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Kurze Notizen.
Die Luther-Linde in Sachjen zerſtört. /
Dem Chemniher „Tageblatt —— a
Ringethal bei Mittweida m 26. Juni jeſtern
in der 9. Abendſtunde, au eB unſeres
friedlichen Dorfchens durcht aufge~
ſchrecht. Es brannte die Kirche ſte~
hende, gewiß faſt im ganzen Sachſenlande belkannte
Linde, die Lutherlinde“ genannt, unter deren gwei~
gen einſt Dr. Luther, weil ihm in dem nahen Min
weida das oͤffentliche Auſtreten nicht geſtattet wurde
und die hieſige kleine Kirche die anweſende Menſchen~
menge nicht faſſen konnte, gepredigt hat. Lange
tropte noch der alte Baum dem Feuer, denn erſt nach
Mitternacht brach die ſchöne Krone deſſelben herunter,
ſo daß jetzt nur noch der innen ausgebrannte hohle
Baumſtumpf, einer alten Ruine gleich, in die Luͤſte
ragt Die Habgier, und die Unbedachtſamleit einiger
Dorfbewohner, die, um einen in einem Aſtloche ſchon
laͤngſt ſich feſtgeſehten Bienenſchwarm einzufangen,
denſelben durch Fener austreiben wollten, ſind die
Urſache, daß wir dieſen unerſehlichen Verluſt erlitten.“
Das „Berliner Tagblatt“ erzahlt folgenden
Vorfall : „Als der Kronprinz in Civilkleidung vor
einigen Tagen in der Wilhelmſtraße luſtwandelte,
naͤherte ſich ihm ein Kaufmann von der Species
„Mühlendammer“ mit der Frage: „Keine alten
Sachen?“ Dem hohen Herrn mußte der Sinn der~
ſelben wohl unverſtaͤndlich geblieben ſein, denn er er~
wiederte: „Was wünſchen Sie?“ „Haben Sie
keine alten Sachen zu verkaufen?“ widerholte der
Handelsherr ſeine vollſtäͤndige Anrede. „Lieber
Freund,“ verſehte der Kronprinz, „ich habe eine große
Familie, was ich ablege, das wird fůr meine Kinder
verwendet.
ln Bromberg wurde kürzlich beim Auf-~
graben eines Fundamentes ein Topf mit alten Sil~
bermünzen gefunden. Der Fund beſtatigt es, daß
vor ca. 400 Jahren, welcher Zeit die Münzen ange~
hoören, die Stadt um wenigſtens 10 Fuß tiefer
wie gegenwärtig gelegen hat, was auch durch vielfach
bei Bauten vorgefundene alte Baureſte erwieſen iſt.
Die Münzen gehoöͤren zu ben von dem preußiſchen
Ritterorden geſchlagenen Geldſorten: ſie ſind zur Zeit
der Hochmeiſter Michael Kuchmeiſter von Sternberg,
Paul Belthzer von Rußdorf, Ulrich von Jungingen
und Heinnich von Plauen geprägt worden. Der
Fund iſt alo eine numismatiſche Bereicherung anzu~
ſehen. Prägung und Inſchrift ſind verſchieden. Die
vielfach geltend gemachte biſtoriſche Forſchung, daß die
deutſchen Ritter vor Beſitznahme durch die Polen hier
herrſchten, erhalt dadurch einen neuen Beleg.
Die „latholiſchen“ Soldaten, der Garniſon
von Munſter, ſind am 13. Juni von den Feldwebeln
befragt worden, ob ſie „alt“~ oder „neu“ ~katholiſch
ſeien. Im erſteren Falle, ſo iſt ihnen bedeutet wor~
den, würden ſie fortan nicht mehr zum Militar~Got~
teodienſt commandirt werden. Da ſoll, wie dem
„Weſtf. Mercur“ erzaͤhlt, eine ganze Compagnie des
23, Infanterieregiments erklͤrt baben: Dann ſeien
ſie alle alt~ latholiſch.
Die höchſte Eiſenbahnbrücke in Europa, iſt auf
der oöſterreichiſchen Staatsbahn bei Znaim in Mähren.
Auf drei 324 Fuß hohen ſteinernen Pfeilern über~
ſpannt die Bahn dort das über 2000 Fuß breite
Thavathal. Die Hoöͤbhe vom Waſſerſpiegel des
Thayafſluſſes bios zu den Eiſenbahnſchienen, welche
auf einem eiſernen Troſſelwerk ruhen, beträgt 350
Fuß. Eine ſolche Hoöͤhe war nothwendig, um das
Niveau zu gewinnen.
Der „Kolner Zeitnng“, wird aus Conſtantino
pel geſchrieben: „Jüngſt kehrte ich mit einem Freunde
vom Hippodrom heim. In einiger Entfernung hor~
ten wir einen lieblichen Kinder~Geſang ; da biegt vom
alten, jeht wieder freigelegten Auguſteumplatze herum
ein eleganter, zweiſpaͤnniger, offener Wageu, in wel
chem zwei Madchen von ö bis 6 Jahren ſitzen; da—~
hinter folgt die weibliche Schuljugend, von türkiſchen
Lehrern begleitet, an die 200 groöͤßere und kleinere
Maädchen, die in ihren Geſichtern gemiſchte Abſtam—
mung zeigen. Sie ſingen von geſchriebenen Verſen
die Noten, die ſie in der Hand haben, ſehr lieblich u.
melodiſch ab; und fragt man: „Was iſt das?“
ſo beklommt man die Atwort: „Das ſind zwei neu
in die Schule aufſgenommene Maͤdchen, zu deren Ehren
eine Prozeſſion durch die Straßen des ganzen Biertelo
gehalten wird.“
Das Staͤrkſte, was die Preſſe der roömiſchen
Curie bioher geleiſtet hat, beſindet ſich in einen Ar
tikel der „Genfer Correſpondenz“ über die Ramsza—
nowoliſche Angelegenheit. Darin heißt e : „Der
Papſt, welcher hoffte, die Regierungen darch ſeine
Milde zur Besinnung zu bringen, hat ihnen bereits
nur zu viel Zugeſtaͤndniſſe gemacht. Heute ſieht er,
daß die Stunde der Barmherzigleit voruͤber iſt, nnd
daß er frͤher oder ſpater eine Periode der vollſtaͤndi
gen und unerbittlichen Gerechtigkeit inauguriren muß.
Wenn die Staaten aufhoͤren, die Kirche offen anzuet
kennen, ſo wird die Kirche ihrerſeits gezwungen ſein,
die Staaten ſelbſt nicht mehr anzuerkennen. Die
Welt wird dann der Zeuge grauſamer Zerflleiſchun
gen ſein und die Regierungen würden ſehr Unrecht
thun, wenn ſie glaubten, daß die Maſſen ihnen folgen
würden.“
In der Provinz Poſen haben die Jeſuiten wie
im übrigen Deutſchland der Entwickelung des katho
liſchen Bereinoweſens auf breiteſter Grundlage eine
ganz beſondere Aufmerkſamkeit und Thätigkeit zuge
wendet. Sie haben zwar nicht ſelbſt die Organiſa-~
tion dieſer Vereine unmittelbar in die Hand genom~
men, weil ſie ſeit der Rehabilitirung ihres Ordens in
Deutſchland den durch die Klugheit gebotenen Grund~
ſat befolgt haben, bei allen ihren Operatiouen ſich
hinter den Couliſſen zu balten und in der Oeffentlich~
keit moglichſt wenig von ſich reden zu machen. Sie
baben aber in zahlreichen Schriften und anonvmen
Zeitungsartiteln die Bildung frommer Vereine ange~
regt, ausfuůhrliche Anweiſungen zur Organiſation
derſelben gegeben und die Organiſation durch ibre
Werkzeuge ausfuühren laſſen. So ſind auf Anregung
der Jeſuiten und unter ihrer Mitwirkung zahlreiche
Handwerker~, Geſellen-, Juünglingo-, Jungfrauen,
Roſenkranz~, Enthaltſamkeits~ und anderen ahnlichen
Zwecten dienende Vereine in's Leben gerufen worden,
welche wegen ibrer hierarchiſch gegliederten und feſten
Organiſation eine nicht zu unterſchaͤtende Macht bil~ ;
den. Die weiteſte Verbreitung in Stadt und Land
daben die Roſentranzvereine, deren Mitglieder faſt
ausſchließlich Dieſtboten beiderlei Geſchlechts ſind,
und deren Hauptzweck die Ueb erwachung der gebilde~
ten Familien und die religioſe Einwirkung auf die~
ſelben iſt. Die Organiſation der Roſenkranzvereine
iſt faſt eine militaͤriſche und wird durch ſtrenge Dioci-~
plin zuſammengehalten. Fünfzehn Perſonen deſſelben
Geſchlechts bilden eine „Roſe“, 11 Roſen eineu
„Gottesbaum“ und 15 Gottesbͤume einen „Garten
der allerbeiligſten Jungfrau Maria.“ Alle dieſe
Gliederungen ſteben unter der Leitung eines Geiſtli
chen, der ein blindes Wertzeug der Jeſuiten iſt. Der
Berein iſt mit reichen Abläſſen ausgeſtattet.
Clara Louiſe Kellogg, die amerikan~
Prima Donna, ſang vergangenge Woche im Bucking
bam Palaſt.
(Ein deutlicher Wink.) Warum ſtellen Sie
Ihre Taſſe Kaffee auf den Stubl? fragte ein Wirth
ſeinen Gaſt. ;
Er iſt ſo ſchwach, erwiderte dieſer, daß ich ihn ein
nweig austuben laſſen will. l
nicht weniger als 14 Berwund u dura Feuerwerke
nd S weh Unter bieſen ſind 4 Frauen~
ier Behere / Falle ſind ebtnogeſthrlih und
ederum eini haben bleibende Verſtun nenen
angerichtet. Mehrere Gebaude geriethen in Brand—
ih ta Southe Beſton ſind bicch Plpererploſionen
viele gefaͤhrliche Berletungen vorgekommen.
Der Nachlaß des „Grand Müsieal Jubilee“
beſteht in einer Schuldenlaſt von 5150,000. ———
Die „Geufer Conferenz“ hat ihren Fortgang,
der Vorgang wird geheim gehalten.
Eine eigenthuͤmliche Notiz fand ſich in einem
amerikaniſchen Blatt. Die Angehoörigen eines ſechs
Jahre zuvor Verſtorbenen, ließen denſelben ausgra~
ben, um ihn anderswo zu beerdigen. Es war un~
moͤglich den Sarg zu heben. „Man öffnete“, ſo lau~
ter der Bericht, „den Dectel, und fand die Leich voll
fkommen verſteinert“. Unter einer leichten Staubdecke
lag ſie, weiß und hart wie Marmor, ohne jegliche
Spur von Verfall. Als Mr. Broughton ſtarb, wog
er etwa 200 Pfund, verſteinert war er nicht weniger
als 800 Pfund ſchwer.“ lſt die Angabe richtig,
ſo ging hier ein ähnlicher Prozeß vor ſich, wie bei der
Bildung der Verſteinerungen, die als Reſte frůherer
Thier- und Pflanzenſchöpfungen die Schichten des
Erdballs bevölkern. Loöͤſungen von Mineralſtofen
haben die Leiche allſeitig durchdrungen, die organiſchen
Flüuůſſigkeiten verdrngt, Kieſelerde und Kalle lager~
ten ſich in den Hohlräͤumen ab und der Körper ward
zu Stein.
(Das Hafenbaſin.) Einige Wochen hindurch wa~
ren wir von dem unerträglichen Geſtanke, der dem
Hafenbaſin entſtieg, befreit; ſeit vorgeſtern iſt derſelbe
jedoch wieder zurückgekehrt, und es ſind Anzeichen
vorhanden, daß derſelben in nächſter Zeit unſere Ge~
ruchonerven in einem noch höheren Grade belaͤſtigen
wird, als dies bereito der Fall war. Während der
letzien 48 Stunden hat ſich die Farbe der Dampfböote
in eine ſchmutzige Kupferfarbe verwandelt und der
Geſtank beginnt nachgerade unerträglich zu werden.
Man iſt bis jeht üůber die Saͤure, welche dieſe Ver~
anderung der Farbe hervorbringt, noch im Unklaren.
Der Stadtrath hat kein Verfahren im Betreff der
Beſeitigung dieſes Uebels getroffen, und ſteht es da~
her zu befürchten, daß wir in den nächſten Monaten
boͤsartigen und verheerenden Kranklheiten entgegen
ſehen koͤnnen, denn daß dieſer ſchreckliche Geruch eiuen
ſchaͤdlichen Einfluß auf den allgemeinen Geſundheits~
zuſtand ausübt, unterliegt keinem Zweifel.
(Baltimore D. Correſp.)
——
Gute Nachricht von Charleſton. Ein
ſolches Leben, wie man jetzt auf Sullivans Joland
ſieht, iſt noch nie dageweſen. Vor dem Kriege wohn~
ten eine große Anzahl Charleſtoner dort waͤhrend des
Sommers, um die herrliche Seeluft zu genießen. Der
Krieg zerſtörte Alles, wo Wohnhäuſer geſtanden, er—
hoben ſich draͤuende Batterien, geſpickt mit Kanonen,
Alles war ruinirt. Nach dem Kriege war unſer Voll
zu arm, um ihre Sommer~Wohnungen wieder aufzu
bauen. Jetzt aber geht es mit Macht, es ſtehen be~
reits viele hundert Haͤuſer da und manche recht hübſche
und ſubſtanzielle Wohnungen darunter. In dieſem
Sommer wurde ungeheuer viel gebaut, und waren
alle Baumeiſter beſchäͤftigt, auf Sullivans Joland
zu bauen, und raſch geht es. Die Gebrüder Deve
reaux bauten dieſer Tage ein großes, zweiſtoͤckiges
ſubſtanzielles Holzhaus in neunzehn Tagen fix und
fertig. Auch in der Stadt wird viel gebaut, und ſieht
man, trotz der miſerablen Regierung, unſere Leute
doch ſich wieder heraufarbeiten. Herr A. Langer,
einer unſerer fleißigen Deutſchen, baut ſich ein ſub~
ſtanzielles Backſteinhaus, dreiſtöckig, in Marketſtraße,
wohin er ſeineFruchthandlung binnen Kurzem verlegen
wird. Bernard u. Cohen bauen fortwährend gute
Wohnhäuſer und in King und Meetingſtraßen und
an der Bay, dieſen drei Hauptgeſchäftſtraßen, werden
die alten Haͤuſer moderniſirt und neue erbaut. Char
leſton iſt noch lange nicht banquerott.
(D. Charleſton geitung.)
San Francisco. Bei der Feier des 4. Juli
wollten auch die franzoſiſchen Internationaliſten an
dem Feſtzuge theilnehmen: der Großmarſchall er~
klaͤrte jedoch, daß keine politiſchen Embleme im Zuge
geduldet wurden, und die Herren mußten mit ihrer
rothen Flagge und einer —langen Naſe heimziehen.
Ein Aſol für altersſchwache und kränkliche Perſonen
wurde in San Francisco von den barmherzigen
Schweſtern errichtet, Koöͤnnte nicht Etwas dem ähn—
liches in Savannah geſchehen?
Durch das maßloſe und unvorſichtige Losbren~
neu von „Fire Crackers“ uud andcrem Miniature~
Feuerwerk entſtanden nicht weniger nls ſieben Feuero
bruůnſte, von denen zwei erheblich waren; die eine
ſzerſtörte cine Reihe alter Holzhäͤuſer an der Südſeite
von Pacific Straße, zwiſchen Drumm und Eaſt, und
die audere am Abend die Feuerwert ~ Niederlage von
A. Giorgianni an Waſbington Straße, was den
Mangel eines allgemeinen Feuerwerks theilweiſe er—~
ſetzte. Wie gewoöhnlich kamen auch eine Anzahl Un~
falle durch das ungeſchickte Handhaben von Feuer~
waffen vor.
j ——
Schändliche Uebervortheilung von
Emigration. Wie nothig es ware, ein durch
Privat- und Wohlthaätigkeit geſchaffenes und von einer
wohlthätigen Geſellſchaft verwaltetes Emigrantenhans
zu haben, werden dafür faſt tagtäglich neue Beweiſe
tund. Die Faͤlle, wo Emigranten in die Hände ge—
wiſſenloſer Schurken fallen, von denen ſie auf das
Gemeinſte auogeplündert werden, ſind nur zu haͤufig,
aber nur wenige derſelben kommen an's Tageslicht,
weil nur Wenige der Ausgeplünderten wiſſen, an
wen ſie ſich wenden ſollen. Zwei dieſer Fälle, wo
Auswanderer auf's Gewiſſenloſeſte betrogen worden,
ſind durch einen Brief des ſchwediſchen Vice ·Conſuls
in St Paul, einen Herrn Sahlgaard, an den ſchwe
diſchen Conſul in Chicago, Herrn P. Svanoe, au's
/ Tageolicht geklommen. Derſelbe ſchreibt, daß C. I.
gJanſſon, Eigenthůmer eines billigen Emigrantenhau~
ſes Ar. ~1, Meagherſtr., das unter den Namen Karl
/ XV. fuͤhrt, mit zwei Agenten (Runners) ſeden Emi—
grantenzug nach Opfern abſucht, und daß es ihm faſt
immer gelinge, ſein Haus zu füllen, indem er billige
Preiſe zu berechnen verſpreche.
; Stati dies Verſprechen zu balten, berechnet er den~
ſelben die unverſchämteſten Preiſe, und wiſſe ſie auf
andere Weiſe zu beſchwindeln. Er erwahnt beſonders
eines Mannes, Namens Alberi Kuro, der mit ſeiner
Familie nur eine Racht in Zanſfon's Hauſe war,
und der fur Logis und Frühſtück 20 Doll. zu zahlen
batte. Da derſelbe nicht ſo viel Baargeld bei ſich
batte, um dieſe unverſchaͤmte Forderung zu bezahlen,
nahm ihm Janſſon eine Goldtratte von 857 Doll. ab,
und zahlte ihm dafuür nur 985 Doll., waͤhrend zu 112
berechnet, er 993 Doll. baͤtte erhalten ſollen. Ein
Auderer, Joörgen Amundſon, batte ſͤr Nachtlogis und
|Frübſtůa ~ Doll. zu zahlen, und mußte eine ſilberne
Medaille im Werthe von 12 Doll. als Pfaud dafür
zurůclaſſen, da er nicht ſo viel Baargeld ůbrig hatte.
Hr. Sablgaard meldet, daß er ͤhnliche Faͤlle dutend
weiſe herzahlen konne, und erſucht die hieſigen Behoör
den, ein beſſeres Auge auf die Emigrantenhauſer zu
balten. Der ſchwediſche Conſul hat eine Ueberſetung
des Briefes an den Mavor geſandt, und dieſer hat
denſelben dem Polizeirath mit der Weiſung zuge—
ſchickt, eine Unterſuchung anzuſtellen. Lehterer hat
in Folge davon einige der Emigrantenwirthe vorfor ~
dern laſſen. (Chicago (U.) Stoztg.)
Der E des Papſtes. Aus Rom
wird vom 16. Junt geſchrieben: „Was die außer~
ſten Anſtrengungen, ein ſeltenes Feſt mit dem hochſten
Glanze zu va a e
fen ſich heute die Fuůhrer der Geſellſchaft fur die
tholiſchen Intereſſen růl e igao
hatte Pius IX. den uhl er trat
heute in den Ring ein, mit welchem er den 27. Kreis~
lauf beginnt.· Alles neu, Alles einzig in der Geſchichte
des roͤmiſchen Papſtthums. Auch abgeſehen von dem
allgemeinen Mitgefühl für den Bielgeprüften, zog der
Anlaß Beſuche aus weit entlegenen Gegenden her,
welche ihm Glückwuünſche und Feſtangebinde bereits
geſtern überbrachten. Diesmal reichte der Conſiſto~
rialſaal nicht aus für den Empfang, denn es handelte
ſich um die Entfaltung einer internationalen Maſſen~
demonſtration; deshalb mußten auch die Logien
Raphael's, der Inſchriften-Corridor, wie der ſich an~
ſchließende Flügel des Muſeo Chiaramonti und die
vaticaniſche Bibliothet geöffnet werden, Alle aufzu~
ſtellen: 6000 Roͤmer, 30 italieniſche Deputationen
und die Vertreter des katholiſchen Comite's, in Rhein~
preußen, Nord~ und Suͤd~Amerika, Schweiz, Belgien,
Irland, Frankreich, England, Spanien, Oeſterreich.
Auf den Glückswunſch des Fürſten Chigi, eiwiderte
Se. Heiligkeit: „Es iſt für mich troſtreich, za ſehen,
daß dem katholiſchen Volle jetzt geſchieht, was einſt
dem begegnete, das ſich das Volk Gottes aannte.
Dieſes Volk wurde der Prieſterherrſchaft mͤde und
verlangte eine Regierung mit Scepter und Krone,
doch bald hatte es Urſache, ſich nicht lͤnger über den
Wechſel zu freuen. Ich ſage Nichts weiter: nan leſe
was nach Salomons Tode die Räthe Rehabeam's ſag
ten, und man wird den Unterſchied des einen Regi—~
ments von dem andern bemerken; man wird wahr~
nehmen, daß, während die Raͤthe ein ſanfteres Joch
hofften, ein VBergleich ihnen zeigten, wie viel härter
das letzte vor dem erſten war. Sie Alle hier klagen
über eine Regierung mit ſchlechtem Seepter und wün~
ſchen eine geiſtliche zurück, die durch Gotteẽ Erbarmen
doch nicht ſo verhaßt war, wie die Feinde der Menſch~
heit und der Kirche Jeſu Chriſti glauben machen
wollen, Ich danke Allen! Sie ?oöͤnnen, was ich
ſagte, denen mittheilen, die mit Ihnen zuglich kamen,
weil meine Stimme durch dieſe weiten NMume nicht
bis zu ihnen hindringt. Ich ſegne Alle, ſegne vom
Herzen den Prinzip di Campagnano (Chiti), der ge~
ſprochen hat, und die große Menge, die ih~, wie mich,
umſteht und mein Herz troöſtet.“ Der Gnpfang war
in Folge der Erſchoöpfung des vielſprechenden Papſtes
nicht ohne einige ſtille Augenblicte, die Nanchen äng
ſtigten, weil er nicht ſah noch hörte, was vorging.
Das Capitel der St. Peterobaſilika ieß das Feſt~
Tedeum heute gegen Abend mit allen liturgiſchen
Mitteln celebriren, welche fuͤr den beſondern Anlaß
bereitet waren. Viele der fremden deſtgaſte kamen
während des Tages, wenn auch nur arf Augenblicte,
mit· Se. Heiligkeit in perſoͤnlicher Berührung. Der
Papſt aber hatte, wie er geſtern aͤußerte, nicht jene
feſtliche Stimmung, die das Herz weich macht und
den Geiſt erhebt. Etr zeigte ſich bekümnmert und un~
froh, indem er nicht undeutlich auf die eben erfolgte
Freiſprechung Caſſeri's durch das Aſſiſengericht hin
wies, dabei citirte er Dante's Vers: „Le leggi son
ma chipon man ad oss0?“
Jeſuitiſches.
Darmſtadi 24 luni. NMan
ſchreibt von hier der in Frankfurt erſchei
nenden „Deutſche Preſſe:“
Keine deutſche Landſchaft hat mit grö—
ßerer Befriedigung die Annahme des Je—
ſuitengeſetzes aufgenommen, wie die darm
heſſiſche, die ſeit Jahren einen großen Je—
ſuitenſtumpf bildet. Man ernenert jetht
das Gedächtniß jener Zeiten wo die Je
ſniten allmaälig feſten Fuß bei uns faßten
und man erwägt wieder und wieder die
moͤglichen Urſachen des ſtetigen Wachſens
ihrer Allmacht. Man erinnert ſich auf
faͤlliger Ereigniſſe und Thatſachen. Es
iſt vielfach, namentlich durch Mittheilun—
gen eines hochgeſtellten Mitgliedes der
evangeliſchen Landeskirche bekannt gewor—
den, daß der Schwager des Großherzogs,
der verſtorbene König Max von Bayern,
und der Großherzog von Baden ihrer
Zeit in wiederholten eigenhändigen Schrei—
ben dem Großherzog den Abſchluß der
Mainz Darmſtädter Convention ans das
Entſchiedenſte widerriethen Man erin—
nert ſich, daß der Großherzog in religioö—
ſen Dingen indifferent oder geradezu frei
geiſtig geſinnt iſt. Man weiß, daß die
Landſtände den Fortbeſtand der erwähn—
ten Convention ausdrücklich für eine Ver—
faſſungsverletzung erklärten und den lei—
tenden Miniſter (v. Dalw igk) ſogar
in Anklageſtand verſetzten, was am Wi—
derſtande der erſten Kammer ſcheiterte.
Man weiß daß alle dieſe Maßregeln nicht
den mindeſten Erfolg hatten, daß der Je—
ſuitenorden ſich mehr und mehr bei uns
feſtſetzte, und die Regiernng eine zweite,
ebenfalls geheim gehaltene Convention
mit dem Biſchof bon Mainz abſchloß, die
dem letzteren noch erheblich größere Rechte
einräumte. Dieſe zweite Convention da
dirt ſogar aus einer Zeit, wo die Land—
ſtände ſich nahezu einſtimmig gegen die
Convention und ihren Fortbeſtand erklärt
hatten. Welche gewaltigen Einflůſſe můſ
ſen geltend gemacht worden ſein, wenn
das Miniſterium ans die Beſchwerde des
Ober ·Conſiſtoriums, daß katholiſche Geiſt
liche gemiſchte Ehen ohne den vorgeſchrie
benen Erlaubnißſchein des proteſtantiſchen
Geiſtlichen ſtraflos einſegnen, während die
letzteren in gleichem Falle mit ſchweren
Geldſtrafen angeſehen wurden, während
vieler Jahre alle und jede Antwort zu
verweigern wagen konnte, wenn es gegen
alle Beſchwerden der Landſtände nnd das
klare geſetzliche Verbot der Jeſniten in
Mainz nicht nur beharrlich ſchützte, ſon
dren auch ihre Ausbreitung foörderte. Po—
litiſche Einflüſſe erklären dieſes Räthſel
nicht, denn noch hentigen Tages macht ſich
der unſelige Einſluß des Geheimen Raths
Frantk, des Hauptes der Ultramontanen
in der ganzen Verwaltung unſeres Staats—-
weſens, namentlich anch in den Willkür
lichkeiten bei Beſetzung von Staatsdienſt
ſtellen, anffallend fühlbar. Auch die
Vermuthung einer ſtarken Verbreitung
des Kryto - Katholiceismus in höheren Re
gionen iſt unhaltbar, wenn man ſich auch
erinnert, daß ſeiner Zeit auch das Ableben
des Hofpredigers Startk, den früher
vollzogenen Uebertritt dieſes erſten evange—
liſchen Geiſtlichen zut Landeskirche be
kannt werden ließ. Die Gründe dieſer
unerhörten und während Jahrzehnten
forgeſetzten Begůnſtignng der Ultramon—
tanen in einem übewiegend proteſtanti
ſchen, von einem proteſtantiſchen perſön
lich frei denkenden Landesfůrſten regierten
Lande müſſen tiefer liegen. Es iſt anzu—
men da n ſie in Berlin an maß
ender t wohl kennt. Denn
——ls kurz bor der Entlaſſung v. Dalwigt s/
eine oſfieiöſe Correſpondenz in der „Koöln
Z3tg. “ andeutete, daß beſtinmte Verpflich
rngenden Kuctrin oder doch den ſofor·~
tigen Ruůcktritt dieſes Miniſters hinderten
hielt dieſer ſonſt ſo hartſchlägige Mann es
für geboten, die hierin gelegene „Verdäch
gnta aledeld nenn. audh ͤu. iea zatme
usdrũcken, zurũckzuweiſen. an hofft
deshalb, daß im Falle einer wirklich ern
ſten Bekämpfung der Jeſuiten woran
viele noch immer zweifeln die geheimen
Urſachen der vieljaͤhrigen und noch hente
audauernden gerrſwaſt dieſes Ordens in
Sefen an das Tageslicht gezogen werden.
Mit dem Bekanntwerden der Urſachen die.
jedenfalls das Tageslicht zu ſchenen haben
wäre auch ohne allen Zweifel ſdie Beſeiti
gung der Wirkungen, der Sturz der Je
ſuitenherrſchaft bei uns, auf das engſte
verbunden.
lm Vatikan iſt man ſeit einigen Ta
gen, nachdem der Papſt den Brief eines
Souverains erhalten hat, wieder frohen
Muthes und gleich nach Empfang deſſel
ben hat man die Feindſeligkeiten begonnen.
Ma wird nun weiter operiren. Nach
dem St. Petrus· Feſt wird der Papſt ein
Conſiſtorium halten, um einige Präconi
ſationen vorzunehmen und in denſelben
wird er dem heligen Collegium ein an
die kotholiſche Welt und gegeen das
italieniſche Gouvernement und das Deut
ſche Kaiſer Reich gerichtetes Rundſchreiben
uübergeben. Es wird gewiſſermaßen eine
Auſterterun zu einem allgemeinen Kreuz—
zuge gegen Bismarck und Italien ſein, es
ird alle katholiſchen Nationen gegen leh—
tere in die Schranken rufen. Die Jeſui—
ten wollen ſich an Bismarck rächen und
deshalb werden ſie durch des Papſtes
Mund die ſchreckliche ihrer Herausforde
rung an ihn erlaſſen. Pius IX. wird
ſeine Stimme erheben, um die Geſellſchaft
Jeſu zu retten, die ihn unfehlbar gemacht
und ihm geholfen hat, das Episcopat un—
ter die Fůße zu treten und die allgemeine
Kirche zu nterjochen, aber er wird auch
beſonders ſeine Rechte hoch in die Höhe
heben um den apoſtoliſchen Bannſtrahl
gegen Deutſchland zu ſchlendern. Die
Jeſuiten haben ihn überredet, daß er ein
zweiter Gregor VII. ſei und deßhalb läßt
cr gegeuwärtig dem großen Hildebrand in
Salerno ein Denkmal errichten. Der
Papſt wird mehr als je in der Geſellſchaft
der Jeſuiten bemerkt. Er wird Rom jeht
noch nicht verlaſſen, wie früher einmal die
Rede ging, wohl aber im Herbſt, ſobald
die Diseuſſion über die Aufhebung der
Klöſter im Parlament begonnen haben
wird, und wird ſich dann nach Belgien
begeben. Wenn die Diseuſſion ſchou jebt
begonnen haben würde, ſo wäre er ſchon
jeht abgereist. Es köunen ſich alſo bis
zum Herbſt noch wichtige, Dinge in Europa
und im Vatikan ereignen.“
„Wer hätte glauben können, als das
deutſche Parlament im vergangenen Jahre
zuſammentrat, daß eine antinationale
Parteiͤſich ſofort inmitten des neuen Rei—
ches bilden würde, welche von römiſcher
Staatsliſt gleitet, die Einheit Dentſch
lands zu untergraben und die Herrſchaft
Frankreichs über Curopa wieder herzu—
ſtellen trachten würde. Erſteres iſt eine un—
zweifelhafte Thatſache, und letzteres wird
in Deutſchland ſo allgemein geglaubt,
daß es für einen Fremden müßig iſt, es
zu beſtreiten, wie ſchwach auch die Beweiſe
dafür ſein mögen. Das Geſetz beruht
auf der Ueberzeugung, welche vom Für—
ſten Bismarck und allen deutſchen Prote—
ſtanten getheilt wird, daß ſich eine große
Verſchwoͤrung gebildet hat, um mit Hilfe
der Jeſuiten die weltliche Macht des Pap—
ſtes wieder aufzurichten, Deutſchland zu
zerſtückeln und Frankreich bei ſeinem Ra—
chekriege zu helfen. Der Kampf der jett
begonnen hat, iſt nicht von dem Fürſten
Bismarck angefangen. Die roͤmiſche
Hierarchie hat ihm den Fehdehandſchuh
hingeworfen.
Zur Reſignation des Baron von Ge—
rolt. Dein Cineinnati Commereial wird
von Waſhington telegraphirt:
Die Urſachen, welche zur Reſignation
des Baron von Gerolt, des populärſten
deutſchen Geſandten, welcher je in Amerika
war, führten, ſind eben bekannt geworden
und werfen ein ſehr ſchlechtes Licht auf
einen der höchſtgeſtellten Beamten der
Grant-Adminiſtration. Der Baron kam
im Jahre 1546 nach Waſhington und hat
ſeither ſtets Beweiſe herzlichſter Freund—
ſchaft gegen das amerikaniſche Volk gege—
ben.
Während des deutſch franzöſiſchen Krie—
ges überzeugte ſich der Baron, daß die
Adminiſttation es mit der Neutralitaät
nicht allzu genan nahm, indem ſie Waffen
und Munition an Kriegführende verkaufte.
Gerolt ſchrieb eine freundliche Note an
Baneroft Davis, worin er bemerkte, daß,
wie er erfahren habe, den Franzoſen zu
große Erleichterungen bei dem Ankaufe von
Waffen gewährt würden.
Davis ſchrieb darauf eine inſolente und
beleidigende Erwiderung, gegen welche ſich
der Baron ſofort verwahrte. Baron Ge—
rolt begab ſich zu Sekretär Fiſch zeigte
ihm den Brief und fragte, was das zu
bedeunten habe. Der Sekretär verſicherte
dem Baron, mit jener Höflichkeit, die ihn
nie verläßt, er möge keinen Anſtoß an
dem beleidigenden Briefe nehmen, Davis
ſei nur ein Clerk und ſei daher nicht werth
daß man ſich über ihn ärgere.
Das verſöhnte den Baron und er ließ die
Sacheruhen. Kurze Zeit nach dieſer nnan~
genehmen Geſchichte erhielt Herr von Ge—
rolt ein Telegramm von Bismarck, worin
dieſer ihn ſeines Benehmens gegen ameri—-
kaniſche Beamte halber, beſonders aber we~
gen ſeiner Unfreundlichkeit der Grant·Ad~
miniſtration gegenũber tadelte.
Ohne anch nur ans dieſes Telegramm
zu antworten und ohne auch nur eine Er
klärung zu fordern, bat Herr von Gerolt
um ſeinen Abſchied und erhielt denſelben
ſofort.
Als der Baron nach Berlin zurückkehrte
veranlaßten ihn die Umſtände, ſich nach den
Urſachen ſeines Tadels bei Bismarck zu er-
kundigen. Dieſer legte ihm mehrere Mit
thellnngen des Geſandten Bancroft vor,
worin erklaͤrt wird Be euder
ant Admin n eſinnt ſel,
und; er t des amerifaniſchen ſ
inets in unfreun eiehungen
ehe 7
Bismarck ůberzengte ſich bald, daß er
hintergangen und, daß er und Baron
Ecroll di
Intrigne geworden waren. Bismarckwar
outrůſtet nd forderte von Baneroft Auf
klärung.
In der darauf folgenden Erklärung
ſtellte es ſich heraus, daß auch Geſandter
Baneroft durch Briefe ſeines Neffen, Ban
eroft Davis, hintergangen war, und daß
weil er glaubie, deſſen Beſchwerden ſeien
offiziellen Urſprungs, er dieſe dem preußi
ſchen Miniſter mittheilte. Darnach ſcheint
daß die franzöſiſchen Waffenſpekulanten
weit mehr Einfluß auf die Adminiſtration
hatten, als man bisher geglaunbt hat.
Wittwen-Verbrennung in England.
Ein in ſeiner Art einziges Draͤma er
eignete ſich zu Brighton in England.
Moſes Spineman, ein ſehr reicher Kauf—
mann, hatte während ſeiner vielen Reiſen
auch Malabar beſucht. Hier verliebte er
ſich in eine Eingeborne und heirathete ſie
in Gegenwart des britiſchen Conſuls.
Sechs Monate ſpäter reiſte er mit ihr nach
England ab. Die junge Fran hatte alle
Geivohnheiten ihres Landes beibehalten
und weigerte ſich ans das Entſchiedenſte,
zur anglikaniſchen Kirche überzutreten, ſie
hatte ſich auf freiem Felde eine Art Tem
pel banen laſſen und ging alle Tage da
hin, um ihre Gebete zu berrichten. Vor
acht Tagen ſtarb ihr Gatte. Die Wittwe
überließ ſich auf ſeiner Leiche dem aus
ſchweifendſten Schmerz, ranfte ſich die
Haare aus und zerriß ihre Kleider. Am
nächſten Abend war ſie verſchwunden.
Nach drei Tagen verfiei die Dienerſchaft,
von einer důſteren Ahnnng befallen, auf den
Gedanken, ſich zum Tempel zn begeben.
Man fand ſie nicht mehr, ſie hatte ſich
verbrannt. Mitten im Schutt fand man
die Ueberreſte eines noch brennenden
Scheiterhaufens, von dem ſich ein widri—
ger Geruch verbreitete der Geruch von
berbrannten Fleiſch. Die Wittwe von
Malabar hatte ſich auf dem von ihr ſelbſt
errichteten Scheiterhaufen dem Flammen—
tode geweiht.
1
Artilleriſtiſches Geheimniß. In den
artilleriſtiſch tonangebenden (und das iſt
ſotna ein Ton, der von Tegel bis
nach Paris die Trommelfelle erſchůttert,
wenn er einmal losdröhnt) Kreiſen Ber—
uns ſcheinen wieder Dinge vorzugehen.
von denen ſich unſere eivile Schulweis—
heit nichts träumen läßt. Seit einer
Reihe von Jahren bereits war es mehrfach
vorgekommen, daß Herr Krupp, der ge—
waltige Kanonenvater in Eſſen, dem man
nachſagt, daß er auf die Jünger unſerer
Artillerie - Schießſchule ein Auge gewor—-
fen habe, die talentvollſten und tüůchtig—
ſten derſelben unter den günſtigſten Be—
dingungen fortengagirt und für ſein In—
ſſtitͤt gewonnen hatt··o Am vorigen Frei
tag nun wurden wie man ſagt in
Folge deſſen die geſammten Mannſchaften
der Artillerie · Schießſchule nach Tegel
beordert und dort eidlich verpflichtet, über
die techniſchen Angelegenheiten, welche
auf der Artillerie - Schießſchule zu ihrer
Kenntniß gelangen, nicht allein während
der Dienſtzeit, ſondern auch für ſpäterhin
danernd ein vollſtändiges Stillſchweigen
zu bewahren. Es wird dies dahm geden—
tet, daß es ſich gegenwärtig in der artille—
riſtiſchen Welt Prenßens um wichtige
Neuerungen handle, die a la Zündnadel-~
gewehr der geſammten übrigen Welt ge—
genůber tiefes Geheimniß bleiben ſollen.
Der Urſprung viele Gegenſtände, wel
che wir täglich im Gebranch haben, iſt un
bekannt. Doch iſt es intereſſant, die
Herkunft wenigſtens von Einzelnen zu
kennen. So waren in Enropa nur Hand~
ner zum Mahlen des Getreides be—
kannt, bis die Saracenen Spanien erober~
ſten. Sie bauten hier die erſten Wind-~
ſmühlen. In Frankreich brauchte man
viele Jahrhunderte lang ſtatt der Teller
ſrunde Scheibenans hartgebackenem Brod-~
teig, die dann nach den Gaſtmählern an
dic Armen vertheilt wurden. Hefe wurde
von den Galliern ſchon zur Zeit des Pli
nius gebraucht. Spargel hatten bei den
lalten Aegyptiern nicht nur einen hohen
Werth, ſondern dieſes Gemüſe war bei
ſihnen ein Gegenſtand göttlicher Vereh—
rung. Es wurde zuerſt von den Römern
ſin Enropa eingefůhrt. Der Pfirſich
ſtammt aus Perſien, in welchem Lande er
thatſächlich für giftig gehalten wurde.
Erſt in unſerem Klima hat er ſeine ur—
ſprůngliche Rohheit verloren und iſt eine
der köſtlichfeen Früchte geworden. Die
Pflanme wurde erſt zur Zeit der Krenz—
züge aus Syrien nach Europa gebracht.
Kaninchen wurden ehemals hochgeſchätzt
und erſchienen auf den feinſten Tafeln.
In Spamen waren ſie einſt ſo maſſen
haft da, daß ſie die Walle und viele Häu—
ſſer in Taragon unterminirten, ſo daß meh
rere der letzteren einſtürzten Anſtern wur
den ſchon bei den Roömern als eine Delica—
teſſe betrachtet, und der Dichter Antonius
feierte ſie in ſeinen Verſen. Bald nach
dem Tode dieſes Poeten wurde aber faſt
gar nicht mehr an Auſtern gedacht, und
ſerſt am Beginn des ſechszehnten Jahrhnn—
derts kamen ſie wieder als Delicateſſe in
Aufnahme. Bettgeſtelle, die wir ſeht ge—
ſradezu für unentbehrliche Möbel halten,
waren brj den Griechen und Roöͤmern des
Alterthums Lnxusartikel. Als ſie die
Schlafſtellen ans Baumblättern und
Thierhänten, deren ſich ihre heroiſchen
Vorfahren bedient, gegen Matraßen und
Federbetten vertauſchten wurden die Bett~
geſtelle zuweilen aus Elfenbein, Ebenholz,
Cedernholz, ja ſogar aus Silber angefer—-
ſtigt.
jg—
Zum Geburtstagsfeſte der zweijaähri
gen Prinzeſſin Sophie Docothee, Tochter
des Kronprinzen, am 14.Juni, hatten die
kronprinzlichen Herrſchaften, wie alljähr-
lich, die Schuhuſend im Dorfe Bornſtedt
nach dem neuen Valuie zum Kinderfeſt
aden. Gegen 1 Uhr Nachmittags
: ine tinse der Mnſik der
inderzug uf dem freien Raſenplatze
; adul an Die heben Herrſchaften
mit ſhren Kindern weilten ſchon auf dem
Platze und der Kronprinz ſcbritt, einen
langen Spazierſtock in der Hand, an der
Ne der aedieſlten Riner crtaua aud
ſprach i vielen der Knaben u. Mäd
e freundliche, anfmunternde Worte.
Vor allen Dingen galt es nun züuerſt
der Erſtürmung der hohen Kuchenberge
auf langer, weißgedeckter Tafel. Indeſ
ſen ging's ſehr manierlich zu/ man ſchaarte
ſich um den Tiſch, trank mit ſichtbarem
Wohlbehagen den Kasse und oh detn mit
beneidenswerthem Appetit den Kuchen.
Die Muſikanten blieſen und die Kinder
jubelten nach beendetem Kaffeeſchmaus
nach dem Orte des Spiels herüber. Auch
die Kinder der kronprinzlichen Herrſchaften
betheiligten ſich ungezwungen beim Spiel.
Zuerſt galt das den Gewinnen. Die
Burſcheͤ kletterten an Kirſchenbäumen
empor, um die oben enegedinaten Preiſe
zu erhaſchen. Auch im Wettlauf verſuch
ten ſich die Knaben, einige unbeſchnht, um
ſchneller das Ziel zu erreichen. Andere
ließen ſich in Säcke ſtecken und hopſten
dann in wunderlichen Sprüngen nach
dem Ziele. Die Maädchen ſch! agen Topf
oder losten um die Preiſe, welche in Le
dertaſchen, Schulſachen, Kleidungsſtöcken,
Fahnen, Reifen, Meſſern u. ſ. w. beſtan
den und ſo zahlreich vorhanden waren,
daß jedes Kind bedacht werden konnte.
Der Lerr und die Herren ſeiner Be—
gleitung betheiligten ſich beim Spielen,
namentlich aber, als die Gewinne ver—
theilt waren und das eigentliche Tanzen
und Spielen begann. Die jungen Prin
zen Wilhelm ünd Heinrich, erſterer drei
zehn. letterer zehn Jahre alt, tanzten mit
den Dorfmädchen, und die jungen krin
zeſſinnen ſchlugen den Tauz mit den Dorf
ſungen nicht aus. Auch die Hofdamen
machten wohl einen kurzen Rundtanz mit
den Cavalieren! Die Knaben ſpielten
„ſchwarzer Mann,“ nachher Bertſerinaen
und Wettlauf n. ſ. w. Die Prinzen Wil
helm und Heinrich immer bray mit dabei
und oft lachte der Vater recht herzlich,
wenn Heinrich beim Bockſpringen zur
Erde fiel oder Wilhelm in Bockſtelluüng
von einem ſtrammen lungen nmgerannt
wurde. Gegen halb 6 Uhrt kam die xrin
ſzeſſin Friedrich Karl mit der dritten Toch—
ter Prinzeſſin Louiſe Magarethe und dem
Sohne Prinz Leopold, welche dem Ge—
burtstagskinde gratulirten und dabei zwei
große Roſenſtraͤunße überreichten. Der
Krenprin ſprach leutſelig mit den Gäſten
namentlich lange Zeit mit dem Dorfſchnl~
ſzen Kalbe. Die Mädchen präſentirten
der Kronprinzeſſin die Geſchenke und be—
dankten ſich mit übbichem Knix. Gegen
-6 Uhr brachte man das jüůngſte Töch
terchen des Kronprinzen ins Palais, die
hohe Mutter mit den Töchtern folgte, und
das Zeichen zum Aufbruch war alſo gege
ben.
j Mff
Mordverſuch auf das ſpan. Königspaar.
Madrid, 19. Juli, 6 Uhr Morgens.
Als geſtern gegen Mitternacht der König
und die Königin von einer Spazierfahrt
im Palaſt Garten auf der Heimkehr wa—
ſren, wurde von fünf in der Arnalſtraße
erſichtlich mit Vorbedacht aufgeſtellten
Lenten ans die Kutſche geſchoſſen. Die
Inſaſſen entkamen unverletzt. Einer der
Meuchelmoͤrder wurde von einem Diener
des Koͤnigs ſofort todt niedergeſtreckt, zwei
Andere ſogleich ergriffen. Die größte
Indignation ſpricht ſich im Publikum
über die feige That aus. Die Ruhe der
Stadt wurde nicht geſtört, wenngleich auf
die erſte Kunde von dem Vorfalle ſich all~
gemein die größte Aufregnng verbreitete.
Menſchenhaufen ſammelten ſich in der
Nachbarſchaft des Ortes, wo das Atten·
ſtattfand. Um 4 Uhr Morgens be—
fand ſich faſt die ganze Bevölkerung Ma
drid's ans den Staßen. Das Königspaar
verlor während der Aufregung, die dem
Attentate und dem Angriffe ans die Men—
chelmörder folgte, nicht die Faſſung.
Nachdem die erſte Aufregung vorůber
war, fuhr das Königspaar weiter nach
dem Palaſte, wohin ans die erſte Nach~
richt des Vorfalles ſich ſogleich die Mini
ſter, die Spitzen der bürgerlichen uünd mi
litäriſchen Verwaltung der Stadt und
Deputationen des Voltes ſich begeben hat
ſten. Allenthalben frent man ſich über
den Fehlſchlag des Attentates. König
Amadeus beſücht morgen in Folge vor
hergefaßten Entſchluſſes Santander
/ [Balt. Correſp.]
1 —— ———
Der erſte Erdbeerenzüchter in Amerika
war Johann Schwerdtkopf ans Heſſen,
ſeines. Zeichens ein Büchſenmacher.
Schwerdtkopf ſcheint in den Jahren 1740
—0 nach Amerika etonnnen zu ſein
und ſich bald nach Brooklyn, NB. ge~
wendet zu haben, das damals noch keine
2000 Einwohner zählte. Die Erdbeeren
zucht hat ſeitdem einen rieſigen Auf
ſchwung durch die Union genommen, und
an dem Genuſſe der Erdbeeren ergötzen
ſich jährlich Millionen, aber Keiner denkt
daran, daß ein Dentſcher, der alte Heſſe
Johann Schwerdtkopf es war, welcher
den Anban dieſer wůrzigen Früchte hier
einfũhrte.
; ——
Rüthſel-'Tafel.
(Bweiſylbig.)
; Ein triumphirend Wort!
Die Erſte ruft es laut.
Wenn ſie nach Streit und Kampf
Den Feind vernichtet ſchaut.
Di eite folgt
Atihth
Doch Zgt ſie ruhig ſich ;
Ven ſanfter Frohnatur.
Die Erſte ſchmückt die Stim
Mit i Lorbeer kühn;
; Die Zweite lehnet ſtill
In ſchatt'ger Palmen Grün.
; Ein Held verſcholl'ner Zeit,
; Den hoch die Sage preiſt,
Begruͤßt das Ganze Dich
Wenn Du jzu rathen weißt.