Newspaper Page Text
Savannah Abend Zeilung.
Prof. C. I. Banſemer, Redakteur.
1. Jahrgang.
Kette und Einſchlag.
Eine Erzählung aus der Zeit der Baumwollennoth
. in Mancheſter
von :
I. F. Smith.
(Fortſetzuna.)
„Die Exekutoren hatten unter ſich aus—
gemacht, daß Mr. Haman noch am näm—
lichen Abend nach London reiſen und das
Teſtament für den Fall der Anfechtung in
die Hände eines Prokurators niederlegen
ſollte; Mr Aſhton wunderte ſich daher,
als er ſeinen Mitkurator beſuchte, ſehr,
daß dieſer ſeine Abſicht geändert hatte.
„Ich reiſe vor morgen nicht,“ ſagte Haman.
Der Beſuch machte eine überraſchte Miene.
„Habeu Sie nie eine Ahnung gehabt?“
fügte Der Sprecher bei.
„Von einem Ueberlaufen des Baum—
wollenmarkts ? Oft.“
„Mit dem Speknliren bich ich fertig,“
bemerkte der alte Mann. „Meine Ah—
nung iſt anderer Art. Aber Sie würden
mich nicht verſtehen.“ Mr. Aſhton gab
ihm innerlich Recht. „Ich habe eine
Pflicht zu erfüllen, die ich nicht länger
verabſäumen darf,“ ſagte der alte Mann.
„Ich kann vor morgen Mancheſter nicht
verlaſſen.“
Neunundvierzigſtes Kapitel.
Norle hatte ſich nach London geflüchtet,
wo ihn außer der Angſt, in die Hände der
Gerechtigkeit zu fallen, noch eine andere
Sorge quälte. Das Benehmen ſeines
Agenten Luchs, dem er in einem unvor
ſichtigen Augenblick die Vollmacht gegeben
all' ſeinu Eigenthum in Mancheſter zu ver
äußern, war mehr als zweifelhaft, ſofern
die Rimeſſen in gar keinem Verhältniß zu
dem vorausſichtlichen Ertrag der anbe—
fohlenen Verkäufe ſtanden. In jedem
Brief drängte der Adyokat ſeinen Klienten
außer Landes zu gehen, da er mit ihm
nur ordnungsmäßig abrechnen könne,
wenn er ſich an einem ſicheren Platz be—
finde. Aber der Flüchtling hatte ein ge—
ringes Vertrauen zn den Beſprechungen
ſeines ſchlauen Bevollmächtigten, und da
er nichts gegen ihn machen konnte, ſo ver
wünſchte er voll bittern Ingrimms ſeine
eigene Thorheit, die ihn bewogen, dieſem
Menſchen Vertrauen zu ſchenken. In
ſeiner Noth erinnerte er ſich, daß er gehört
Mr. Bentleh habe ſich, nachdem er durch
die Affindung von ſeines Schwiegervaters
Teſtament um ſein Vermögen gekommen
gleichfalls nach London begeben. Im
Hinblick auf dieſen Umſtand tauchte in ihm
der Gedanke an die Möglichkeit auf daß
ſie in ihrem beiderſeitigen Unglück einan—
der nützlich werden könnten. John Bent—
ley's Handeln wurde nicht durch die Po—
lizei beſchränkt; er befand ſich daher viel
leicht in der Lage, ihm wenigſtens einen
Theil ſeines Reichthums zu retten, und
auch ein Theil war beſſer, als wenn
unter den Häunden ſeines raubgierigen
Agenten das Ganze floͤten ging.
Durch vorſichtige Nachfragen gelang es
Norle, ſeine Adreſſe zu erfahren, und er
lauerte nun alle Abende in der Umgegend
von dem Albany, ob er dem Fabrikanten
nicht beikommen konnte. Als er zum er—
ſten Mal ſeiner anſichtig wurde, ſtand ein
Polizeidiener in der Nähe, und der Muth
verſagte ihm. Eine zweite Gelegenheit er
wies ſich günſtiger, und er wagte es ihn
anzureden.
„Ich habe nichts für Euch, mein guter
Mann,“ verſetzte Bentley, der Norle's ge—~
murmelte Bitte um eine kurze Unterre
dung für eine Attentat auf ſeine Börſe
hielt.
„Ich bin kein Bettler.“ ;
„Seht wenigſtens auf und nieder wie
einer aus. Was wollt Ihr?“
„Mit Ihnen ſprechen.“
„Nun, ſo thut es uud macht's kurz. Es
iſt ſchon ſpät und die Nacht kalt.“
„Sie kommen von Mancheſter.“
„Was dann?“
„Und möchten vielleicht den Mann
entdecken, der Willie Hannan's Blind
heit verſchuldet hat?“
„Ich nicht. Ich bin kein Polizeiſpion,
und wenn ichs auch wäre, ſo hätte dieſer
Mann nichts von mir zu beſorgen.“
„Ah,“ rief der Fluͤchtling mit einem
Seufzer der Erleichterung, „ich wußte
wohl, das ſie ihn haſſen.“ Der Sprecher
knüpfte das dichte Halstuch los, welches
theilweiſe ſein Geſicht verhüllt hatte, und
ließ ſeine dunkeln unruhigen Augen auf
dem Mann haſten, von dem er Rettung
erwartete.
„Norle!“ rief der Letztere. „Oder viel
mehrLin, Lin, der Zigeuner.“
„Um's Himmels willen, keinen Namen,
Mr. Bentley. Es koönnte Sie Jemand
hören.“
„Hum, ſonderbar, das wir uns nach ſo
vielen Jahren wieder treffen. Ich habe
von Eurer Geſchichte in den Zeitungen
geleſen. Was wollt Ihr von mir?“
„Sicherheit.“ Sein Zuhörer wieder
holte langſam dieſes Wort. „Sie wiſſen
wie ſchwer ich gereizt wurde;“ fuhr der
Strolch fort. „Mein Vater und meine
zwei Brüder wie Hunde todgeſchoſſen,
und Alles dies nur durch dieſen Hannan.
Uud wenn ich's auch gethan hätte, was
ich natürlich zugebe, bin ich nicht genug
geſtraft? Ich habe mich zwanzig Jahre
abgemüht, um mir eine unabhängige
Stellung zu ſichern, und ſtehe nun in Ge-~
fahr, durch den ſpitbubiſchen Advokaten,
dem ich eine Vollmacht ausſtellte, Alles
zu verlieren.“
„Kein Wunder, wenn Ihr Euch mit
dem Luchs eingelaſſen habt. Wer wird
ſich anch einem ſolchen Schnrken anver
trauen? Aber in welcher Weiſe ſollte ich
Euch nützlich werden können?“
„Kaufen Sie mir mein Eigenthum ab.“
„Darauf kann ich mich nicht einlaſſen.“
„Ich ſtelle Ihnen die Beſtimmung des
Preiſes anheim.“
„Nein, davon will ich nichts. Indeß
gibt es vielleicht Bedingungen, unter
denen ich geneigt wäre, Euch an die Hand
zu gehen. Ich will mich beſinnen. Auf
der Straße läßt ſich dies nicht abmachen.
Warum habt ihr Euch ſo lächerlich ver—
munimt? In dieſem ſchofeln Aufzug
kann ich Euch nicht in meine Wohnung
einführen.“ ;
Statt der Antwort ſchlug Lin ſeinen
zerlumpten Ueberrock zurück und zeigte
darunter eine ganz achtbare Kleidung.
„Gut,“ ſagte Bentley. „Werft die
Lumpen in einen Winkel und folgt mir.“
Der Zigeuner gehorchte unterwürfig.
In der ſchön möblirten Wohnung des
Fabrikanten angelangt, zündete dieſer eine
Lampe an und ſetzte eine Flaſche Wein
auf den Tiſch.
„Nehmt Platz,“ ſagte er zu ſeinem Be
gleiter. „Wir können hier miteinander
ſprechen, ohne eine Störung befürchten zu
müſſen. Gas Geſinde ſchlaft im Erdge
ſchoß.“ ;
Lin ſchaunte neugierig umher und war
nicht wenig verwundert über die Pracht,
die ihm hier entgegentrat. Gemälde in
reichen Goldrahmen, geſchnitzte Schränke
mit prächtig gebundenen Büuchern, Sta—
tuen und andere Kunſtgegenſtände, Sopha
und Seſſel mit Seidendamaſt überkleidet
kurz, man glaubte eher in dem Studio
eines berühmten Künſtlers, als in der
Wohnung eines Geſchäftsmannes zu ſein.
„Was kann wohl der Beſitzer dieſes
Reichthums von mir wollen?“ fragte der
Zigeuner ſich ſelbſt. „Einen Dienſt, der
mich vielleicht in eine ſchlimmere Lage
bringt, als die iſt, in der ich mich befinde,“
warx die Antwort, die ſich ihm zunächſt
aufdrang, und er beſchloß auf ſeiner Hut
zu ſein.
„Langt zu,“ ſagte Bentley, ihm die
Flaſche hinſchiebend. „Ein Glas feurigen
Burgunders wird etwaͤs Farbe bringen
in Euer gelbes Angeſicht.“
Während der Zigeuner ſich einſchenkte,
fiel ſein Blick auf mehrere Telegramme,
die auf dem Tiſch lagen.
„Ihr habt recht,“ fuhr der Sprecher,
ſich ſeine Gedanken deutend, fort; „ſie
ſind von Mancheſter. Ich habe dort eben
ſo gut einen Agenten wie Ihr, hoffentlich
aber einen ehrlicheren als Euer Luchs iſt.“
„Der Schurke! Der Dieb!“ rief Lin.
„Bost! Keine unnöthigen Worte ſie
paſſen nur für Weiber, deren natürliche
Waffe ſie ſind. Ich habe über Eure An
gelegenheit nachgedacht. Wie hoch mag
ſich ungefähr Euer zuſammengeſcharrtes
Vermögen belaufen?“
„Auf dreißeigtauſend Pfund.“
„In was beſteht es?“
„Hauptſächlich in Häuſern und Waaren.
Was bieten Sie mir dafür?“
„Keinen Schilling,“ verſetzte Bentley
ruhig. „Ich laſſe mich nicht auf ſolche
Spekulationen ein; doch kann ich Euch
einen Mannn namhaft machen, der Ench
zu all' Eurer Habe wieder verhelfen wird
natürlich gegen gute Bezahlung.
Twiſſelton iſt einer der gediegenſten Rechts
kundigen unſerer Zeit.“
„Und ehrlich?“ fragte ſein Zuhörer
ſchüchtern.
„So ehrlich, daß keine Summe, die Ihr
ihm bieten mögt. im Stande wäre, ſeinen
Beiſtand in einer ungeſetzlichen oder ver
brecheriſchen Sache zu erkaufen. Dazu
ſehr rückſichtsvoll,“ fügte der Sprecher
bei; „denn iſt eine ungeietzliche oder ver
brecheriſche Handlung einmal begangen,
ſo wird er allen ſeinen Kräften aufbieten
um ſeinen Klienten gegen die Folgen der—
ſelben zu ſchüten. Dies iſt gerade der
Mann, den Ihr braucht. Wenn Ihr
morgen Abend wieder hieher kommt, ſo
will ich Euch mit ihm bekannt machen.
Er wird wohl Mittel und Wege finden,
Euch aus den Krallen Eures Lnchſes zu be—
freien.“
Der Zigeuner wußte ſeiner Dankeser
gießungen kein Ende zu finden. Bentley
hörte ihn mit größter Gleichgültigkeit an,
denn er kannte den Werth der Worte.
Erſt als ſein Gaſt fragte, wie er für ſo viel
Güte ſich erkenntlich zeigen koönne, ſchien
er ſeinen Betheuerungen einige Aufmerk
ſamkeit zu ſchenken.
„Vermuthlich habt Ihr, als Ihr aus
Mancheſter entwichen, nicht alle Geſchäfts
gewohnheiten zurückgelaſſen,“ ſagte er.
„Ihr könnt mir dienen.“
„Ich ſtehe unbeſchränkt zu Gebot.“
„Unbeſchränkt?“ verſetzte Bentley,
„Das heißt, ſofern ich mich nicht noch
tiefer in die Schlingen des Geſetzes ver
ſtricke. Vorderhand kann ich im ſchlimm
ſten Fall eben deportirt werden.“
„Ah, ich verſtehe; Ihr wollt Euren
Hals nicht in den Bereich des Stricks
bringen. Eine ſehr weisliche Verwah—
rung. Doch ſeid unbeſorgt. Bei dem
Dienſt, den ich verlange, handelt ſichs
Savannah, Ga., den 17. April 1872.
bloß darum, das Teſtament meines Schwie—
gervaters in meinen Beſitz zu bringen.“
„Durch Diebſtahl?“
„Nicht doch, nuͤr durch . Takt. Ich
halte es für eine Fälſchung.“
„Warum es dann nicht auf dem Rechts
weg anfechten?“
„Aus demſelben Grund, aus welchem
Ihr es nicht für paſſend haltet, Euch dem
Gexicht zu ſtellen der Spruch könnte
wider mich ausfallen. Ihr kennt jetzt
den Preis meines Beiſtandes. Ob Ihr
ihn nun annehmt oder zurückweist, jeden~
falls ſteht es Euch frei, unangefochten wie—
der abzuziehen. Meint Ihr denn,“ fügte
Bentley bei, als er bemerkte, daß der Z3i—
geune rzögerte, „ich ſei thöricht genng,
meine Sicherheit durch eine Gewaltthaͤt
faͤhrden zu wollen? Lächerlich! Nur
Dummköpfe trotzen dem Geſetz; kluge
Leute wiſſen ihm auszuweichen. Ihr
müßt Euch übrigens entſcheiden, denn es
geht ſchon gegen Morgen, und ich wünſchte
nicht, daß meine Dienſtleute, wenn ſie auf
ſtehen, Euch noch hier finden.“
„Ich bin entſchloſſen,“ verſetzte Lin in
demüthigem Tone. „Es bleibt mir keine
Wahl. Wann ſoll ich morgen herkom—
men?“
„Unxacht“
„Ich werde pünktlich ſein.“
„Gute Nacht,“ ſagte der Wirth, indem
er ſich erhob, um ſeinen Gaſt nach der
Hausthüre zu begleiten.
Das Werkzeug, deſſen er bedurfte, war
gefunden, und er zweifelte nicht, daß er
im Stande ſei, mit der Beihülse des Zi
geuners, der ſich ſo ganz und gar in ſeiner
Hand befand, das Teſtament in ſeinen
Beſitz zu bringen; hatte er aber einmal
dies erreicht, ſo konnnte er entweder mit
ſeinem gekränkten Weib und ihren
Maſſepflegern Unterhandlungen anknüp—
fen oder ihnen Trotz bieten. Längſt an
das Ränkeſpiel gewöhnt, war er zu klug,
um ſeinen Feind Michael Haman aus den
Augen zu laſſen, und er gedachte jetzt ſo—
gar ſeiner Haushälterin Barbara, denn er
wußte, daß der alte Mann bei ſeinen ſel—~
tenen Beſuchen in London ſtets in ſeiner
alten Wohnung Quartier zu nehmen
pflegte.
Nach dem Frühſtück ertheilte er ſeiner
Haushälterin den Auftrag, ein Stück
ſchwarzen Seidenzeug zu einem Kleid ein—-
zukaufen, und eine Stunde ſpäter fuhr er,
das Geſchenk mit ſich nehmend, nach der
City.
„Herr je, Mr. Bentley!“ rief Barbara,
als er aus der Droſchke ſtieg. „Wer hätte
auch gedacht, daß ich Sie wieder ſehen
würde? Sie ſind ja in vielen Monaten
nicht hier grweſen.“
„Habe Sie aber gleichwohl nicht ver
geſſen,“ ſagte der Beſuch, ihr in's Zimmer
folgend und ſeinen Pack auf den Tiſch le
gend.
„Freut mich ſehr,“ verſente Barbara,
einen hrgerizen Blick danach entſendend.
„Ach Mr. Bentley, wenn die liebe Miß
Alice noch lebte und Sie geheirathet hätte
wie glücklich könnten wir bei einander
ſein; ſo aber ſitze ich hier wie eine Eule im
Käfig und muß die rauchſchwarzen alten
Stuben hüten. Was doch Mr. Haman
denkt, daß er mich hier läßt! Ich habe
mich oft erboten, ihm zu Mancheſter ſein
Hausweſen zu beſorgen; aber er wollte
nichts davon hören.“
„Er will eben, daß Sie ihm hier nach ſei
ner Habe ſehen, weil er ſich auf Sie ver
laſſen kann. Haben Sie in letter Zeit
nichts von ihm gehört?“
„Nein; er ſchreibt mir nie.“
„Auch nicht, wenn er nach London
kommt?“
„Auch nicht. Er meint vielleicht, mich
über etwas Unrechtem zu erwiſchen; aber
da kann er lange warten. Was haben
Sie denn da?“
„Machen Sie auf und ſehen Sie.“
Barbara bedurfte kkeiner zweiten Auffor~
derung. Im Nu war die Schnur durch
ſchnitten, und der ſchöne Stoff lag vor
ihren Blicken.
„O, was für ein ſchönes Kleid!“ rief
ſſie; „und wahrhaftig ganz Seide! Wol—
len Sie Jemand ein Präſent damit ma—-
machen?“
„Iſt ſchon geſchehen,“ verſetzte John
Beutley mit einem Lächeln.
„Wie, verſtehe ich Sie recht es ſoll
mir gehören? Ei, das iſt ſchön; aber ich
habe immer geſagt, Sie würden ein frei—
gebiger Herr ſein, wenn Sie die Mittel
hätten. Ich glaube, in Mancheſter gegen
wärtig ſchlimme Zeiten. Welch eine
ſchwere Seide! Wie ſichs wohl an mir
machen würde mit einem gelb und grü—
ſnen Shawl, meinem rothen Sammethut
und der ſwarzen Feder?“
„Ich habe den Shawl vergeſſen und
ihn beim nächſten Beſuch mitbrin—
en.“
„O, Mr. Bentley, Sie ſind allzugütig.“
„Sie bewohnen alle die Zimmer allein?“
warf der Beſuch nachlaſſig hin.
(Fortſetzung folgt.)
;
1 2
Grillparzer's Begräbniß.
Wien, 24. Januar. (Ueber Grillpar—
zer's Begräbniß), entnehmen wir der
;Deutſchen Zeitung“ Folgendes: An
lder Spitze des Zuges reitet ein Bannen—
träger der „Pietät“, gefolgt von zwei be
rittenen Laternenträgern. Hierauf kommt
leine Abtheilung Sicherheitswache zu Fuß,
welcher ſich in endloſem Zuge die Ange—
hörigen des akademiſchen Geſangvereines,
des Männergeſangvereines. die ſtudirende
Jugend, die Zöglinge des Thereſianiſchen
und Löwenburg'ſchen Convietes anreihten.
Dieſen voran marſchirte die vollzählige
Muſik Capelle der „Pietät“, den Schlüß
bildete jene des Infanterie· Regiments
Gondrecourt. In unmittelbare Folge
an dieſe ſchloß ſich der eigentliche Trauer
zug, der von ſechs reichbehangenen Pfer
den gezogene Wagen, deſſen Decke eine
mächtige Blumenkrone zierte. Das war
die Bürgerkrone, die Wien geſendet.
Viet Vurgermeiſter Kuhn, die Gemeinde—
räthe Nikola und ODr. Mauthner hatten
Grillparzers Sarg mit der Bürgerkrone
geſchmückt. Sie iſt aus Sinngrün, ro—
then und weißen Camelien prachtvoll aus
geführt. Die roth ·weiße Schleife trägt
die Inſchrift: „Die Gemeinde Wien ihrem
Ehrenbürger, dem Dichter Franz Grill
parzer, 24 Januar 1872.“ Dieſe Schleife
wird im Archiv der Stadt Wien aufbe
wahrt werden. Von Kränzen und Band—
ſchleifen überdeckt, war der Sarg kaum
ſichtbar. Zu beiden Seiten des Wagens
gingen Mitglieder des Marine· Veteranen—
Vereins Tegetthoff, welche, ſowie eine Ab—
theilung Hausbeamte der „Pietät“ breu—
nende Fackeln trugen. Die dem Sarge
folgenden Wagen enthielten die Verwand—
ten des hingkſchiedenen Dichters, einige
ſeiner nächſten Freunde und wärmſten
Verehrer, unter welchen man auch Hof~
rath Dingelſtädt ſah. Der Zug bewegte
ſich vom Trauerhauſe die Spiegelgaſſe
hinab, über den Graben, den Kohlmarkt
und Michaelplatz, am Burgtheater vorbei,
zur Auguſtinerkirche. Vor der Kirche war
ſchon um 12 Uhr ein unabſehbares Men
ſchengewobe. Um 1 Uhr erfolgte die An
kunft der Leidtragenden. Der Vertreter
des Kaiſers, Graf Crennville, die Erzher
zoge Albrecht, Rainer und Wilhelm, Her—
zog von Coburg, Reichs · Kriegͤminiſter
Freiherr von Kuhn, Muiſter Prandent
Fürſt Adolf Auerſperg und ſeine Collegen
Laſſer, Stremayr, Unger, Glaſer, Ban·
haus, De Predis, Chlumetzky; es erſchie
nen ferner Botſchafter Graf Beuſt, Ba
ren Gablenz, Ritter v. Schmerling, Graf
Hartig, Fürſt ConſtantinCzartoryski, Rit—
ter von Hye, Baron Todeseo, Freiherr v.
Worms, Ritter v. Hopfen mit zahlreichen
Reichsraths· Abgeordneten, Doctor Felder
und Gemeinderathe, die Beamten des Mi
niſteriums des Innern, des Unterrichts
miniſteriums und des Reichs Finanz~
Archivs, Generäle und Offiziere, Decane
und Profeſſoren, Schriftſteller und Jour
naliſten. Man bemerkte als Trauergaſt
auch einen katholiſchen Geiſtlichen, dann
den Prediger der iſraelitiſchen Cultus—
Gemeinde Dr. Jellinek. Alle Erſchie
nenen nahmen theils in den erſten Bän—
ken vorne Plaß. Aus der Künſtlerwelt
hatten ſich eingefunden: Die Dichter Bau
ernfeld, Wilbrandt, Dingelſtedt, Weilen,
Moſenthal, Dr. Mauthner; Julins von
der Trann (Schindler) fand ſich gleich
falls ein. Von allen Bühnen waren Re—
präſentanten in der Kirche anweſend. ECg
nahmen ernſt und ſchweigend ihre Pläße
ein: die Schauſpielerinnen Frl. Wolter,
Frl. Bognar, die Schauſpieler Lewinsky,
Foörſter, Sonnenthal, Kraſtel, Baumeiſter,
Jauner, Greve, Knaack; die Damen Bach,
und Carolina Finali, Herr Van Hell, die
Künſtlerin Frau Gompertz Bettelheim.
Von der Oper ſah man Schmidt, Hölzel
uͤnd Price. Angehörige der Künſtlerge
noſſenſchaft waren in großer Zahl erſchie
nen. Von Deputationen erwähnen wir
die des Tegetthoff· und Veteranen-·Ver—
eines, der Theater Akademie und des Fer
dinandeums in Innsbruck. Letzteres war
durch Herrn Emil v. Hofer Andreas
Hofer's Enkel vertreten. Die VBer
wandten des Verblichenen, die Schwe—-
ſtern Fröhlich, die Aerzte Dr. Preuß und
Dr. Breuning kamen nächſt dem Sarge.
Außerdem waren in der überfüllten
Kirche viele Perſonen anweſend, die keiner
Corporation angehörten. Sie gehören zu
der großen, unſichtbar verbundenen
Schaar, die geeint iſt durch die Verehrung
des Dichters. Am Chore hatte ſich der
Männer -· Geſangverein aufgeſtellt. Um
halb 3 Uhr langte der Zug vor der Kirche
an. Der Sarg wurde in die Saeriſtei
getragen und die Leiche durch Pater Kurz
eingeſegnet. Der Männer-Geſangverein
ſang das „Libera“ von Herbeck und
„Beati mortui“ von Mendelsſohn. Bis
halb 4 Uhr währte die kirchliche Ceremonie.
Während ſie ſich vollzog, umſtand den
Sarg in unmittelbarſter Nähe eine Schaar
von vielleicht hundert Perſonen; hier ſtand
in dichtet Reihe Alles, was zu den her
vorragenden Perſonen des Reiches gezählt
wird. Miniſter nnd Abgeordnete, hohe
Militärs und Häupter der Fuecalitäten
ſchloſſen den Ring um den Sarg. In
einer Reihe ſtanden da auch nebeneinan—
der die Erzherzoge Rainer, Albrecht und
Wilhelm und der Vertreter des Kaiſers.
Nach der Einſegnung ward der Sarg wie—-
der in den Trauerwagen gehoben, um zum
Friedhofe gebracht zu werden. Auf dem
icdhel ſprach Dingelſtedt: „In
Deinem Lager iſt Oeſterreich!“ Lauten
ſie nicht jo, die geflügelten Worte, die un—-
ſer heimgegangener Meiſter vor einigen
und zwanzig Jahren in dunkler Zeit, da
das geliebte Vaterland vom Bürgerkrieg
im Innern zerfleiſcht und von äußeren
Gegnern zerriſſen wurde, als eherner
Wächterruf in öſterreichiſchem Bewußtſein
„dem glorreichen Vater Radetzky zugerufen?
,„In Deinem Lager iſt Oeſterreich!“ So
klingt es hente, Vater Grillparzer, Dein
eigenes Echo über Dein letztes Lager zu
ſrück. „In Deinem Lager iſt Oeſterreich!“
Von dem fkaiſerlichen Throne herab dran—
gen in die Stille Deines Dichter· und
Sterbezimmers Worte der Theilnahme
und der Anerkennung; die Senatoren des
Reiches, die Väter der Stadt, ſie erhoben
ſich zum feierlichen Ehrengruße bei der
Nachricht Deines Ablebens Durch alle
Stämme des völkerreichen Oeſterreichs, in
allen öffentlichen Blättern weht ein Hauch
der Klage, weithallend über die Grenzen
des deutſchen Geſammtvaterlandes hinaus.
1 Die öſterreichiſche Jugend ſteht an Heiner
Gruft leuchtenden Auͤges und wehmüthi
gen Herzens; alle Staͤnde, Krieger, Bür·
ger, Gelehrte, Dichter, ſie Alle haben den
heutigen Tag als ein Feſt allgemeiner
Trauer, tieſen gemeinſamen Leides em
pfunden. Wie ſollten da wir fehlen an
Deinem letzten Hauſe, Vater Grillparzer,
wir, die Kinder Deines Hauſes, des ver:
waiſten Burgtheaters! Wir kommen mit
leeren Händen, ·aber mit vollem Beren
Dir zu danken für die reichen Gaben
Deines Geiſtes, die Du gerade in dem
zweiten und dritten Jahrzehnte unſeres
Jahrhunderts, in der Zeit allgemeiner
Unfruchtbarkeit und geiſtiger Schwüle,
mit verſchwenderiſcher Hand auf uns her
abgeſchüttet haſt. Wir haben ſie gepflegt,
die Früchte dieſes Deines Geiſtes mit
Pietaͤt und, Vater verzeih! daß ſich in de
Wehmuth des Abſchieds auch ein bitterer
Tropfen miſchen muß. Ou biſt grollend,
Du biſt ſchmollend von uns geſchieden.
Ueber ein Menſchenalter hindurch biſt Du
unſerer Schwelle ferngeblieben, denn Dein
zartbeſaitetes Dichtergemüth, zarter beſai
tet als die Leyer Deiner Sappho, ward
durch einen rauhen Mißklang verletzt.
Wir wollen ſie ſühnen, wir wollen ſie aus—
löſchen dieſe Schuld, indem wir Dein An
denken auf würdige Weiſe pflegen durch
Deine Werke. Noch ſind es wenige Tage
nur, an Deinem letzten Wiegenfeſte, als
wir „Des Meeres und der Liebe Wellen“
Dir zu Ehren gegeben, und ſiehe da, ſchon
hat auch Dich die dunkle Woge des Todes
erfaßt und Dich ſelbſt weggeſpielt an ein
fernes, fremdes Ufer, deſſen Ahnung aus
den Nebeln dieſes Abends uns entgegen
dämmert. Aber Du biſt nicht entſchwun—
den: Dein beſſeres Selbſt, es lebt. Wenn
von Einem, ſo gilt von Dir das Wort des
Römers : Mortalis esse desiit. Dun haſt
aufgehört, ſterblich zu ſein. Gebrochen iſt
der mauriſche Thurm, Hero's unſterbliche
Flamme aber, ſie leuchtet durch alle Jahr
hunderte, zwei Weltalter: Altöſterreich
und Nenöſterreich bedeutſam verbindend.
Wenn ſolcheFeſte, wie wir im vorigen Jah
re eines gefeiert und noch vor wenigen Ta—
gen der Zwillingsmuſe ſeines Dichter· Ge
noſſen Baunernfeld widmeten, wenn
ſolche Feſte in ihrem Widerhall hinans—
klingen über Oeſterreichs Grenzen, oder
wenn Trauerkunden von unſeren Heimge—
gangenen, wie des Helden von Liſſa,
unſeres großen Meiſter Schwind, un
ſeres weltberühmten Oppholzer, wie
des Dir ſo nahe Verwandten, unſeres
Friedrich Halm, den wir im erſten
Frühlingswehen auf dem weichen Pfühle
ſeines Hütteldorfer Landhauſes gebettet,
nach Deutſchland klingen: dann haben
wir auch in der Trauer ein Recht, das ge
bengte Haupt zu heben und zu ſagen:
hier auch ſterben deutſche Männer,
denen deutſche Kunſt, deutſcher Geiſt und
deutſche Wiſſenſchaft hoch über Alles geht.
Und wir, die Ueberlebenden, erneuern an
ſolchen Stätten das heilige Gelübde, im
Geiſte der Vorangegangenen raſtlos ſchaf
fen und wirken zu wollen, ſo lange es
Tag und ſo viel an uns iſt. Und ſomij ein
letztes,Gute Nacht!“ Deinem irdiſchen
Theile, heimgegangener, verklärter öſter
reichiſcher Sänger, vaterländiſch durch und
durch in jeder Größe und auch in jeder
Schwäche, die Deinem Menſchenthum und.
Deinen Dichtungen anhaften. Fahre wohl
und laſſe Dich grüßen mit Deinen eigenen
Worten, die Sappho zurückruft: „Den
Höttern Ehrfurcht und den Menſchen
Liebe: genießt was lacht, blüht und den
ket mein! Ich zahlte meines Lebens letzte
Schuld. Ihr Götter ſegnet ſie und nehmt
ihn auf!“ Nach Dingelſtedt trat Laube
an den Sarg, um ein kurzes Abſchieds
wort zu ſprechen.
—— e bep
Aus den Winterfeſten von Berlin.
Als gewiſſenhafter Chroniqueur der
großen Welt müſſen wir noch über die
zwei letzten Feſte Bericht erſtatten, die den
Schluß des diesjährigen Carnevals am
kaiſerlichen Hofe bildeten. Wir müſſen
zunächſt auf Montag (12. Febr.) überge
hen, um den Leſer in die von Licht ſtrah—
lenden Säle des Prinz Karl ſchen Palais
am Wilhelmsplatz zu fuͤhren. Der Speiſe—
Tanz· und Weiße Saal, das rothe Renaiſ
ſancezimmer ſind bereits von der Geſell
ſchaft gefüllt. In dem boiſirten Vorzim
mer empfangen der Hofſtaat und die Ad~
jutanten des Prinzen und der Prinzeſſin
die Geladenen; an der Spitze deſſelben
der jüngſte und anch der liebenswürdigſte
aller Hofmarſchälle, Graf Dönhoff, ünd
ein anmuthigerer Willkomm kann Gäſten
niemals geboten werden, als von den
Hofdamen, den Comteſſen von Hagen und
I. Stern, Herausgeber.
Ro. 52.
j
ſv. Seydewitz. Aber unerbittlicher noch
lals ein Richter iſt ein Ceremonienmeiſter
Wir ſehen durch die geöffnete Thür des
Tanzſaales ein ganzes Eden voll reizender
Midhenchat mit wallenden Locken
und blühenden Kränzen, wir wollen auf
dieſes ſchönſte aller Ziele ſtenern. Da trat
ſuns ein junger, eleganter Herr, in goldge—
ſſtickter Uniform a la Lonis XIV, niit
ſeinem ſchwarzen, von einer goldenen Kront
ſgekrönten Ebenholzſtock entgegen und
ſpricht: „Bitte, mein Herr dort ver
ſammelt ſich die junge, tanzende Welt.
Treten Sie in das rothe Zimmer oder
tleiben Sie hier im Speiſeſaal, dort im
Weißen Saale iſt das diplomatiſche Corps
ſdie Fürſten und Fürſtinnen und die Exel—
lenzen“ Da wir für den Weißen Suaal
nicht den Rang, für den Tanzſaal nicht
genug Jugend haben, ſo ſtellen wir uns
im Speiſeſaal auf. Es iſt auch hier eine
rs anſehnliche Geſellſchaft, Männer voll
Bürden und Würden des Staates; wo
ſhin man blickt, nur Uniformen und Or
denskreuze, Civil und Militär, und durch
dieſes gold- und ſilbergeſtickte Spalier
nehmen die Damen ihren Durchgang nach
dem Tanzſaale. So muß man wenig—
ſtens doch nicht ganz den Anblick des
Schönen, hold Weiblichen entbehren. Ge
gen 110 Uhr erſcheint der Hof auf ein
aus dem Veſtibul gegebenes Zeichen.
Sobald der Hof hindurch iſt, kann ſich die
übrige Geſellſchaft ſchrankenlos in ſͤmmt—
liche Räume zerſtrenen. Der Hauptan—
ziehungspunkt iſt natürlich der Tanzſaal.
13 erinnerte ſich nicht gern ſeiner Ju—
gend, wer ſehe nicht gern mit Vergnügen
tanzenden Paaren zu, und wäre es auch
nurt ganz abgeſehen von dem Angedenken
glücklicher Stunden, welche dieſer Anblick
in uns erweckt, wäre es auch nur um das
herrliche, farbenreiche Bild, das ſich vor
uns aufrollt, zu genießen? . Die Wände
des Saales ſind mit weißem Marmor be—
kleidet, unter dem Plafond läuft ein ge—
malter Fries von tanzenden Figuren um—
her; die Drapperieen des Saales ſind
von rothem Damaſt und an den weißen
Marmorwänden hinan, ranken ſichSträu—
cher und blühende Gewächſe. An einer
Seite des Saales iſt eine Eſtrade; auf die
ſer hat die Kaiſerin mit den Prinzeſſinen
Platz genommen, zn beiden Seiten die
Botſchafterinnen und Fürſtinen. Vor der
Eſtrade hat ſich der Tanzkreis gebildet.
Das Rauſchen der Muſik, das Wogen
und Glühen der Farben, das Blitzen bon
Gold, Silber und Brillanten, und mitten
aus dieſen Tönen, Glühen und Glänzen
das Auftauchen einer ſchoͤnen, edlen Frau—
engeſtalt, das iſt eine gewiſſe Poeſie,
welche dieſen Feſten, von denen eines im—
mer eine uniforme Aehnlichkeit mit dem
anderen hatte, immer wieder neuen Reiz,
eine intereſſante Abwechslung und mäch—
tige Anziehungskraft verleiht; für den
älteren Theil der Geſellſchaft liegt die
letztere auch darin, daß dieſelbe bei dieſen
Gelegenheiten in unmittelbare Beziehun—
gen zu den allerhöchſten und höchſten
Herrſchaften tritt. Für die Anknüpfung
derſelben beſitzen die Angehörigen unſeres
Königshauſes Eigenſchaften, welche in
einer natürlichen Familienanlage ruhen
und durch ſorgfältige Erziehung nach
allen Richtungen hin ansgebildet ſind.
Ein Meiſter in dieſer, in einer fürſtlichen
Stellung immerhin nothwendigen Gabe,
iſt Prinz Karl. Das zeigte er auch an
dieſem Abende in der vornehmen, verbind
lichen Weiſe, mit der er die Honneurs
machte; ſeine Gemahlin unterſtützte ihn
darin. M bei dem Balle im kaiſer
lichen Palais der Salon der Kaiſerin, ſo
ſind auch hier die Privatgemächer der
Prinzeſſin Karl geöffnet. enta wir
unſeren Durchgang durch einen gelben
Vorſalon und werfen wir einen Blick
hinein. Die Wände und Möbel ſind mit
rothem Damaſt bekleidet, namentlich zeich
net ſich das Gemach. durch ichtige
Kunſtgegenſtände aus, durch Bilder alter
italieniſcher zMeiſter, durch Vaſen, Sta
tuen u. ſ. w.; geradezu prachtvoll iſt die
Ausſtattung eines gtoßen Schreibtiſches:
alle Gegenſtände deſſelben, Schreibzenge,
Vaſen, Uhr, ſind von Malachit mit gol—
denen Verziernngen. An dieſen Salon
ſtößt ein gar trauliches Boudoir, und
von dieſem ſieht man die grüne Pracht
eines kleinen Wintergartens, aber nur der
Anblick iſt erlaubt, nicht aber der Eintritt.
Eine Thür, aus einer einzigen großen
Glasſcheibe beſtehend, verhindert uns,
einen Augenblick den Traum einer ſüd—
lichen Zone zu träumen. Gegen Mitter
nacht öffnen ſich die Thüren in die blaue
Galerie, den Schauplatz der neulichen
Darſtellung lebender Bilder. Die Kai
ſerin und die höchſten Herrſchaften begeben
ſich durch dieſelbe in den dahinterliegenden
großen Saal, den die lebensgroßen Bil—
der der preußiſchen Koööͤnige ſchmücken, dort
iſt für ſie, für die Botſchafterinnen, die
Fürſten und Fürſtinnen die Excellenzen
das Souper ſervirt, für die übrige Geſell~
ſchaft in der blauen Galerie. Schon der
Anblick der Tafel iſt ein Genuß, aber ich
will nicht in den Ruf eines Apieius kom
men und die leiblichen Genůſſe alle ſchil
dern die hier ausgebreitet waren, zu ver
lockend ſelbſt für einen verwöhnten Ma
gen und zu viel ſelbſt für die größte Ge—
nußfähigkeit. Was noch nach ſolchen
materiellen Genüſſen Schoöͤneres folgen
lFortſebung auf der letzten Seite.]