Savannah Abend Zeitung. (Savannah [Ga.]) 1871-1887, August 21, 1872, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page.

Savrannah Abend Zeitung. Frof. C. I. Vanſemer, Redakteur. 2. Jahrgang. No. 18. Kette und Einſchlag. Eine Erzͤhlung aus der Zeit der Baumwollennoth in Mancheſter von I F Smith. (Fortſetzuna.) Actunlen ines Kapitel. Während der Rechtsgelehrte ſich nach ſei— nem Zimmer begab, fühlte er blotlich eine Hand auf ſeiner Schulter. „Wie, Doktor,“ rief er; „Sie haben Ihren Pa— tienten verlaſſen?“ „Er kann ohne mich ſterben, rechn' ich,“ lautete die Antwort. „Sterben?“ „Der arme Menſch hat keine vierund granzia Stunden mehr zu leben. Kein naer hätte das aushalten können.“ „Ich habe nie gehoört, daß dieſe interreſ— ſanten Kreaturen der Apoplexie unterwor fen ſind.“ „Apoplexie?“ fragte der Mann der Wiſtſha den otodnen mit einem eigenthümlichen Ausdruck in's Auge faſ— ſend. „Das wiſſen Sie wohl beſſer.“ Sprechen Sie deutlich, Mann. Ich bin kein n von Räthſeln.“ „Wohlan, ich vermuthe wohlge merkt, es iſt für den Augenblick bloß eine Vermuthung daß der Patient vergif tet worden iſt. Es wird ſich bald her ausſtellen, ob ich Recht habe, und deß— halb bitte ich Sie, mit mir zu ihm zurück— zukommen.“ Twiſſelton entſprach dieſer Aufforderunß. Der Arzt nahm dann die halbleere Weinflaſche zur Hand und begab ſich, von dem Advokaten begleitet zu einem berühmten Chemiker, welcher den Wein mit verſchiedenen Reagentien prüfte. Kein Reſultat „So muß es etwas Auderes geweſen ſein,“ murmelte der Doktor. „Fremder, wie lange befin den Sie ſich ſchon in dieſem erleuchteten Land der Freiheit?“ „Meinen Sie Amerika?“ „Natürlich. was könnte ich ſonſt mei nen?“ „Ungefähr zwölf Tage.“ ; „Und wie lang in New -· Orleans?“ „Seit dieſem Morgen.“ „Möglich, das ich ihm unrecht thue,“ dachte der Amerikaner. „Nun ja, ich ich kann zuwarten bis morgen.“ „Wenn, wie Sie andenten, bei dem Zuſtand meines Klienten ein Schlimmes Spiel im Werk iſt,“ ſagte Twiſſelton auf dem Rückweg nach dem Hotel, „ſo iſt meine Pflicht klat. Ich muß dem briti ſchen Konſul Anzeige machen und nach ſeinen Weiſungen handeln,“ „Iſt Ihnen dies Ernſt, Britiſcher?“ ver— ſetzte der Doktor, ihn ůberraſcht betrach— tend. „Warum nicht?“ „Nun, man kenn noch warten. Nicht daß ich viel werde machen können; aber es iſt doch vielleicht Ausſicht vorhaͤnden. Morgen muß ſich's herausſtellen. Kein Geheimniß mehr, wenn er unter's Meſſer kommt.“ Bei dieſer Hinweiſung auf die Sektion überlief es ſeinen Zuhörer kalt. „Es wird mir nicht gelingen, dieſen Bentley vor dem Galgen zun bewahren,“ dachte er. „Schade, daß bei ſeinen ſchönen Ge— ſchäftstalenten die Moralität ſo abge— ſtumpft iſt.“ Wir kehren jetzt an Bord der Schlange zurück. Dieſes wackere Schiff war ſchoͤn jetzt ſeit zwei Tagen von dem Kurs, den ſein Ftrachtbrief vorſchrieb, abgegangen, ohne daß ſich der Argwohn, zu welchem Welby's Benehmen Anlaß gegeben, ge— mindert hätte. Er fühlte ſelbſt daß er bewacht wurde, und bereute bitter ſeine Unbeſonnenheit. Bentley that zwar, als ſei nichts vorgefallen, was geeignet wäre die Harmome ihrer Veziehnngen zu ſtören aber der ehrliche Kapitän verſtand ſich nicht auf Verſtellung, und nur die ent ſchiedene Einſprache ſeines Weibes konnte ihn hindern, daß er nicht den anrůchigen Amerikaner ſeiner Negerin unter den Lu— cken Geſellſchaft leiſten ließ. „Ich möchte nur wiſſen, was den Kapitän ſo vollig umgewandelt hat,“ ſagte der Heuchler, als er mit Ben-·ley aůf dem Deck auf - und abging. „Seit drei Tagen geberdet er ſich eher wie ein verwundeter Alliga— tor, als wie ein vernůftiges Weſen. Ich hätte nicht gedacht, daß ihr Engländer ſo verwünſcht tugendhaft ſeid.“ „Es iſt nicht die Geſchichte mit Blanche,“ verſelte Bentley. „Was zum Henker ſonſt?“ „Ihr Staunen iſt zu künſtlich, um ganz natůrlich zu ſein Haben Sie die Drohung oder die Warnung, daß der Miſſiſſippi näͤher ſei als der Merſey ver— geſſen?“ „Iſt s möglich, daß man einem in der Leidenſchaft ausgeſtoßenen Wort Bedeu— tung beilegen kann? Theilen Sie den Argwohn?“ „Ich? Nein. Daß aber der Kapitän und ſeine Frau ſcharfen Verdacht gegen Sie hegen, müſſen Sie geſehen haben. Wären ſie ihrer Sache gewiß, ſo dürfte ſich Ihre Lage höchſt unangenehm geſtal— ten.“ „Und was ſagen Sie dazu?“ „Nichts. Ich warte ab.“ „Hören Sie mich an,“ fuhr der Ame— rikaner mit erkünſtelter Zutraulichkeit fort. „Ich ſagte Ihnen von Anfang daß die Spekulation nicht ohne Gefahr ſſei, und Sie erinnern ſich, daß Sie ſich ſelbſt zu derſelben angeboten haben. Ich et; Sie von meineẽ Verwandtſchaft mit Butler und meiner Hoffnung, er werde mir zu lieb bei der Sache ein die zudrücken, in Kenntniß geſetzt. Fanden Sie es anders, als ich ſagte?“ „Nein „Je mehr wir uns England nähern, deſto geringer wird die Gefahr, aufge— bracht zu werden. Abex,wenn es den— noch geſchaͤhe ſein Aſfoeie faßte ihn feſt in s Auͤge —ware es gerecht, mich des Verraths zu beſchuldigen?“ „Vielleicht nicht,“ entgegegnete der Engländer. „Doch laſſen wir dieſen un angenehmen Gegenſtand fallen. Ich be urtheile die Menſchen nach ihren Hand— ſlungen, nicht nach Ihren Worten.“ Im Laufe des Tags beſchied Mrs. Drake ihreu Gatten nach Blanche's Ka— ſjüte; ſie konnte die Ungewißheit nicht länger ertragen und beſchloß, ihren Zwei— ſfeln mit einemmal ein Ende zu machen. „Du mußt es einleiten, Drake, das Welby wenigſtens eine Stunde auf dem Deck feſtgehalten wird. Mache ſo lange den Angenehmen gegen ihn.“ „Weunn Du wünuſcheſt, ſo will ich es verſuchen, meine Liebe.“ „Nicht verſuchen; es muß geſchehen. Du verſtehſt mich.“ „Aber was ſoll ich zu ihm ſagen?“ „Was Du willſt; es iſt nichis unrech— tes, der Verſtellung mit Verſtellung zu begegnen. Im ſchlimmſten Fall ſchickſt Du ihn unter die Lucken.“ „Aber wenn er nicht gehen will?“ Thu Deine Pflicht als Mann!“ ver— hſetzte ſeine beſſere Hälfte mit funkelnden ſAugen. „Schade, daß ich nicht auf's Deck kann, um die Sache ſelbſt in die Hand zu nehmen; aber ich habe mein Wort gegeben, dieſes hilfloſe Weſen nicht hzu verlaſſen, und will es halten. Merke Dir, er muß eine volle Stunde feſtgehal ten werden.“ Wir wollen nicht auseinander ſetzen, wie der Kapitän die Erfüllung dieſes Be fehls angriff, und bemerken nur, daß es ihm gelang, ihn nach dem Buchſtaben auszuführen. Eine halbe Stunde nach der ſeben erwähnten Beſprechung näherte ſich einer der Schiffsjungen Mr. Bentley und ſagte ihm, daß Mrs. Drake ihn zu ſpre ſchen wünſche. Als er dieſer Aufforde— rung gemäß in Blauche's Kajüte trat, er— ſkanunte er auf den erſten Blick, was vor— gefallen war. Mrs. Drake hatte Welby's ſßeiſekoffer öffnen laſſen, und zu oberſt darin eine amerikaniſche Flottenoffiziers uniform nebſt der Beſtallung des Ver— ſräthers zum Lieutenant gefunden Jeder 3weifel war damit gelöst. „Was iſt nun anzufangen ? wiederholte die Dame. „O, daß ich ein Mann wäre! CEhe ich mein Schiff in die Krallen eines dieſer nordiſchen Kreuzer fallen ließe —“ Bent ſley wartete auf die Vollendung des Satzes; aber Mrs. Drake hielt inne und ſfügte nach einer Larſe bei: „Möge mir der Himmcl verzeihen, aber wir alle ſind ſündige Geſchöpfe. Es läßtſich nicht ſmachen, und doch iſt es hart, daß wir verlieren ſollen, was mein Mann und ich in dreißig Jahren zuſammen geſpart ha— ſben. Die Schlange wird eine reiche Priſe geben.“ „Sie iſt noch nicht r emnien.“ be~ ſmerkte der Gentleman kalt~ Mrs. Drake legte ihre Hand auf ſeinen ſArm. „Ich habe vorhin übereilt geſpro— hchen. Wiſſen Sie, was der Widerſtand gegen ein Kriegsſchiff für Folgen hat? ſVerſprechen Sie mir, den Kapitän und die Mannſchaft, die ihm durch Feuer und Waſſer folgen würde, nicht zu einer toll ſkühnen Handlung zu veranlaſfen. Sie hätten es ſammt Allen an Bord mit dem Leben zu büßen.“ „Ich verſpreche es Ihnen.“ „Kehren Sie aufs Deck zurück, Mr. Bentley. Wir wiſſen jetzt das Schlimm— ſſte, und das iſt jedenfalls beſſer als die Ungewißheit. Was auch kommen mag, ſwir müſſen uns unterwerfen.“ CEhe Bentley nach dem Deck ging, wie lihm die Dame geheißen, begab er ſich auf heinige Minnten nach ſeiner Kajüte und kam mit einer Cigarre zwiſchen den Lip— pen zurück; es war eine der duftigen Ha— ſvannas, die wir bereits kennen. Was Henkers.haben Sie mit Drake geſalba— dert ?“ ſagte er, als Welby ſich ihm an— ſchloß. „Weiß ſelbſt nicht,“ verſetzte der Ame— rikaner lachend. „Ich glaube, der alte Narr bereut ſeinen Argwohn.“ „Wohl möglich.“ „Und Sie? „Ich ſagte Ihnen bereits, daß ich keinen habe.“ „Freut mich dies zu ·hören; und zum Beweis will ich mir von Ihnen ein Ci garre erbitten.“ Bentley reichte ihm ru— hig das Etui hin. Sie gingen einigemal miteinander ůüber das Deck; dann fuhr der Amerikaner mit der Hand über die Surne als ob ihn plötzlich ein Schmerz oder Schwindel anwandle. Sein Be gleiter ſchien es nicht zu bemerken. Vom Maſtkorb aus der Ruf: „Schiff in Sicht!“ Welche Farben ?“ rief der Kapitän. „Ameritaniſch. Nordiſcher Kreuzer.“ Savannah, Ga., den 21. Auguſt 1872. l „Wer Henkers hätte anch erwartet, in dieſer Breite auf einen von unſeren Kut· tern zu ſtoßen ?“ bemerkte Welby. „Setzt jeden Zoll ans!“ rief Drake. „Wir ſind vielleicht ſchneller als ſie.“ Der Amerikaner lächelte. Die Jagd brachte nach drei Stunden die amerikaniſche Schaluppe in eine ſolche Nähe, daß eine ihrer Kugeln über die Buge der Schlange wegſtrich. „An die Kanonen !“ riefen mehrere von der Mann—- ſchaft. „Nicht gerührt!“ befahl der Kapitän. „Kein Leben ſoll auf s Spiel geſetzt wer den. Wir haben unſer Beſtes gethan, und ohne den Verraty —“ „Verrath!“ wiederholte Welby ironiſch. „Mr. Welby, Sie ſind ein Schurke,“ rief John Bentley. „Ich kann Nachſicht haben mit einem verlierenden Spieler,“ verſetzte ſein Aſſo eie. „Legt bei ihr Leute, wenn ihr nicht von dem Spitfire eine volle Lage kriegen wollt.“ „Er kennt den Namen,“ ſagte Drake ächzend. „Werde wohl, da ich lange genug auf ihm gedient habe.“ Ein Ziſchen der Ma troſen folgte auf dieſe eyniſche Erklärung. In dieſem Augenblick erſchien Mrs. Drake auf dem Deck, um einem etwaigen frucht~ koſen Widerſtand Einhalt zu thun. „Werft den Verräther in's Meer!“ rief Sands. „Und läßt Ench hängen, Mann für Mann,“ entgegnete Welby ſpottend. „Die Rache iſt ſͤß, aber nicht für dieſen Preis.“ Als das Boot des Spitfire heranrn~ derte, ſprang der Amerikaner in die Puttingen und rief der Mannſchaft ermu thigend zu. Seine Anfregung ſchien ſich zum Wahnſinn geſteigert zu haben. Plötzlich befiel ihn ein Schwindel; er fuhr mit der einen Hand über die Au— gen, während er mit der andern ſich am Fauwerk feſthielt „Raſcher raſcher! Das Schiff iſt unſer faͤlſche Papiere, falſcher Beſtimmungsort. Südliche Baum wolle auf engliſchem Kiel.“ Die Ameri kaner ſtießen ein lantes Hurrah aus. Welby verſuchte es zu erwidern, aber ſeine Kräfte ſchwanden, und er ſank wie ein Bleiklotz zwiſchen dem Boot und der Schlange nieder. Die Mannſchaft war tete vergeblich auf ſein Wiederanftauchen. „Ertrunken!“ riefen ſie mit einem Fluch. Johu Bentley lächelte, als dieſes Wort an ſein Ohr ſchlug. Neunundſechzigſtes Kapitel. „Aus mit ihm!“ ſagte der Komman deur der Schlange einige Minuten ſpaͤter während welcher die Mannſchaft an Bord mit größter Spannung dem Wiederauf— tauchen des Amerikaners entgegengeſehen hatte. „Möge Gott ihm vergeben,“ fügte Mrs. Drgke in ihrer gewöhnlichen ruhigen Weiſe bei. „Ich fuͤrchte, er iſt ein ſchlim mer Mann geweſen.“ „Ein hölliſcher Schurke, dem nur wi— derinbr. was er verdient hat,“ rief Bent— ey. „Bst !“ verwies ihm die Kapitänsfrau. „Es ziemt uns ſündigen Geſchöpfen nicht dem Erbarmen Gottes vorzugreifen.“ Blanche wußte, daß die Schlange von einem amerikaniſchen Kriegsſchiſf gejagt wurde, und die Furcht, aufs Neue in die Gewalt ihres Verfolgers zu kommen, lag wie ein lähmender Alp auf ihr. Mrs. Drake fand ſie auf den Knien liegend. „Verloren ! verloren !“ murmelte ſie ihren ſtarren Blick auf das blaſſe Geſicht ihrer wohlwollenden Beſchützerin heftend. „Die Schlange ja, meine Liebe,“ ver ſetzte ihre Freundin, „aber Sie ſind ſicher.“ „Und er der ſchreckliche Mann?“ „Todt im Augenblicke ſeines Trium— phes. Er ſtürzte, als er eben die Mann— ſchaft unſerer Feinde begrüßte von den Puttingen in's Meer, um nicht wieder aufzutauchen.“ „Dem Himmel ſei Dank!“ rief Blanche, ſich von ihren Kmieen aufrich tend und' die Sprecherin umarmend. „Ach, das iſt ein gottloſes Gebet,“ fügte ſie nach einer Panſe bei. „Ich hätte nie geglaubt, daß ich mich einmal über den Tod eines Menſchen werde freuen können und doch iſt es jetzt ſo weit gekommen. Aber bedenken Sie, was ich von ſeiner Verfolgung gelitten habe. Bin ich nicht getrennt von meinem Mann und meinen Freunden? Hat er mich nicht faſt ſo weit getrieben, daß ich zweifelte an der Gerechtigkeit der Vorſehung?“ „Ihre Führungen ſind weiſe,“ bemerkte die Dame ernſt. „Doch kann ich, obſchon ich mich nie in einer ähnlichen Lage be fand, in Ihre Gefühle hineindenken.“ „Und ſie mir verzeihen? „Das muß der Himmel thun; aber ſie ſcheinen mir natürlich zu ſein. Ich verlaſſe Sie jetzt für eine kurze Weile, da ich eine Vrl zu erfůllen habe; denn mein Rath, meine Zuſtimmung iſt ſchuld daß dieſes Unglück, welches uns der Frucht vieljähriger ehrlicher Bemühun— gen beraubt, über uns hereinbrach. Sie ſelbſt dürfen unbeſorgt ſein. Unſere Ero— berer werden Ihnen nichts zu Leide thun da ſie damit nur unſerer Mannſchaft die Ferrrtiauno zum Widerſtand in die Hand geben wůrden.“ Sie entfernte ſich erſchien “in demſelben Moment, in welchem die Schlange förmlich in Beſitz ſgenommen worden war, wieder auf dem Deck. „Wir ſind zu Grund gerichtet, Anna,“ flüſterte der Kapitän, auf den amerikaniſchen Lieutenant und ſeine Leute deutend. „Die Schlange wird verur— theilt werden.“ „Vielleicht nicht.“ Was meinſt Du damit? Sieſt Du einen Ausweg ?“ „Wo er nicht klar iſt, müßen wir da nach taſten. Nach welchem Hafen geht's?“ „Nach New Orleans“ ; Mrs. Drake lächelte. „Sie hätten für ihren Zweck einen beſſeren wählen können,“ ſagte ſie. „Aber jetzt keine Fragen mehr John. Seien wir getroſt. Wir müſſen eben wieder von vorne anfangen.“ „In unſerem Alter, Anna?“ „Kein Alier hindert die Thätigkeit, wenn man noch geſund und kräftig iſt. Anfangs wird es uns zwar hart ankom— men; aber man muß überwinden. Was ſſagt Mr. Beniley?“ „Er iſt reich und kann mit finſterer Gleichgültigkeit ſich ͤber den Unfall weg— ſetzen.“ Die Erwerbung einer ſo werthvollen Priſe verſetzte die Mannſchaft des Kutters in die beſte Laune, ſo daß ſie ſich aller zweckloſen Rohheit enthielt. Sie hatte Welby's Vetiſchwinden mit angeſehen und betrachtett es als einen Zufall, der zur See nicht ſelten vorkommt. Blanche klopfte das Herz vor Freude, als ſie von ihrer Beſchůͤtzerin hörte, nach welchem Hafen das Schiff ſteuerte. In wenigen Tagen ſollte ſie ihrem Gatten, ihrer Schwägerin und ihrem wohlwollenden Onkel zurückgegeben ſein. „Verzeihen Sie mir, wenn ich mich glüeklich fuͤhle,“ ſagte ſie. „Die Freude macht mich ſelbſtſüchtig.“ „Natürlich,“ verſetzte Mrs. Orake. „Es würde mir an Ihrer Stelle ebenſo ergehen.“ Wͤhrend der Kutter ſeine Priſe nach dem Hafen bringt, wollen wir uns wie— der nach Mr. Twiſſelton und ſeinem Kli enten umſehen. Die reichliche Blutentziehung und die Geſchichlichkeit des Arztes hatte Lin's Le— ben nur um einige Stunden verlängern können Er war wieder ſoweit zum Be wußtſein gekommen, um ſeine Lage zn erkennen. Die Nähe des Todes erfüllte den Schuldbeladenen mit Schrecken. „Können Sie nichts für mich thun? fragte er, flehend zu dem Doktor aufblickend. „Ich bin reich und kann gut bezahlen.“ „Ich rechne, Britiſcher,“ verſetzte der Amerikaner, „daß ich allem meinem Wiſſen aufgeboten habe. Sind Sie Inicht zufrieden, ſo können Sie nach einem anderen Doktor ſchicken Es gibt ihrer die Menge in New-Orleans, und lauch Pfarrer, wenn Sie einen zu ſehen wünſchen.“ „Gibt es keine Hoffnung?“ „Sie iſt allmäãchtig klein, Fremder,“ ſentgegnete der Arzt mit einem Blick ans den Advokaten. Sein Patient ächzte tief auf. „Nehmen Sies mit Faſſung. Sie ſind nicht mehr überjung, und uns Allen ſteht das Gleiche bevor.“ „Daß ich am Schlag ſterben ſoll!“ ſenfzte der Zigenner. „Ich denke nicht, daß es ein Schlag— fluß iſt,“ bemerkte der Amerikaner. Was denn? Was denn?“ wieder— holte Lin ungeſtüm, als der Arzt mit der Antwort zögerte. „Nicht ſo hitzig, Fremder, wenn Sie nicht das Ende um ein paar Stunden früher herbeiführen wollen. s iſt freilich Ihart, ſeine Dollars nicht brauchen zu können, wenn man Niemand hat, dem man ſie hinterlaſſen möchte.“ „Mr. Lin hat Verwandte in England bemerkte Twiſſelton. „Sie ſollen keinen Schilling von ſmeinem Geld zu ſehen kriegen, ſagte ſein Klient, eingedenk der ärztlichen War uung, mit erzwüngenerßuhe. „Sie haben mich zu Grund gerichtet. Ich laſſe mich damit begraben. Dies iſt doch durch kein Geſet verboten?“ „Nein; aber das Geheiß wird Nie—- mand erfüllen“ verſetzte der Doktor lä— ſchelnd. „Ich erkrankte bei dem Rauchen einer Cigarre, die ich von Bentley erhielt,“ ſagte der Zigeuner nachdenklich. „Einer Cigarre? Haben Sie noch meht davon?“ „Ja das Etuni liegt in dem Zimmer, in ſwelchem wir Wein tranken.“ „Es wird oft in einer Cigarre gegeben,“ murmelte der Arzt. „Was wird gegeben?“ fragte Lin mit erſtickter Stimme. Warum antworten Sie mir nicht“ Doch ich leſe es in ihre Augen. Gift! Ich wußte wohl, daß lich bergiftet bin.“ „Sie vergeſſen, daß ich mit Ihnen rauchte,“ bemerkte der Rechtsgelehrte mit einem unwillkürlichen Schauder. „Die— ſſer Umſtand beweist „Beweist nichts,“ unterbrach ihn der Arzt. „Nur ein Dummkopf würde alle Igepfeffert haben. Ich will zwar nichts behaupten, aber die Sache ſieht verzwei felt garſtig aus. Gewißheit gibt nur „Was ?“ fragte der Sterbende. (Fortſetzung folgt.) Die Aufſetzzügel. (Aus der,Deutſch~Amerikaniſchen Farmer Zeitung“) New York. ; Es giebt kaum etwas Unnüheres am ganzen Pferdegeſchirr, als den ſogenann— ten Aufſetzer oder „Ohock-roin“ Ur—- ſprünglich wohl nur beim Pflugdienſt an gewendet, um den hungrigen, naſchhaften Gaul zu verhindern, während der Arbeit ſſich nach einem Maulvoll Gras zu bücken und dadurch aus der Richtung zu kom— men; oder die Früchte zn benagen, deren Zwiſchenräume der Pflug von Unkräutern reinigt, hat menſchlicher Unverſtand und eine ſehr ſtark für die leidige Darwin Theorie ſprechende Nachäfferei aus dieſem Nothbehelf ein modernes Marterwerkzeug gemacht für das edle Roß. Speeulative Lederzuſchneider haben dafür geſorgt, daß die veredelnde Zierrath ſich ebenſowohl auf dem elenden Gaule eines Peddlers befindet, wie auf dem mit Zierrath über— ladenen Geſpanne des reichen Mannes. Ja des letzteren „colored coachman“ ver— wendet ſeine Muſeſtunden noch zu beſon— derem Raffinement in der Anlegung die— ſes durch Candare und eng geſchnalltes Kehlſtück noch martervoller gemachten Qualriemens, indem er ſeine Thiere wo möglich ſchon vor dem Anſpannen in dieſe widernatürliche Giraffenpoſitur hi— neinpeitſcht, und um die wundgeriſſenen und verzeerten Mundwinkel zuzudecken, unter die Gebißwirbel breite Lederſcheiben legt. Anſcheinend feine Sportmen, die jeden Zweifel an ihrem hippologiſchen Wiſſen nun, ſagen wir, mit dem Wurf eines Pflaſterſteines zurückweiſen würden, begnügen ſich nicht mit einen ſolchen „Improvement.“ Doppelt reißt nicht! Ein Aufſetzer geht kreuzweiſe über die Naſe und längs dem Kamme fort und ſchnürt dem armen Thiere die empfindli chen Geſichtstheile und Oberkiefer zuſam men, daß ihm die Augen zum Kopf herausſtehen, wie einem Fiſch am Hacken; der andere Aufſetzzügel geht die gewöhn— liche Richtung und ſägt mit dem Gebiß bei jedem Schritte, der einmal ohne ge— ringe Kopfwendung nicht gemacht werden kann, auf dem Unterkiefer Beide zuſam men, mit dem unvermeidlichen Martin gal, der ebeufalls meiſtens zwecklos an jeder Schindmähre hängen muß, laſſen irgend einer vernünftigen Zügelführung, der natürlichen freien ünd darum ſchönen Bewegung des Pferdes gerade ſo vbiel Spielraum, wie ihn etwa die für Kinder grob aus Holz hergeſtellten Roſſe der Hand des daran zerrenden Knaben ge— währen. Was ſoll nun eigentlich der Zweek ſein dieſer Apparate, welche die Ko ſten des Geſchirres vertheuern, das äußere Anſehen durch Ueberladung entſtellen und bei jeder Gelegenheit, beim Auf· und Ab— ſchirren, beim Tränken oder Füttern des Pferdes unterwegs unnütze Handgriffe und Zeitberſaäͤumniß vernrſachen. Will ſman etwa ein zum Schlagen geneigtes Thier dadurch an der Ansübung dieſer Untugend hindern, ſo läßt ſich dagegen einwenden, daß man ein ſolches Pferd ſüberhaupt als Luxus· oder Gebranchs thier nicht eher verwenden ſollte, beſon ders an Orten, wo auch noch andere Per— ſonen als der Eigenthümer durch daſſelbe zu Schaden kominen können, als bis ihm durch ſachverſtändige Behandlung dieſer häßliche Fehler vollkommen abgewöhnt worden iſt. Und auch bei einem derarti— gen Pferde kann der Aufſetzzügel, wenn laͤuch da ſeine Anwendung gerechtfertigt liſt, doch ſo loſe gemacht werden, daß er dem Thiere bei normaler Hals und Kopfſtellung im Stande der Ruhe noch keine Schmerzen verurſacht, ſondern ihm die freie Seitenbewegung des Kopfes ge ſtattet. Er ſoll nur verhindern, daß der Kopf des Schlägers zu weit abwärts ge— bracht und dadurch die Aetion der Zügel lauf das Gebiß gehindert werde, welche von kundiger Haͤnd ausgeführt, in den meiſten Fällen an ſich hinreichend iſt, dem Pferde gan Schlagen unmöglich zu ma ſchen. Dies wäre die einzig vernůnftige Berechtigung für den Gebrauch des Auf ſeters irnd, dieſe zu Grunde gelegt, wür— den von tauſend gegenwärtig verwende—- ten „Ceck·reins,“ etwas über neunhundert und neunundneunzig hinwegfallen können. Da die Verhinderuüng des Grasfreſſens während der Arbeit, auf dem Steinpflaſter der Städte gleichfalls nicht das Ziel ſein kann, und bei ländlicher Arbeit auch nur ausnahmsweiſe, ſo müůſſen wir alle übri gen nicht unter dieſe beiden Kategorien zu faſſenden Anwendungen der Aufſetzzůgel in das Gebiet verweiſen der zweckloſen, daher grauſamen Thierquälereien, ent. ſprnngen aus gedankenloſer Nachäͤfferei lund alberner Eitelkeit. Wenn ein klei ner Knirps ſich extra große Abſäte unter die Stiefeln machen laͤßt uud eine mäch— tig hohe Angſtröhre aufſetzt, damit er auf dieſe Weiſe einen eben ſo langen Schatten wirft, wie andere neben ihm gehende Leute, ſo lacht man den kleinen Kerl ein fach aus und läßt ihn die Unbequemlich keiten ſeiner ſelbſt gewählten Auszeich nungen aych allein tragen. Wenn aber Jemand ſich einbildet, dadurch, daß er einem geringen Pony, Jucker, oder ſchlaf fen Karrengaul Kopf-· und Schwanzwur— zel in für das Thier ſchmerzhafter en init Riemen zuſammenſchnallt, die Leute glauben zu machen, er habe ein edles, I. Stern, Herausgeber. Laufende Nummer 70. feuriges Raeepferd vor ſeinem Wagen dann verdient ſolche Albernheit eine här tere Züchtigung, als bloßes Auslachen. Für wenn nun gar die Leiſtungsfähigkeit ſeiner Thiere Capital bedeutet, der handelt i allen Verſtand, wenn er ſie mit einem Stück Geſchirr behängt, was ſie bei jeder Arbeitsleiſtung hindert, zu rückſichts loſeſter Abnutzung ihrer Glieder und Or gane, nicht ſelten ſogar zu ſchwerer Be— ſchädigung derſelben zwingt. Wir wollen an ſolche Narren erſt keine Worte ver— ſchwenden, die eben etwas Schönes oder Vortehmes darin zu ſinden glanben, wenn ihre Kutſchpferde anſtatt vor ſich auf den Weg, wozu ihnen die Natur Au gen verliehen, hinauf nach den Sternen zu gucken gezwungen ſind, von welchen ſie doch wahrſcheinlich kaum mehr Kennt niſſe haben, wie ihre Herren. Denen aber, welche an ihren Thieren ein materi elles oder menſchliches Intereſſe nehmen, denen wünſchen wir zn beweiſen, warum jede unnöthige Beſchränkung der freien Beweglichkeit Hinderniſſe und Kraftver luſt mit ſich bringt in den Leiſtungen des Thieres. Das Pferd gehört zu den in tellektuell reich begabten Creaturen. Seine Sinne ſind ſcharf, Auffaſſungs- und Ge— dächtnißvermögen gleich ſtark. Darum iſt die erſte Nothwendigkeit, daß das Pferd ſeinen Weg ſehen kann, wenn es ſeine Arbeit mit Erfolg verrichten ſoll. Jedermanu weiß, wie mitleiderregend und unbeholfen ein blindes Pferd iſt. Wer je über coupirtes, ſchwieriges Ter rain geritten oder gefahren, der hat gewiß bemerkt, wie ſorgſam das Pferd auch in der ſchärfſten Gangart oder unter ſchwerer Belaſtung auf die verſchiedenen Verhält niſſe des Bodens achtet, auf den es ſeinen Fuß ſetzt; wie es jedes Hinderniß, den Graben, die Barriere ſelbſt im raſenden Rennlaufe prüfend ſchapt. um ſeine Kraftanſtrengung zum Ueberwinden deſ ſelben darnach zů bemeſſen; wie es für den feſten, deͤ ſandigen Grund, den glatten Fels oder das trügeriſche Moor ſofort eine andere Art annimmt der Be— wegung ſeiner Glieder. Ein blindes oder geblendetes Pferd aber kann das nicht. m ſich vor Fall und Schmerz zu ſchühen wenn der rückſichtsloſe Menſch es dennoch zu raſcher Bewegung vorwärts zwingt, hebt es die Beine moglichſt hoch, ſo daß man ein blindes Pferd am Gange ſchon von Weitem erkennen kann. Ganz ebenſo muß ſich aber auch ein Pferd bewegen, deſſen Kopf durch den Aufſetzzügel in eine faſt horizontale Lage gezwängt iſt, ſo daß es die Augen oben, ſtatt vorn hat. Daher rührt eben dieſer unangenehme, patſchende Trab, den das Thier dann an— nehmen muß, weil es zudem, in Folge ſeiner unnatürlichen Körperhaltung, an— ſtatt wie ein freies Pferd zierlich und leicht erſt denßoden nur mit der Zehe zu berüh ren und alsdan durch das elaſtiſche Feſ— ſelgelenk nur flüchtig das ganze Körper— geivicht auf den Fuß zu legen, nunmehr mit der ganzen Sohle auf einmal auftreten muß. Es mag vielleicht ſein, daß die Snelligkeit cheines ſolchen Trabes ans ebener Bahn und kurzer Strecke eine ziem lich bedeutende iſt, aber von Dauer kann ſie nicht ſein, weil das Thier gerade ſolche Theile am meiſten dabei angreifen muß, die dem Angriff am wenigſten zu wider ſtehen im Stande, die hinteren, zar— teren Theile des Hufes anſtatt der harten und verſtärkten Zehe, die Bengeſehne des Unterſchenkels, anſtatt des füt den Stoß von der Natur ſorglich vorgeſehenen Feſ ſelgelenkes. Wennedas geſunde prb mit einem zu ſtraff aͤufgelegten „Check— rein“ eine dem blinden ähnliche Gangart annehmen muß, ſo hat es beiläuſig auch nicht wenia Ausſiht. durch die Congeſti onen des Blutes nach Kopf und Augen und durch die Ueberreitzung der Nerben mit der Zeit auch wirklich blind werden. Ebenſo unterliegen Kehlkopf und Luft— röhre nach und nach Entartungen durch die unnatuͤrliche Lage, in welche beide ge~ rade während arttetzler Bewegung gepreßt werden. Mancher „roarer“ hat ſein Leiden nur dem nſnnigen Gebrauch von Aufſeter und engen Kehlriemen zu danken. Die no engen aehirr jedoch bringt dieſeu nnatürliche Zuſammenſpan— nung von Kopf und Schwanz in den Be— wegüngen des Pferdes ſelbſt zu Wege. In jeder verſchiedenen Kraftanſtrengung nimint das Pferd, ſo gut wie der Menſch, eine weſentlich verſchiedene Stellung ein. Unſere Glieder ſtehen jedesmal in anderen Winkeln der Wirbelſäule und dieſe ſelbſt biegt ſich nach verſchiedenen Richtungen, wenn wir ruhig ſpazieren gehen oder haſtig einen eanere laufen, wenn wir eine Laſt tragen, wenn wir bergauf, oder wenn wir bergab ſteigen. Wer alle dieſe verſchiedenen Bewegungen in einer und derſelben Haltung etungen wollte, etwa in derjenigen, worin der preußiſche Gardiſt den Paͤrademarſch zu verrichten hat, oder gar durch meno Vorrich~ tungen in dieſelbe hineingeſchnürt wäre, ſo daß er ſich anch nicht eines Momentes Erleichternng zu ſchaffen im Stande wäre, der würde aus eigener Wahrnehmung ar bald empfinden, wie einem armen Perd zu Muthe ſein muß, von dem man in ſolcher Poſitur Arbeit oder raſches Laufen verlangt. —Um eine rer Laſt vorwärts zu ziehen, wirft das Zugvieh ſein (Fortſehung auf der vierten Seite.)