Newspaper Page Text
Aeſchetnſſtbdeſhedaltlcht ſchdt tdrdthcahſrdetedt bbbitaetthhtttelbttblnddohtituieitidntenntnninnenn
Europa,
Die Dreilaiſerzuſammenkunft.
Die Dreikaiſerzuſammenkunft in Berlin iſt nun
ſeſtſtehende Thatſache. Fa, es wird ſogar davon
geſprochen, daß der Thronfolger des Kaiſers von
Rußland ebenfalls von Koppenhagen kommen werde,
um bei der Verſammlung anweſend zu ſein. Eine
Einladung des Kaiſers Alexander nach Berlin babe
zu der beabſichtigten Zuſammenkunft den erſten An~
laß gegeben, ſagt die „Karloruher Zeitung“ wo~
rauf Kaiſer Franz Joſeph ſeinerſeits durch die Sen~
dung des Erzherzogs Wilhelm in St. PVetersburg den
Wunſch ausdrůcen ließ, in einer perſonlichen Zuſam~
menkunft an dem Hofe eines befreundeten Aliirten
„die teten etwa noch vorbandenen
Reſte einer durch die beiderſeitigen
Intereſſen einſt bedingten Mißſtim
mung auszugleichen.“ Der Dant des Kai~
ſer Alexander an den Kaiſer Wilhelm für die ihm
gebotene Gelegenheit zur Begegnung mit dem Kaiſer
von Oeſterreich und die an den lehteren gerichtete
Verſicherung über die aufrichtige Freude an der be~
vorſtehenden Wiederbelebung der ſo-lange beſtandenen
aufrichtigen und berzlichen Freundſchaft ergeben ſich
darauf von ſelbſt. Die Nachricht iſt von der Be~
volkerung der betheiligten Laänder mit freudiger
Theilnahme begrüßt worden, und das oöffentliche Ur~
theil einigt ſich in der Ueberzeugung, daß die Septem~
berfeſte eine mͤchtige Bürgſchaft für die Befeſtigung
friedlicher und geordneter Zuſtaͤnde in Europa ſind.
D 4ud unter der Geituna ſeines ver~
chrten Kaiſers Wilhelm,ein Reich des Friedens und
des Segens.“
Vergiftung durch ein Kleid. Bei dem Amts
gericht zu Mosbach (Baden), iſt wirklich eine Anklage
wegen Vergiftung anhaͤngig. Eine Naherin in dor~
tiger Gegend erhielt naͤmlich den Auftrag, ein Kleid
aus einem bekannten, vielfach zu Ballcoſtͤmen ver~
wendeten Stoff von gruner Farbe zu fertigen. Die
Verarbeitung dieſes Stoffes, mit dem die Naͤherin
vier bis funf Tage zu thun hatte, hatte die Folge, daß
ſie an Kopfweh und Schwindel in der Weiſe erkrankte,
daß ſie erſt nach vierwoͤchentlichem Krankenlager ſich
ſo weit erbolte, um einigermaßen ihrem Berufe wieder
nachgehen zu koöͤnnen. Man vermuthete gleich von
Anfang an Vergiftung durch das Kleid. Die vom
Staatosanwalt eingeleitete Unterſuchung hatte die
Einbolung eines Gutachtens durch einen Profeſſor
der Chemie zur Folge, der den genannten Stoff in der
Weiſe mit Arſenit inſicirt ſand, daß das zu einem
einzigen Kleid vorhandene Quantum ausreichend
waͤre, um 350 Perſonen todtlich zu vergiften.
Nimmt man nun an, wie das Mannheimer Hand
lungobaus äußerte, von dem der Stoff bezogen wor~
den, daß etwa zu 100 Kleidern derſelbe Stoff in
Mannheim und Umgegend abgeſeht wurde, ſo würde,
wie das Gutachten gleichfalls ausfuͤhrte, die in dem
verkauſten Kleiderſtoffe vorhandene Arſenikmenge
genügen, um 45,000 Perſonen, alſo nahezu die ganze
Stadt Mannheim, zu vergiſten. Ob freilich bei der
Unterſuchung viel herauskommen wird, iſt um ſo
mehr zu bezweifeln, als der Fabrikant dem ſůdlichen
Frankreich angehoört und der genannte Stoff von
dorther bezogen wurde. Auch in Pforzheim kam
juüngſt cin Vergiſtungofall an einem Knaben vor, der
an cinem Markttage in überreichem Maße Zuckerſa—
chen, darunter namentlich rothgefaͤrbte, genoſſen hatte.
Die Unterſuchung ergab, daß die rothe Farbe dem
Confelkt durch ſchlechte Anilinfarbe ertheilt war, die
reichlich Arſenil enthielt. “ Daß der Knabe nicht mehr
gerettet wurde, mag auch darin ſeinen Grund haben,
daß nicht zeitig genug die Urſache des Leidens er
kannt und Hüulfe geleiſtet wurde.
Oeſterreich.
Ein Geiſt in der Wiener Hofburg. Die
„N. Fr. Pr.“ theilt folgende Geſpenſtergeſchichte mit:
„Wir baben bisher Anſtand genommen, von einem
in Wien, und zwar nicht nur in eingeweihten Kreiſen
ſtark verbreiteten Gerüůchte Notiz zu nehmen, weil uns
deſſen Gehalt denn doch etwas gar zu abeuteuerlich
erſchien. Da uns jedoch die fragliche Geſchichte im—
mer wieder von Neuem und auch von ſehr vertrau
enoͤwurdigen Seiten erzahlt wird, ſo müͤſſen wir uns
doch entſchließen, dieſelbe zur Sprache zu bringen,
um wenigſtens die lobl. „Abendpoſt“ zu veranlaſſen,
uns mit einem möoglichſt glaubwürdigen Dementi zu
beehren. Iſt nichts an der Sachc, ſo iſt's gut; be—
rubt aber das Gerücht auf Wahrheit, ſo iſt's um ſo
beſſer. Es handelt ſich naͤmlich um nichts Anderes
als um den vor einigen Wochen in der bieſigen Hof
burg erſchienenen Geiſt, welcher angehlich in der
Masote der verſtorbenen Erzherzogin Sophie zwei
Schildwachen zum verlaſſen ihres Poſtens vermocht
bhaben ſoll, bis er endlich auf den Unrechten ſtieß, der
ibn aans ſagon niederſchoß. Der ſo empfindlich ge~
ſtrafte Geiſt ſoll, wie es beißt, der Burggeiſtlichkeit
angehoört baben. Wenn ſich die Sache wirklich ſe
verhalt, und wir hoffen, wie geſagt, daß uns die
„Abendpoſt“ hierüber auofuͤhrlich belebren wird, ſo
verdient der betreffende Soldat in der That eine Na
tionalbelobnung, denn er hat dann die Klarleguna
einer Intrigue bewirkt, welche nun an bohen Orten
wohl durchſchaut werden wird. Abgeſehen von der
Kugel, die dem frechen Geiſt bereits ſo wohlverdient
zu Theil geworden iſt, verdienen aber auch die Beran—
ſtalter eines ſolch' blͤden Spules ſchon deshalb eine
exemplariſche Zuͤchtigung, weil ſie ganz vergeſſen
haben, daß man beutzutage das 19. Jahrhundert
ſchreibt und es Majeſtaͤtobeleidigung beißt, durch
ſolche Mittel auf Erfolge in irgend welcher Richtung
zu boffen. Die Zeiten. wo ein Moritz von Sachſen
ebenfalls einen Geiſt aus dem Schlafzimmer des
römiſchen Koönigs in den Burggraben warf, der
Clerus aber tropdem nichts von ſeinem Einfluſſe ver~
lor, ſind hoffentlich voruͤber. Wir wollen an die
obenerwäͤhnte Geſchichte keine weiteren Gloſſen an
tnͤpfen, erſuchen jedoch nochmalos im Intereſſe der
Hochachtung nnd Verehrung, die Zedermann den
Mutgliedern unſeres Hauſes zollt, aber auch im In
tereſſe unſerer Verfaſſung, die ofſiziellen Blaͤtter um
ungeſchminkte Auftkläͤrung.“ ;
Rußland.
In Peteroburg verklagte türzlich der
„Drusſchict“ (Diener) des Generalo F. ſeinen Herrn
wegen einer von dieſem ibm auf oßener Straße ver
ſepten Obrfeige. Der General erhaͤlt ſofort eine
Vorladung und erſcheint. Im Bewußtſein ſetiner
bohen Stellung ſpiegelt ſich ſchon beim Cintreten im
Geſichte deſſelben ein ausgepraͤgter Unwille. Der
Richter gibt ihm Kunde von der Antklage, mit einem
Hinweis auf einige Zeugen, welche die That beſtaätig
ten. Der General ſchleudert dem Diener ein
„Wroſch“ (Du lůgſt) zu. ;
Richter: „Die Pflicht gebietet mir, Ew. Erellen;
darauf aufmertkſam zu machen, daß dieſer Ausdruct
verboten iſt und geſepmaͤßig mit einer Strafe von drei
Rubein geruügt wird.“ General: „Mein Herr,
Ihr Bencehmen iſt in der That eiwas mebr als unan
ſtaͤndig.“ (Große Aufregung.) „Ich bin nicht
gewobnt, in Gegenwart meines Dieners zu ſtehen.
Man pſlegt mir, dem kaiſerlichen General v. F. über
all einen Stuhl anzubieten.“ Richter: „Vor dem
Gerichte, Excellenz, ſind Alle gleich, und Sie veran
laſſen mich, Sie wegen der beleidigenden Acuterung
von mehr als unanſtaͤndig mit einem dreitaͤgigen Arreſt
zu belegen. Sie ſind gleichzeitig wegen der Obrſeige
zu fuͤnf Rubeln Entſchaͤdigung verurtheitt.“ Det
General entſernte ſich und appelirie an die oberſte Mili
taͤrbeborde. Von bort aus wurde ibm aber der Be
ſcheid, daß nicht der Richter, ſondern das Geſetz ibn
verurtheilt babe, und er dem Geſehe, welches der Ka
ſer ſelbſt reſpectire, ſich unverzuglich unterwerfen werde.!
Allgemeine Nachrichten und
Betrachtungen.
ln den Staͤdten des Ellaß ſcheinen die Frauen
beſonders eine Ehre darin zu ſuchen, den Deutſchen~
bhaß zur Schau zu tragen. Es werden unter deren
Anregung „liques du dedain“ und patriotiſche Ver~
eine zur Bezahlung der franzoſiſchen Rationalſchuld
und zum Unterricht der Kinder in der „alleinſelig-~
machenden“ franzoſiſchen Sprache gegruündet. Auf
den Döorfern iſt das Verhältniß umgekehrt. Da re~
den die Frauen von den Franzoſen als von einem
fremden Volke. Das Kindlein,walſcht noch“ wenn
es ſtammelt; es redet ,„Ditſch von der Bruſt“ ſobald
es klar und verſtndlich ſprechen kann. „Fuggern“
heißt auf dem Lande, Handel treiben. Alſo unſere
Freunde vom Norden kommen nach Savannah um zu
„Fuggern.“
Gerüůchtoweiſe verlautete in Deutſchland, daß
das Genfer Schiedogericht betreffs der,Alabama“
auf eine runde Entſchaͤdigungs ·Summe von 7 Mil~
lionen Dollars, betreffs der „Florida“ auf eine
ſolche von 3 Millionen Dollars ſich einigen würde.
Zuverläſſige Perſonen glauben, daß in dieſem Ge~
rũchte die amerikaniſchen Wünſche ausgedrückt ſind.
Am 15., 16., 17. und 18. Auguſt, wird der
Kronprinz des Deutſchen Reiches die Würtemberger~
Truppen in Stuttgart, Ludwigsluſt und Ulm in—
ſpiziren. 1 ~
Der Koſtenanſſchlag der Reparaturen der am
Strahrurger· Ninter durch das Bombardement ver~
urjachter Reparaturen wird auf 598, 000 er. berecnet.
Vom 26. bis 28. Auguſt, wird die Inſpizerung
baieriſcher Truppen bei Ingolſtadt ſtattfinden.
Am 3. Auguſt, begann das vierte allgemeine
deutſche Turnfeſt in Bonn. 4000 Gäſte waren an~
weſend. Dr. Herrmann Bleibtreu hielt die Rede
zur Begrüßung der Turngäſte.
—England blickt auf eine äußerſt aufgeregte
und blutige Woche zurück. In Belfaſt feierten am
Donnerſtag vor 8 Tagen die Katholiken die erfolgte
Aunahme der „NRepeal~Akte“ durch einen großen
Umzug, die proteſtantiſchen Irlaͤnder, reſp. der Poöbel
dieſer Klaſſe ſtorte den Zug, es kam zu Thaͤtlichkeiten
und dieſe arteten in einen Straßenkampf aus der faſt
acht Tage lang Tag und Nacht fortdauerte. Eine
große Anzahl ſind bei den Straßenkaͤmpfen gefallen,
noch mehr verwundet, verſchiedene Gebäude ſind ein~
geäſchert und mehrere Schulen demolirt worden.
Auch in Dublin und Londonderry ereigneten ſich
hnliche Gräͤuel. Scenen. (Balt. Cor.)
Die Nord ~Schleswig ſche Frage iſt vor einiger
Zeit von Dänemark aus wieder angeregt worden.
Die „A. A. Ztg.“ brachte einen Artikel aus Kopen~
hagen, der die Abtretung Nord-Schleswigs an
Daänemark als ein Gebot des politiſchen Intreſſes
fur Deutſchlaud bezeichnet.
Der ſiebente deutſche Journaliſtentag wurde am
26. Juli in München gefeiert.
Der Sieger in der Schlacht bei Jena iſt geſtor~
ben. Unter dieſem Namen war in Paris ein alter
Mann bekannt, welcher des feſten Glaubens war
und allen Leuten erzählte, er babe die Schlacht bei
Zena 1805 gewonnen. Damals war der Bezeichnete
Soldat der franzoſiſchen Armee, ſeines Grades Kor
poral, und hatte eine frappante Aehnlichkeit mit
Napoleoa l. In einem kritiſchen Augenblick der
Schlacht, ſo lautet die Geſchichte, welche er fortwäh
rend zum Beſten gab, ſchwang ſich der Korporal auf
ein herrenlos umherirrendes Pferd, ſprengte vor die
Fronte eines Regiments und ſchrie, den Säbel
ſchwingend: „Vorwärts, vorwaärts, ich bin der Kai~
ſer, ich führe Euch zum Siege!“ Die Soldaten ru—
fen begeiſtert: „Es lebe der Kaiſer, es lebe der kleine
Korporal!“ gehen in wüthendem Angriff vor und
das Schlachtenglück wendet ſich auf Seite der Fran
zoſen. Aber auch die Preußen halten den tapferen
Korporal fuür den Kaiſer und er wird mit Wunden
bedecktt. Nachher lebte er bis zum Jahre 1871 in
Pario und zog dann nach London, woſelbſt er jett
91 Jabhre alt, geſtorben iſt.
Was das Betteln einbrinat. In der Frie
derichoſtraße in Berlin beſindet ſich eine ſogenannte
Studentenkneipe; es verkehren in dieſem Lokale aus—
ſchließlich Studenten, und zwar Söohne der angeſe
henſten Familien. Es galt kürzlich eine Wette.
Dieſelbe beſtand darin, daß einer der jungen Herren
ſich anheiſchig machte, bettelnd in zerlumpter Kleidung
cinen Nachmittag einherzugehen, von Laden zu La
den, von Wohnung zu Wohnung. Und was war das
Reſultat ſeiner Bettelwanderung? 4 Thlr. 22 Sar.
3 Ps. Dieſe wurden ſofort der Frau eines Gürtler
geſellen, die von Drillingen entbunden war, nachdem
dieſe Summe noch durch eine Zulage vergroößert
worden, zugeſendet.
Am Abend war aber in der Kneipe ein großer Co
ſmers bei dem man beſonders den heutigen Bettler
; hochleben ließ.
Von allen Gegenden der Ver. Staaten
tommen Berichte über beftige Platzregen, ſchwere Ge
witter, unerträgliche Hite, und zerſtörende Stürme
Die Urſache dieſer Erſcheinungen iſt unbekannt.
Schreckliche Verheerungen wurden von dem Hoch
ſwaſſer in Alabama angerichtet. Aehnliche Nach
richten erhalten wir von vielen Laundſchaften und
ſStadten in Europa. Nachrichten aus London ſpre
chen von bedeutenden Verheerungen die ein mit Blit
und Donner begleiteter Platzregen in der dortigen
Umgegend verurſachte. Auch in Paris und ſeiner
|nachſten Umgebung wurde Ende Juli großer Schaden
durch Gewitter angerichtet. In der Stadt wurden
Haͤuſer beſchaͤdigt, Baͤume entwurzelt, auf dem
„Pere la Chais“ wurden faſt alle Grabſteine umge
ſworfen. Auf der „Kein«“ gingen an bundert ver—
ſchiedene Schiffe unter. Die Arbeiten, um aus den
Kellern das Waſſer auszupumpen, dauerten einen
zanzen Tag.
Wohl niergends auf der Welt giebt es in dieſem
Augenblicke einen Mann, der ſo gebaßt wird wie
Richter Keogb von ſeinen iriſchen Landsleuten.
Irlaͤnder von Geburt, katholiſch von Confeſſion, er
klaäͤrte Keogh dem Capitaͤn Nolan, Vertreter der
Iriſchen „Home ·Rule Parttei“, (welche nach Art der
Fenier, wenn auch nicht die gänzliche Lostrennung
Irlando von Großſbritanien, ſo doch eine nur von
Irland geleitete Adminiſtration erſtrebt, welche ibren
Sitz in Dublin hat) ſeines Sites verluſtig und ent
buͤllte die ſchamloſen Umtriebe, welche ſich der katho
liſche Klerus vom Biſchof bio zum niedrigſten Geiſt
lichen hatte zu Schulden kommen laſſen. Die Re
giernng ließ den katboliſchen Biſchof von Cloufert,
19 Prieſter, und viele andere ungeſetzlicher Wablma
nover beſchuldigten Perſonen in Antlageſtand verſetben.
In Rocheſter, Illinois, erhaängte ſich ein Mann
der das 103 Lebensjahr erreicht hatte. Haätte er noch
einige Augenblicke nur gewartet, ſo würde ibn der
Tod in ſolenner Art und Weiſe beimgefuübrt haben.
Bedentliche Feindſeligleiten zeigen ſich in Ca
da zwiſchen Irländern und Englandern auf der!
cinen Seite, und den Einmwohnern franzoſiſcher Ab
kunſt auf der andern. ;
Die Einwandernng in Teras Nach denlet !
: halbjaͤhrigen Berichte des teraniſchen Staate·
nwanderunao Commih Löfſler in Honſton, be
: die A Ir i 9 ſton angetommenen !
Einwanderer vom januar bis 39. Zuni 18,761
MPVerlonen 1
Einheimiſche Politik.
—Die Afrikaner machen der Grant-Partei
nicht wenig zu ſchaffen. Wo auch immer die Söhne
der Nacht Zutritt finden, da endet die Verſammlnng
mit Unordnung, Lärm und Krawall. Das geſchieht
nicht allein im Süden, ſondern noch viel häufiger in
den nordlichen Staaten, wie in New York, Phila~
delphia u. ſ. w.
Greeley erklaͤrt in einem Schreiben an C. Schurz,
daß er ſich nur mit wirklichen Staatsmännern in
ſeinem Cabinet umgeben würde, und daß er darnach
trachte, es dahin zu bringen, daß nur würdigen und
zuverlaſſigen Menſchen, Aemter za Theil werden ſoll~
ten. Sein Vorſah iſt aller Ehren werth; wir wün—
ſchen, daß es ihm gelingen möge.
In den naächſten Tagen wird in Louisville, Ky.
eine Convention derer zuſammentreten, die mit den
Nominationen der Präͤſidentenſchaftskandidaten unzu~
frieden ſind. Sie ſtellen E. O'Connor als ihren
Candidaten auf. Es heißt, er habe die Ehre ange~
nommen. Den Ausgang wird die Zukunft lehren.
In Süd-Carolina herrſcht unter den Ra
dikalen in Hinſicht auf die Wahl der Staatsbeamten,
große Uneinigkeit.
Das Hochwaſſer in Alabama.
Südliche Bltter bringen erſchütternde Einzelnhei
ten uͤber die Verheerungen des Hochwaſſers in Ala-~
bama. Der Warrior River war bei Tuscalooſa bis
auf 62 Fuß geſtiegen, hatte eine Breite von mehr als
6 Meilen, hatte ſaͤmmtliche Plantagen an ſeinen
Ufern uüberfiuthet und viele Brücken und Häuſer weg~
geſchwemmt. Aehnliches wird aus der Gegend der
Big Sunday, Cunningham und Turkey Creeks ge~
meldet. Jede Mühle in Jefferſon County, mit einer
Ausnahme, wurde fortgeriſſen.
Der Cahaba River war beim Uebergang der Selma
und Meridian R. R. über zwei Meilen breit; faſt
alle Brücken wurden zerſtört und die Berdheerung der
Felder langs den Stromufern iſt beiſpielles. Hauſer
jeder Art und Größe wurden von den ſonſt ganz un
bedeutenden Gewäſſern fortgeriſſen und ihre Trüm~
mer bedeckten meilenweit die Oberflache der Warrior
und Cahaba River. Glücklicherweiſe hoört man von
keinem Berluſt an Menſchenleben.
Der Montgomery „Advertiſer“ fügt bei: Die
Noth, die dieſer ſchrecklichen Calamitͤt folgen muß,
wird jedenfalls groß ſein. Man ſchätzt, daß in Tus~
calooſa County allein wenigſtens 2500 Perſonnen auf
die öffentliche Wohlthätigkeit angewieſen ſein werden.
Verſammlungen wurden abgehalten, um über die
beſten Mittel zur Unterſtützung der Nothleidenden zu
berathen, und der Staat ſelbſt wird angegangen wer—
den, Hülse zu leiſten. Eine Anzahl Familien in
Hale und Greene Counties wurden ebenfalls ſchwer
betroffen, und in Jefferſon County iſt der angerichtete
Schaden, ſowie die Noth der Bewohner noch gar nicht
zu überſehen. Blount, Winſton und Walker County
haben gleichfalls gelitten, die Größe des Schadens
iſt jedoch nicht bekannt.
Der Sohn des Admiral Semmes, der eine Plan
tage bei Melntoſh Bluff, am Tombigbee River, 60
Meilen oberhalb Mobile, bebaut, ſchreibt an ſeinen
Vater: „Ich bin unter Waſſer, ruinirt! Bereits
ſtrömen die Fluthen über den groöͤßten Theil der Pflan~
zung, und wenn Du dies Schreiben erhältſt, werden
meine ſaͤmmtlichen Felder den Anblict eines wogenden
ſchaͤumenden Sees bieten, denn der Fluß iſt noch
immer im Steigen. Meine Felder waren die Be
wunderung Aller, die ſie ſahen 90 Ader Corn mit
vollen, reifenden Aechren, und 70 Acter Cotton in
voller Blͤthe und beladen mit halbreifen Bolls
alles iſt dem verheerenden Elemente zur Beute ge
worden.“
Seitdem das Waſſer gefallen iſt, haben die Bauern
etwas beſſere Hoſffnung, und gehen mit Ernſt an die
Arbeit, um ihre verwuüſteten Felder, ſo weit thunl ich,
wieder in Stand zu ſeten. Wahrſcheinlich iſt der
Schaden anfangs eiwas überſchäht worden, obwobl
derſelbe wirklich enorm ſein muß.
Eine deutſche Pla tiform. In Mobile, Ala.
bildete ſich dieſer Tage ein „deutſcher unabhängiger
Verein.“ Nachdem die Beamten gewählt waren
ſchreibt der Correſpondent der „N, O. Deutſchen
Zeitung“ enſtand die Frage: „Sind wir Liberal
Republitaner, Demokrateu oder Reformer?“ Dieſe
Frage wurde endlich nach vielem Hin- und Herreden
durch einen ehrlichen Schwaben, „der noch nicht 40
Jahre alt iſt geſchlichtet; er ſagte naämlich: „Wenn
de Demokrate recht han, da ſin mer Demokrate, und
wenn de Republikaner recht ban, da ſin mer Repu—-
blikaner.“ Dieſe Antwort wurde mit ſolch' donnern~
dem Beifall begruüͤßt, daß es volle 10 Minuten nahm,
ehe Ruhs und Ordnung wieder bhergeſtellt werden
konnte. Der Verein empfahl unter Anderen unſern
Landomann F. G. Bromberg als Congreßcandidaten.
*I2OO koſtei es im Durchſchnitt, in den Verein.
Staaten einen Verbrecher zu arretiren, prozeſſiren
und dem Zuchthaus zu überweiſen.
Harrisburg, Pa., 22. Aug. Es beißt, daß
Dr. Schoöppe, deſſen zweite Prozeſſirung wegen an
geblicher Vergiftung des Frl. Steinecke, im Laufe
der nächſten Woche zu Carlisle, Pa. beginnen ſoll,
mit Zuverſicht auf ſeine Freiſprechung rechnet;
mebrere der wichtigſten Zeugen vom erſten Prozeß der
werden nicht zugegen ſein. Schöppe ſagt aus, daß
ihm erſt in jüngſter Zeit eine bedeutende Geldſumme
und die Entlaſſung aus dem Gefangniß offerirt wor~
den iſt, wenn er auf das ihm von Frl. Steinecte zu~
gedachte Vermächtniß verzichten wolle.
In Saratoga, fordert man ſieben Dollars für
Board, per Tag.
In Meriko, heißt es, iſt Rube eingetreten, an
der Grenze von Texas aber treiben die Räuberbanden
noch immer ibr wildes Spiel.
Man hat Urſache zu hoffen, daß der Frieden zwiſchen
Braſilien und der argentiniſchen Republik wird erbal
ten werden.
In Cuba ſcheint die Revolution allmaͤhlig auozu
ſterben. :
Eine neue Revolution in Peru. Aus Peru,
27. Juli, wird von einer neuen Revolution gemeldet.
Ocren Anſtifter war Guttierez, der ſich zum Ditktator
herklͤrte und den Praͤſidenten Balta ermordete. Em—-
ſport daruber nabm das Volk den Guttierez, welcher
Ferſengeld geben wollte, gefangen, zog ihn nactt aus,
knüpfte ihn an einem Laternenpfoſten auf und ver
brannte deſſen Leiche. Herr Pardo wurde ald neuer
Praͤſident inaugurirt und die Revolution war damit
zu Ende.
Marokto bat etwas, was kein anderes Land
ſhat, namlich Scharfrichterinnen fuͤr die Verbre -
cherinnen, und zwar, weil dort kein Mann eine Frau
; beruühren darf. Die Henkerinnen, die man am lieb~
ſſten recht alt und recht baͤßlich waͤhlt verhaften die
Frauen, die ſich eines Verbrechens ſchuldig machten,
geißeln ſie, ſchneiden ihnen die Ohren ab und ent
baupten ſie aucb, wenn es ſein muß.
Menagerie.
1 lho Great Rastern Roman Hippodrome, Dan
ſCarcuter & Co Eigenthuͤmer, wird in der Mitte des
naͤchſten Monats September mebrere Vorſtellungen
in Savannah geben. Mit der Kunſtreitergeſellſchaft
iſt eiu Muſeum, eine Menagerie, eine Sammlung
von Vogeln, und andern Schenswürdigleiten. Zwei
Vorſtellungen werden zu gleicher Zeit in zwei verſchie
denen Zelten gegeben. Das Perſonal iſt ſehr zahlreich
und beſteht aus 790 Mann nebſt Pferden 60 Reitern,
2 Orcheſter, 3 Kapellen. 76 Ciſenbahnwagen und 3
Locomotiven ſind noöthig um die Geſellſchaft von
einem zum andern Orte zu befoördern.
Original Correſpondenz.
Der tenve Brief, datirt: Met, den 10. Juliſ;
1872, wurde uns von einem Freunde, der ſich für un
ſer nternehmen intereſſirt, zum Abdruck eingeſandt.
Der Verfaſſer hat vermoge ſeiner Stellung die beſte
Gelegenheit, aus eigener Anſchauung und Erfahrung ſ
die genbert u itene Vaterlandes tennen zu ler·
nen, und unſerm Leſerkreis wird es gewiß angenehm ſ
ſein, die Anſichten eines Mannes zu hoören, der ein~
fach den Suſtart des Landes beſchreibt ohne da
bei andere Anſichten und Zwecke im Auge zu haben.
Metz, den 10. Juli 1872.
Lieber Wilhelm.
Daß ſich Deutſchland nach dem Rie—
ſenkampfe und glorreicher Beendigung
endlich wieder zu einem Kaiſerreich ver
einigte, wirſt On noch mit erlebt haben.
Seitdem arbeitet unſer Deutſchland nun
unerläßlich, um das Band der Einigkeit.
das nach ſo vielen blutigen Opfern, alle
Staaten umſchlingt, feſter und feſter zu
ziehen, und im Innern zu erſtarken.
Dieſem edlen giele ſtreben denn nun Alle
nach, und Dauk der Aufopferung patrio—
tiſcher Fürſten, die ihre kleinlichen Intereſ
ſen dem Allgemeinwohl hochherzig hinten—
an ſetzten und vertrauensvoll ihre äußere
Politik und ihre Heeresinſtitutionen in
Preußens Hände legten, hat die Klein—
ſtaatereiwirthſchaft aufgehört, und eine
Deutſche Arn:ee unter preußtiſcher Führung
und nach preußiſchem Muſter tritt von
nun an den ätßern Feinden entgegen.
Nur Baiern machi eine Ausnahmeſtel
lung und hat ſich kleinlich ſeparirt. Die—
ſer Separatismus erſtreckte ſich hauptſãch~
lich auf das Kriegsweſen, und wenn auch
Baiern ſeine Selbſtſtändigkeit als mo—
narchiſch·conſtitutioneller Staat wahren
zu müſſen glaubte, ſo hätte es doch unge—
faͤhrdet ſeine Armee unter Preußens Ad—
ler ſtellen können.
So haben wir denn eigentlich eine preu
ßiſch deutſche· und eine baieriſche Armee,
die dem Kaiſer nur im Kriege unterſtellt
wird. Im Frieden hat der Kaiſer alſo
über die baieriſche Armee nur nominell
den Oberbefehl, er darf keine Organiſation
befehlen, ſondern nur vorſchlagen, und
ſteht es dann im Belieben des Königs
Ludwig, ſie auszuführen oder nicht. da,
man hat den Baiern ſo viele Conceſſionen
in der Militärconvention gemacht, daß es
zwar noch immer als ein Glied der För
deration anzuſehen iſt; doch als ein ſo
loſes, daß es beſſer geweſſen ware,
Deutſchland hätte ſo lange auf Baiern
verzichtet, bis die Ultramontanen in dem
Baierland vernünftig geworden wären nnd
eine engere Vereinigung angeſtrebt hätten.
Es iſt wirklich laͤcherlich zu ſehen, wie
hier in Metz, wo anch zwei baieriſche Re
gimenter ſtehen, die den unſeren, in Uni
formirung, Organiſation ~e., ſo fremd
ſtehen, daß dieſe ſich mit einer wahren
Aengſtlichkeit an ihren veralteten Inſtitn
tionen feſtklammern. Häuſig kommt es
deßhalb zu den komiſchſten Konflikten, bei
ſpielweiſe beint Abloöͤſen der Wache, wenn
Preußen Baiern, oder Baiern Preußen
ablöſt, und welches Ablöſen nicht möglich
iſt, wenn beide Theile ihre Reglements
woͤrtlich befolgen wollen. Statt daß nun
der kleinere Staat dem größeren nachgiebt,
eine veraltete Heeresinſtitution der be—
währteſten, der· man jetzt im ganzen
Europa nachzuſtreben ſucht, weicht, glaubt
Baiern an ſeiner Selbſtſtändigkeit zu ver
lieren, wenn es auch nur mit einem Buch
ſtaben von ſeinem Exerzirreglement ab
weicht, und ſetzt allen Vereinbarungen
moͤglichſt viele Schwierigkeiten entgegen.
Außer durch dieſen paſſiven Wider
ſtand, den Baiern den dentſchen Beſtre
bungen entgegenſetzt, růtteln in gefähr—
licherer Weiſe an der nengeborenen lang—
erſehnten deutſchen Einigkeit die Intri
guen der Ultramontanen. Das Unfehl
barkeits· Dogma hat natürlich auch in un
ſerem Volke Zwietracht geſaet. Die
Nen Katholiken gingen endlich in ihrem
unverſchämten Auftreten und Gehäßigkei
ten den Altkatholiken gegenüber ſoweit,
daß Jeder erwartungovoll auf unſere Re
gierung ſah, wie dieſe ſich dieſen Umtrie
ben gegenüber ſtellen würde. Im preu—-
Biſchen Staat und ſpeziell in nnſerer!
Armee iſt nun der erſte Schritt gegen dieſe
Unfehlbarkeitsmänner gethan; der Armee
biſchof, der ſich nur der römiſchen Kurie
und nicht der weltlichen Autorität, dem
Kaiſer, unterſtellen wollte, iſt verabſchiedet,
und mehrere Pröbſte und Armeepfarrer,
die den altkatholiſchen Soldaten die Gar—
niſonskirchen verſchloſſen und den Beſeh—
len der militäriſchen Vorgeſetzten nicht
ſnachkommen wollten, ſind ihm gefolgt
Somit haben wir denn den Anfang
gemacht, dir unfehlbaren Männer über
ihre Stellung zum Staate aufzutlären,
und dieſem iſt, trotß der Wühlereien der
Ultramontanen und Dank der Energie
ſunſerer Regierung die Ausweiſung der
Jeſniten aus dem deutſchen Reiche gefolgt.
Das hat den unfehlbaren Mann in Rom
natuͤrlich in eine heilige Eifer geſetzt, und
ſer überſchüttet die ketzeriſche Regierung
ſmit einer Fluth von Schmähungen und
Schimpfreden und prophezeiht, daß ſich
ein Stein von dem Koloſſe, mit dem er
das deutſche Reich vergleicht, loslöſen und
den Koloß zertrümmern wird
Dieſer wohlgemeinte Wunſch findet in
Frankreich natürlich den beſten Anklang,
und wird von dort aus nicht wenig ge
ſchürt, um die fanatiſchen dentſchen An
hänger des Papſtes gegen die Regierung
aufzuhetzen, um ſo das Reich zu untermi
niren, bis die große Nation ſich denn
endlich erholt hat, um den erſehnten To
desſtoß wagen zu können.
Die jetzige religiöſe Frage iſt zwar im
merhin ein aufloͤſendes Element in der
eben gebildeten deutſchen Einigung, doch
wird unſere energiſche Regierung mit
ſicherer Hand den Sockel des Koloſſes, der
dem Papſte ſo viele Beſchwerden macht,
von dem zertrümmernden Steine zu wah
ren wiſſen und die Hoffnungen Frank
reichs ſcheiteru machen. Frankreichs Hoff
nungen baſiren nämlich hauptſächtlich auf
die Wühlereien der Ultramontanen, da es
immer mehr zur Einſicht kommt, daß
ſeinen Niederlagen doch wohl eine andere
Urſache als Berrath zu Grunde liegt, und
es trotz ſeiner Militärorganiſation doch
nicht ſobald zur Revanche erſtarken wird.
um gegen ein einiges Deutſchland den
Kampf mit Erfolg aufzunehmen.
So zeigt ſich denn Frankreich ͤußerlichſ
möglichſt f iedlich und denkt ernſtlich da
ran ſeine Milliarden zu bezahlen, und
ſein Territorium von der Oceupation zu
befreien. Auch hier in Elſaß· Lothringen
ſcheint man vorläͤuſg die Befreiung auf
zugeben und ſich allmählig in die neuen
Verhältniſſe hineinſinden zu wollen. Bis
zum erſten Oktober haben ſich die Bewoh—
ner der wiedergewonnenen Proviuzen zu
erklären, ob ſie die dentſche Nationalität
annehmen oder lieber das Land verlaſſen
wollen. Dieſes Ultimatum hat ſie nun
aus ihren Illuſionen, mit franzöſiſcher
Nationalitͤt als Fremde in Elſaß Loth
ringen wohnen bleiben zu können, un—
barmherzig herausgeriſſen, und ſie haben
ſich denn mit prahleriſchem Patriotismus
zu einer Maſſenauswanderung entſchloſ
ſen. Allmählig ſind aber doch jetzt die
perſönlichen Intereſſen in den Vorder—
grund getreten, und die Maſſenanswan—
derung hat ſich auf das Fortziehen der
franzoͤſiſchen Beamten und einiger Indu—
ſtrieller, deren Verdienſt mit der franzöſi
ſchen Regierung verknüpft war, beſchränkt.
Dieſe Aüswanderer ſind ſäͤmmtlich fana—
tiſche Franzoſen, und verlieren wir an
ihnen Nichts; im Gegentheil, ſie ſind ſchon
erſetzt durch rechtſchaffene, arbeitſame
Deutſche, die hiehergeſiedelt ſind; ſo daß
Met ſchon einen ganz deutſchen Eindruck
macht.
Wie ich ſchon erwähnt habe, ſcheinen ſich
die Franzoſen hier allmählig über ihr
Schickſal zu beruhigen. In der erſten
Zeit aber hatten ſie uns einen unerbittli—
chen Haß geſchworen, und es kam zu aller~
lei Räibereien zwiſchen Militär und Civil,
die manche Opfer koſteten. Ja man war
eigentlich ſeines Lebens nicht ſicher. Es
wurde aus den Fenſtern auf Patrouil
len geſchoſſen, einzelne Soldaten üůberfal.
len, Poſten angegriffen, ein Unteroſizier
in die Moſel geworfen, und ähnliche
Scherze getrieben. In dieſer Weiſe ſuchte
die eivbiliſirteſte Nation auf der Welt ihre
patriotiſchen Geſinnungen zu zeigen. Bald
hatte man zwar durch energiſche Maßre—
geln dieſe Demonſtrationen unterdrückt;
doch noch lange erglühten die Einwohner
im unverſoͤhnlichſten Haß gegen uns.
Jetzt iſt endlich, dank des taktvollen Auf—
tretens unſerer Regierung. die ſich da, wo
es ſein muß, energiſch zeigt, ſonſt aber in
jeder Beziehung das Land zu heben und
den nationalen Eigenthümlichkeiten nach
zugeben jucht, der Haß ſo ziemlich ver-~
ſchiwunden, u. unſere vorzůglichen Staats—
inſtitutionen flößen den Franzoſen all
mählig Hochachtungein. Mir ſagte ſogar
mal ein alter Oberſt, ein fanatiſcher Fran~
zoſe, der ſchon unter Napoleon 1. gekämpft
hatte, „Si je n'etais pas Francais, je
vondrais etre Pruæsien!“ und dann ſuch—
te er ſeiner Frau den Unterſchied zwiſchen
der deutſchen Diseiplin und der gelocker
ten Mannszucht im franzöſiſchen Heere
deutlich zu machen Im Allgemeinen
hält ſich ſonſt doch noch die große Nation
ſehr retiree, und ſucht jeder Annäherung
auszuweichen
Jetzt habe ich aber, denke ich, von den
äußeren Verhältniſſen genng erzählt, und
kann ich wohl ohne Egoiſt zu ſcheinen,
endlich mal von mir ſelbſt zu reden an
fangen.
Ich fühle mich, Gott ſei Dank, äußerſt
wohl, und iſt der Krieg mit ſeinen Stra—~
pazen mir gut bekommen. Daß ich nicht
nach Deutſchland zurückgekehrt bin, ſon—
dern Metz meine neue Garniſon geworden
iſt, iſt Dir durch Obiges ſchon bekannt.
Ich bin mit dieſem Garniſonwechſel, wie
Du denken kannſt, ſehr zufrieden, denn
wenn uns hier in geſellſchaftlicher Bezie
hung auch Manches abgeht, ſo lebt es ſich
doch ganz angenehm in Metz, und bieten
die Militär und Beamtenkreiſe ja auch
manche Geſelligkeit. Außerdem iſt es
ganz intereſſant die franzöſiſchen Verhält
niſſe näher kennen zu lernen; dann kann
man von hier aus leicht hübſche Ausflüge
nach Nanzig, Luxemburg, Brüſſel ~e. ma—
chen, die Gegend iſt ganz anziehend, und
die große Garniſon (ea. 5000 Mann)
bietet in kameradſchaftlicher und dienſtli
cher Beziehung viele Annehmlichkeiten.
Hierzu kommt, daß man von den großar
tigen Feſtungsbauten Manches lernen
kann, und es gewiſſermaßen eine Genug—
thuung iſt, in der Stadt, vor der man
ſo lange Zeit Beſchwerden aller Art aus—
geſtanden hat, endlich ſich vergnügen zu
könenn. Ja ich mußte ſogar noch nach
Friedensſchluß faſt Jahr lang vor Metz
auf den Dörfern herumliegen, um die
Desinfeetionsarbeiten auf den Schlacht
feldern die von combinirten Pionier- und
Infanteriedetachements ausgeführt wur—
den, zu leiten Mir wurde, wie einigen
anderen Kameraden, ein ſolches Detache—
ment anvertraut, und bin ich mit dieſem
von Ort zu Ort gezogen, um die ſchreckli
chen und geſundheitsgefäͤhrdenden Arbei—
ten auszuführen.
Da dieſe Desinfection eine ſo durchans
nothwendige Maßregel war, um eine Epi—-
demie zu verhindern, die in einer Stadt,
die ringsum von Tanſenden noch unbeer—
digten oder wenigſtens nicht hinlänglich
beſtatteten Leichen umgeben war, und deſ
ſen Waſſerleitung den Giftſtoff, der in
den Gorier Quellen liegenden Menſchen
und Thier Cadaver mit hinüberführte,
unbedingt ansgebrochen; ſo gingen wir,
wenn auch mit Schaudern, doch mit wil~
ligem Herzen, im Bewnßtſein eiwas Gu
tes zu föoördern, an dieſe das Gefühl zer
ſreſſende Arbeiten. Daß ſtarke Nervben
dazu gehören, täglich Leichen, die nicht
tief genug gelegt waren, wieder aufzu
wühlen, um ſie, wenn ich ſo ſprechen darf,
mit einem Leichentuch von Chlorkalt zu
bedecken, Pferde- Cadaver mit Petroleum
zu verbrennen, noch vielfach in den
Wäldern herumliegende, unbeſtattete, von
Füchſen oder Wölfen theils zerriſſene und
hatlb verweſte Leichen zu beerdigen, oder
ſin Bächen, Gruben und Quellen ge—
worfene Cadaver herauszuziehen und an
derswo hinzulegen, kannſt Du Dir den—
ſten. Oaß man eine geſunde Gemüths
ſſtimmung haben muß, um nicht melan
ſcholiſch zu werden, und wie Hamlet Kir
-1 n Philoſophie zu treiben, wenn man
ein Viertel Jahr weiter nichts ſieht, als
Leichen, Gräber und Kreuze, und weiter
Nichts hört als den Jammer der vielfach
herbeigekommenen Angehörigen der Ge—
fallenen, die dieſelben mit ſich nehmen oder
ihnen-ein Denkmahl ſetzen wollten, wirſt
Du mir zugeben. Ja, dieſe Arbeiten ſind
ſo grauenhafter Art, der Leichengeruch iſt
ſo entſetzlich, daß man ſich erſt an die
ſchauderhaften Bilder und den widerlichen
Geruch gewöhnen mußte, um nicht davon
zu laufen. Aber wie entſetlich ſich an
Leichengeruch zu gewöhnen, abgeſehen von
der Gefahr, daß durch denſelben jederzeit
unſere Geſundheit bedroht wurde. So
war es denn kaum möglich, troß des ho—
hen Tagelohnes, Civil Arbeiter heranzu
ziehen, ias doch viel ſagen will, da durch
die noch immer große Arbeitnoth viele
ohne Exciſtenzmittel waren. Nur Frauen,
die ſich immer da einfinden, wo ſich das
Schrecklichſte ereignet, hielten auch hier,
von Neugierde getrieben, beim Schrecklich—
ſten der Schrecken aus.
Doch ich eile hinweg von dieſem Ge—
genſtande, über den noch länger zn ſchrei
ben, ſich die Feder ſtraäͤuben würde.
Du ſiehſt daß wir nach dem beſchwerlichen
Kriege, nach dem wir der Ruhe ſo ſehr
bedurften, nicht auf Roſen gebettet wur—
den, während andere Regimenter im
Triumphzuge durch Deutſchland zogen
und in ihrer Heimath mit endloſem Ibel
und Ehren empfangen wurden. Doch
die Hingebung und das Ptlichtgefühl,
die Grundpfeiler der Armee, ließen uns
unſer hartes Loos ohne Klagen tragen,
und jetzt, da Alles vorüber iſt, iſt, wie ich
ſchon ſagte, Metz mir lieber als meine
alte Garniſon.
Ich will Dir kein topographiſches Bild
von Metz entwerfen, ſondern nur das ſa—
gen, daß es Alles das hat, was anchean
dere franzöſiſche Großſtädte haben und
ſich nur durch eine wirklich entzückende
Promenade von den andern unterſcheidet.
Dieſe Promenade, die —— J , iſt bei
gutem Wetter der Sammelplatz der
grande bourgeoise, und kann man ſich
dort für 2 Sous einen Stuhl kaufen und
die Nationaltrauernden Metzerinnen vor—
beidefiliren laſſen.
Nach dieſem Vergnügen verſpürt man
in der Regel Durſt, und hat man nun
die Wahl zwiſchen einer ganzen Reihe
Bierkneipen, die, ſeitdem Metz Deutſch iſt,
wie Plize aus der Erde wachſen. Dieſe
Bierkneipen zeigen, daß Metz eine Groß—
hdeutſche Stadt iſt, das heißt, daß hier
ſaͤmmtliche deutſche Nationalitäten vertre
ten ſind, denn die Kneipen entſprechen dem
Charakter und Geſchmack der vielen ver—
ſchiedenen Staaten im lieben dentſchen
lßeiche. So giebt es eine baieriſche, ſäch
ſiſche-, badiſche, preußiſche und andere
Kneipen.
: Außer für dieſe materiellen Genüſſe,
iſt auch für geiſtige. Anregung geſorgt.
„Im Winter war hier eine ganz gute ita
hlieniſche Oper, dieſer folgte ein mäßiges
deutſches Theater. Außerdem giebt es
noch einige Cale's ehansants, wenn man
für den leichtfertigen franzoöſiſchen Ton
ſechwärmt.
Mit einem Wort, man kann hier freie
Jeit in angenehmſter Art hinbringen.
Meiſtens nun hat man gar nicht einmal
freie Zeit, dann haben wir jetzt Dienſt,
hDienſt und immer Dienſt. Zwar iſt die
hſer Brief ein Gegenbeweis, doch wir ha—
hben einen nenen Commandeur bekommen,
und die feierliche Uebergabe des Batail—
hlons hat uns einen freien Nachmittag
verſchafft. Sonſt, an gewöhnlichen Ta
gen ſchwitze ich den ganzen Tag in einer
Trahneee und habe dazu noch jede dritte
Nacht wieder Gelegenheit mich abzuküh—
hlen, denn unſere alljährige Belagerungs
übung hat begonnen, und wird während
der Zeit, natürlich mit Ablöſung, Tag
und Nacht in den Sappen, Aprochen und
Minen gearbeitet.
; —G
; Räthſel-Tafel.
4
(Die erſte Sylbe.)
Ein Reich ohn' alle Grenzen
Ein Dach von Blätterkränzen,
Des müden Wanderers Zicl,
Den Göottern ein Aſvl.
; (Die beiden Letzten.)
Wir berrſchen über Töne,
Und über Handwerksſoöhne,
Durch nnſ·re Macht die Welt
Sich ſchön und groß erhält.
(Das Ganze.)
J Ich bin des Maie's Kind,
; Kommt! Pflücket mich geſchwind,
/ Auf daß ich Kraft verleihe,
: Dem herrlichſten Gebräue!
I.
: (Vierſylbig.)
Die Erſte wird gemacht und wird genommen,
Der Säumige wird niemals von ihr kommen;
Doch hört er ſie, beeilt er ſich wohl mehr.
; Die andern Drei ſind hochgeſtellte Leute,
Doch von Papier ſucht man ſie oft wohl heute;
Das Ganze dient im Frieden, nicht im Krieg.
; (Auflöſung in der nächſten Nummer.)
h ent aiattan
Auſtöſung des Räthſels in Nummer?7o:
Blaubart.
c.B. RICHARD & BOAS,
No. ͤl. Broa dwav.
; Wir beſchaftigen uns ſeit dem Jahre 1847 mit dem
Verkauf von Wechſeln auf Europa und mit Auszabl
ung~n von Geldern in jedem Orte Deutſchlands, die
den Empfängern frei in's Haus gebracht werden;
; ferner als alleinige
Geueral-Paſſage-Agentur der Hamburger Dampſſchijje
mit dem Verkauf von Schiffoſcheinen zur Reiſe nach
und von Enroya, für die Dampfſchiffe der Linie;
mit der Ausſtellung von Schiffsſcheinen zur Reiſe
nach New-York, für die von Hamburg und Bremen
dirett ſnicht über England) fahrenden deutſchen Se
gelſchiffe;
~ mit der Verzollung eingehender Waaren, Weine ~c.,
überhaupt mit allen im Zollhauſe zu verrichtenden
Geſchäften,
und mit der Beförderung von Gütern jeder Art, nach
Lund von Europa, oder in das Innere Amerika's.
C. B. Richard & Boas,
1 61. Broadway.
100 Fäſſer Jewel Brotkers Selt
Leavenins Flour
· ſſind billig zu haben bei
; C L. Gilbert & 00.
Aepſel, Kartoſfel, Zwiebel, Rüben
und röthe Rüben
ſoeben erhalten und werden verkauft von
; O. L. Gilbert & Co.