſchieß wie tolle Hund. Genug da zu wach für Miſſie, nun ſie wiſſen, daß Gefahr ſein.“ „Ich danke Euch,“ entgegnete Sam; „aber in Zukunft will ich jelbſt für ſie Sorge tragen.“ Zweiundfünfzigſtes Kapitel. Am anderen Morgen erzählte Welby ſein Abentener und drückte die lUeberzeu— gung aus, daß in Plan verrathen wor— den ſein müſſe. „Von wem?“ fragte Raymond, ihn feſt in's Geſicht faſſend Der Verwandte des Generals Butler zuekte die Achſeln. „Iſt dies eine Antwort?“ „Welche andere kann ich geben, da ich nicht weiß, auf wen ich meinen Argwohn werfen ſoll? Von Dan nicht, denn ich theilte ihm meine Abſicht erſt mit, als wir auf dem Waſſer waren. Aber ich habe die Dirne nicht aufgegeben,“ fuhr der Wüſtling fort. „Gefahr und Schwie rigkeit verleihen einem ſolchen Abenteuer einen weiteren Reiz.“ „Wenn Sie ein Freund von Gefahren ſind, ſo kann ich Ihnen dieſe in reichlichem Maß verſprechen,“ verſetzte ſein Wirth. „Sie ſagen, das Gebüſch ſei voll Niggers geweſen?“ „Eben aus dieſem Umſtand ſchließe ich, daß meine Beute gewarnt war.“ „Ihre Freunde vielleicht, aber nicht die Perſon ſelbſt, da ſie ſonſt ſchwerlich her ausgekommen wären,“ bemerkte der Pflanzer. „Ihr Onkel gilt als eine Art Heiliger unter der farbigen Bevölkerung die ſich ſeit der Rebellion und der get ung von New-Orleaus unverſchämter als je benimmt. Es koſtet ihm einen Wink, um ein ganzes Regimemt in Waffen zu rufen. Wer war außer mir und meinen Gäſten zugegen, als Sie Ihre Plane zur Sprache brachten? Halt ich erinnere mich der Negerknaben. Ohne Zweifel hat einer da— von gegen Sambo geplaudert, der ſo neu— ierig und ſchadenfroh iſt wie eine Elſter. E iſt am andern Morgen über den Fluß gefahren, um Fiſche einzukaufen.“ „Auf Ihren Befehl?“ „Nein; er erbot ſich ſelbſt dazu. Jeden falls war er drüben“ „Und hat geſchwätzt!“ rief der jnnge Amerikaner obt vor Wuth. „In der That, ich möchte wiſſen, wem ich dieſen Querſtrich zu verdanken habe. Vielleicht bringt ihn die Peitſche zum Sprechen.“ (Fortſetzung folgt.) —V ff Taufe der jüngſten Tochter Sr. t . Hoheit des Kronprinzen von Preußen. Es wat keine Staats-Ceremonie, es war eines der in der Geſchichte unſeres Königshauſes ſo oft wiederkehrenden de milienfeſte und amitenbilder welches am 4. Juni im Neuen Palais bei Pots— dam durch die Aufnahme der jüngſtge· borenen Tochter Sr. k. Hoh. des Kron—~ prinzen in den Bund der heilleen Taufe gefeiert wurde. Bei früheren Gelegenhei ten wurde zu dieſem Zwecke der ſoge· nannte Thronſaal in den nach der Park· ſeite hinausgehenden Parterreſälen des Neuen Palais benutzt, diesmal jedoch war, in Anbetracht der weiteren Ausdeh nung des Feſtes, jene an den Muſchelſaal gelegene Galerie gewählt worden, welche mit Gold, Spiegeln und Jaspis bekleidet, einen der impoſanteſten Räume des an ſolchen eben nicht armen Neuen Palais bildet. An einer Wand in der Tiefe des Saales war ein Thronhimmel aus pur purrothem Sammet errichtet, unter dem ſelben ein Altar mit einem himmelblauen Altartuch, in das ſilberne Kreuze einge wirkt und an deſſen Vorderſeite das Ei ſtrne Krenz eingeſtickt. Der einzige Schmuck des Altars war ein Crueifix und eine große Bibel, in deren Decken prachtvolle Elfenbeinſchnitzereien mit Dar— ſtellungen aus der heil. Schrift eingelaſ ſen waren, und über dem Altar ein Chri— ſtuskopf in goldenen Rahmen. Vor dem Altar ſtand der Tauftiſch, mit einer rothſammeten goldgeſtickten Decke beklei— det, und auf demſelben die goldenen Tauf gefäße. Vor demſelben ein mit rothem Sammet behangener Schemel, Blumen, Teppiche und hohe vergoldete Leuchter, vollendeten die Ausſchmückung der Tauf capelle. Es waren vom Hofmarſchall~ amt S. kaiſ. Hoheit des Kronprinzen an 175 Einladungen ergangen, zum Theil aus Berlin, zum Theil aus Potsdam. Die Berliner haſe wurden per Extrazug bis nach Wildparkſtation, und von da in. Hofequipagen nach dem Neuen Palais be— fordert. Darunter befanden ſich die Würdenträger des Hofes, die Miniſter mit ihren Gemalinnen, die Generalität; aus Een die Spitzen der Staats- und Gemeindebehörden, die Regiments- Commandeure, von der Diplomatie der engliſche Botſchafter Lord Odo Ruſſel mit Gemalin, der italieniſche Geſandte Graf Launay mit Gemalin, und vom übrigen diplomatiſchen Corps die Vertre ter der Höfe und fürſtlichen Häuſer, ſo~ weit Mitglieder derſelben Pathenſtelle vertraten. Darunter waren die Geſandten von Braſilien, von Baiern, Württemberg, Sachſen, Baden, u. a. m. Die Geſell~ ſchaft nahm ihren Eintritt durch den Mu ſchelſaal; aber nicht nur goldgeſtickte Uni formen, aroße Bänder und gliternde Ordensſterne, nicht nur rauſchende und ſchleppende Roben, Blumen und Diamanten ſah man, ſondern auch das einfach bürgerlich beſcheidene Kleid wurde, wenn auch in einiger Ferne, bemerkbar. Es waren Perſonen, die zum Hauſe der kronprinzlichen Herrſchaften gehoöͤrten, mit denen dieſelben während ihres Landauf enthaltes in täglichen Verkehr kommen, und dieſe ſollten bei der Feierlichleit nicht gemißt werden; auch darin prägte ſich der Familien Charakter derſelben aus. Was am Ceremoniell zu beobachten war, das wurde von dem Viee-Ober-Ceremo nienmeiſter v. Roeder, dem Grafen Eulen— burg, dem Hofmarſchall Sr. Königl. Ho— heit des Kronprinzen überwacht. Kurz nach 2 Uhr öffneten ſich die Flügelthüren des links von der Muſchelgrotte gelegenen Tamerlan-Zimmers, das nach dem coloſ ſalen Bilde Tamerlan und Bajazet von Leſti benannt iſt; unter dem Vortritt des Grafen Eulenburg erſchien der Zug der fürſtlichen Perſonen, die ſich dort verſam melt hatten. Seine Majeſtät der Kaiſer führte die Kronprinzeſinn von Italien, der Kronprinz die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin; der Kronprinz von Italien die rimein Carl, der Großherzog von Mecklenburg·Schwerin die Prinzeſſin Friedrich Carl, der Prinz Friedrich Carl die Herzogin von Mecklen~ burg. Es folgten noch: Prinz Albrecht Sohn, Prinz Alexander, Prinz Anguſt und Wilhelm von Württemberg, der Erb— großherzog von Sachſen, der Erbgroßher— zog von Mecklenburg ·Strelitz, Herzog Elimar von Oldenburg, Erbprinz von Sachſen Meiningen und Prinz Friedrich von Hohenzollern. So bewegte ſich der Zug in die Jaspis Gallerie und ſtellte ſich in einem Kreiſe um den Taufaltar auf. Vorher war Ihre Koönigl. gektit die Kronprinzeſſin mit ihren Kindern, mit Ausuahme der älteſten Prinzeſſinen, von einer andern Seite in den en getreten und hatte ſich in einen Seſſel rechts vom Altar viedergelaſſen. Ihr zur Seite ſtan— den die Kinder, der Aelteſte zunächſt, ſchon in Lieutenants· Uniform mit dem Bande des Schwarzen Adler Ordens, ein reicher, blühender Segen ein Fenilien 3rll in einem Königshauſe. Man ſah es die ſen friſchen, von körperlicher und geiſtiger Geſundheit blühendey Zügen der hohen en wahrhaftig nicht an, das ſie dem emal das achte Kind geſchenkt. Nur aus ihren Augen ſah man die Rührung und die Bewegung des Mutterherzens, Angeſichts der heiligen Handlung, die an dem jüngſten Pfand der Liebe und einer der glücklichſten Ehen vollzogen werden ſollte. Zum zweiten Male öffneten ſich die Thüren, und unter Vortritt des Gra fen Eulenburg nnd der Kronprinzlichen Hof- und Leibpagen wurde der Täufling bracht Das Kind wurde von der Oberhofmeiſterin der Kronprinzeſſin, der Gräfin v. d. Goltz, auf einem ruen Sam— metkiſſen getragen trug ein Taufkleid von weißem lin init weißen Spitzen, deſſen Schleppe von den Hofdamen, der Gräfin Brühl und rtulein v. Below, tregen wurde. Zu beiden Seiten der Oberhof meiſterin gingen die älteſten Töchter des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Carl, Einzelinnen Charlotte und Eliſa— beth. Die Damen trugen Kränze und Sträuße von Kornblumen, kornblumen— blau war auch die Sammetſchleppe der Oberhofmeiſterin; bekanntlich iſt dies die I. Stern, Herausgeber. Laufende Nummer 64. Lieblingsfarbe des Kaiſers, und wie man erzählte, hatte es die Kronprinzeſſin ſo an geordnet. Der Täufling wurde von den beiden Prinzeſſinen der Kronprinzeſſin von Italien ůübergeben. Die hohe Fran trat mit demſelben vor den Altar, auf den Stufen deſſelben ſtaud der erſte Geiſtliche der Friedenskirche, zu deren Parochie das Neue Palais gehoöͤrt, Hofprediger Heym, umgeben von den Hofpredigern Berlins und Potsdams. Nach dem Geſange des Domchors „du Hirte Iſraels“ wies Hofprediger Heym auf ſeinen Terxt: „Friede ſei mit dir!“ im Eingange ſeiner Rede auf jene Taufe hin, nen vor zwei Jahren in demſelben Königshauſe kurz vor dem Beginne des Krieges und unter dem Ein druck der Baungniß vor den kommenden Ereigniſſen ſtattgefunden hatte, und wie ſich die Gnade Gottes mächtig an dem Königlichen Hauſe erwieſen. Die Rede war kurz, gedanken- und eindrucksvoll. Nach derſelben begann die Taufhandlung. Die Kronprinzeſſin von Italien hatte von Anfang des heiligen Aectes an das Kind gehalten und hielt es auch während der Taufhandlung, bei dem „Vater unſer“ traten alle Anweſeuden herzu und legten die Hand auf daſſelbe. Die Namen, die ihm beigelegt worden, waren Margaretha Theodora Beatrice. Von Seite des Täuf lings wurde keine beſondere Störung be— liebt, nur ab und zu wurde eine leiſe Stimme hörbar, im Uebrigen benahm er ſich ſehr artig und ſehr würdevoll. Nach dem Schlußgebet des Geiſtlichen und dem Geſang des Domchors wurde das Kind von der Kronprinzeſſin von Italien der Mutter in den Arm gelegt und Beide empfingen den Segen. Damit war der kirchliche Aet zu Ende. Seiner Majeſtät der Kaiſer nabele ſich hierauf der Schwie— gertochter, brachte ihr ſeine Glückwünſche dar und führte ihre Hand an ſeine Lippen. Nach ihm ſo alle uͤbrigen Herrſchaften. Darauf zog ſich die fürſtliche Frau in den zweiten Saal in der Jaspis·Galerie, in die Kammern Friedrichs des Großen, zurück und nahm dort, auf einem Sopha ſißend, in einem vorůbergehenden Vernei gen der geladenen Gäſte die Glückwüůnſche derſelben entgegen. Dieſelben begaben ſich nach dem in der erſten Etage bele— genen Marmorſaal, wo die Tafel ſervirt war. Die Kronprinzeß fuhr mit ihren Kindern zur Königin-Wittwe nach Sans— ſouce, wo ſie an Tauftagen das Mittags-~ mahl einzunehmen pflegt, die hohe Fran nimmt an dieſem Tage nicht an der gro— ßen Tafel Theil. Die Kronprinzeß trug bei der Feierlichkeit eine hellviolette, am Halſe geſchloſſene ſeidene Robe, eine Coif fure von derſelben Farbe, und in der Hand ein Bouquet von weißen Roſen, die Kron— prinzeß von Italien eine ſeidene und da— rüber eine Tüllrobe von der Farbe der Theeroſen, vorn war dieſelbe ſchürzenför— mig mit künſtlichen Blumen garnirt, bon ihrem Haupte fiel ein weißer ſilbergeſtickter Schleier herab, und der Glanz der Dia— manden verdunkelte faſt den Glanz ihrer Augen. Der Kaiſer trug Generalsuni form und die Kette des Schwarzen Adler ordens und des Hohenzollernordens, der Kronprinz noch dazu die Kette des Hoſenbands und der Kronprinz von Ita— lien die Uniform des im an dem Tage verliehenen 13. Huſaren Regimentes. So verlief das gelt in dem Koöͤnigshauſe, das durch die Anweſenheit der vielen hohen Gäſte noch an Bewegung gewonnen hatte, in wahrhafter Freudigkeit, dem zur Erhö hung die Natur ihr ſchönſtes Pathenge—~ ſchenk, einen bezaubernden Frühlingstag gegeben hatte. (Spener. geitung.) Das Programm der ,„monarchiſch~na~ tionalen“ rem des Reichstages lautet nach der „Süddentſchen Reichspoſt“: 1) In Hinſicht ans die immer tiefer greifenden Tagesfragen, die, ungelöſt und falſch behandelt, Staat, Kirche und Ge— ſellſchaft zu erſchüttern drohen, hält ſich die eonſervative Partei des Reichstages fr verpflichtet, die Grundſätze klar zu le—- gen, nach denen ſie wie bisher, ſo in Zu-~ kunft im neuen Deutſchen Reiche Stellung genommen hat, bez. nehmen will. Als politiſche Partei im Deutſchen Reiche hat ſie deutſche Intereſſen zu vertreten, und erkennt es als Nothwendigkeit an, die gleichartigen Beſtrebungen in allen dent ſchen Staͤaten in üch zu vereinigen. Die— ſelbe wird nur dann gedeihlich zu wirken vermögen, wenn ſie es als ihre Hauptauf— gabe erkennt und wenn es ihr gelingt, auf einer feſtbeſtimmten Grundlage mit der Regierung zu ſtehen und mit he Hand in Hand in gegenſeitigem Vertrauen zu han deln. Auf der andern Seite kann aber auch die Regierung des Rückhalts einer conſervativen Partei um ſo weniger ent~ behren, als dieſelbe für gewöhnlich nicht ohne und gegen die Majoxitãt des Reichs tages zu regieren vermag und ihr, in Er mangelung einer feſten Baſis der ſtaat lichen Entiwickelung, die zur Sicherheit ihrer Zukunft nothwendige Stätigkeit, fehlen wüůrde. Dieſe daſs muß aber eben eine feſte, d. h., eine ſolche ſein, auf welche die Regierung ſich verlaſſen und mit der ſie in den bewegenden Fragen der Zeit mit Zuverſicht und Vertranen rechnen kann. 2 Die conſervative Partei iſt ihrem politiſchen Grundgedanken nach die mo— narchiſch- nationale Partei. Als ſolche (Fortſetung auſ der vierten Seite.)